Anerkennungsgesetz: Fachkräfte aus dem Ausland rekrutieren

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Fünf Jahre nach Inkrafttreten des Anerkennungsgesetztes steht fest: Drei Viertel der jährlichen Neuanträge auf ein Anerkennungsverfahren betrafen einen Referenzberuf; auf den vorderen Rängen: Ärzte und Pflegekräfte.

Deutschland fehlt es an Ärzten, von den Pflegekräften ganz zu schweigen. Allein für das letzte Jahr meldete die Bundesarbeitsagentur knapp 2.000 offene Stellen für Ärzte. Die Zahl für offene Pflegestellen geht sogar in die Zehntausende. Wie kann man Abhilfe schaffen? Ein Weg ist, Fachkräfte aus dem Ausland nach Deutschland zu holen. Doch bevor diese hier arbeiten können, müssen zunächst deren Abschlüsse anerkannt werden – und hier setzt das Anerkennungsgesetz an.

Erste Bilanz zum Anerkennungsgesetz

Mit dem Anerkennungsgesetz hatte die Bundesregierung erstmals einen allgemeinen gesetzlichen Anspruch auf die Prüfung ausländischer Qualifikationen geschaffen – unabhängig vom Zuwanderungsstatus und der Staatsangehörigkeit des Antragstellers. Das Gesetz sollte die Integration in den Arbeitsmarkt erhöhen, qualifikationsadäquate Beschäftigung verbessern und die gesteuerte Zuwanderung stärken. Fünf Jahre nach dem Inkrafttreten des Anerkennungsgesetzes hat die Bundesregierung nun einem Bericht zum Gesetz vorgelegt und zieht eine positive Bilanz.

Der Bericht wurde von einer unabhängigen Stelle erstellt. Ein Ergebnis: Von 2012 bis 2015 wurden 63.400 Anträge auf Anerkennung bundesrechtlich geregelter Berufe gestellt. Von den Antragstellern haben mehr als drei Viertel einen Gesundheitsberuf erlernt. Die Mehrheit (56 Prozent) sind Frauen. Eine vollständige Ablehnung kommt nicht oft vor. Nur bei 2,6 Prozent der Antragsteller reicht die Berufsqualifikation für eine Anerkennung in Deutschland nicht aus.

Das BMBF zieht eine positive Bilanz

Im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ist man von dem Gesetz überzeugt: „Das BMBF zieht eine äußerst positive Bilanz. Die Ziele, die wir mit dem Anerkennungsgesetz formuliert haben, wurden erreicht.Die Ziele, die wir mit dem Anerkennungsgesetz formuliert haben – nämlich die Integration in den Arbeitsmarkt erhöhen, qualifikationsadäquate Beschäftigung verbessern und gesteuerte Zuwanderung stärken –, wurden erreicht. Das belegt die unabhängige Evaluation im Auftrag des BMBF, deren Ergebnisse jetzt vorliegen. So zeigt die Evaluation, dass die Berufsanerkennung positive Beschäftigungseffekte hat: Nach erfolgreicher Anerkennung sind neun von zehn Fachkräften erwerbstätig, damit steigt die Beschäftigungsquote um über 50 Prozent. Und das Bruttoeinkommen wächst durchschnittlich bei allen Berufen um 1.000 Euro pro Monat, was einem Anstieg von 40 Prozent entspricht.“

Das Anerkennungsgesetz leistet einen positiven Beitrag zur qualifizierten Zuwanderung

Aus dem BMBF heißt es weiterhin, man sei zufrieden, denn das Anerkennungsgesetz leiste einen positiven Beitrag zur qualifizierten Zuwanderung. „Die Evaluation zeigt, dass drei Viertel der Anträge auf Berufsanerkennung von Personen gestellt wurden, die vor dem Anerkennungsgesetz keinen Verfahrenszugang hatten oder die von verbesserten Verfahrensregelungen profitieren“, so Sartori. Knapp die Hälfte (46 %) der Anerkennungsverfahren der ersten vier Jahre (2012-2015; die statistischen Zahlen für 2016 kommen erst im Herbst 2017) hätte es ohne das Anerkennungsgesetz nicht geben können.

Gewinner des Anerkennungsgesetzes: Personen aus Drittstaaten – und ihre Arbeitgeber

Insgesamt profitieren vom Anerkennungsgesetz am meisten Drittstaatenangehörige mit dort erworbenen Qualifikationen sowie Personen mit einem „nicht reglementierten“ Ausbildungsberuf. Besonders Menschen mit Gesundheitsberufen könnten daraus einen Nutzen ziehen – „weil für diese Berufe, die in Deutschland und in vielen anderen Ländern reglementiert sind, die Anerkennung des Abschlusses zwingende Voraussetzung dafür ist, in diesem Beruf arbeiten zu dürfen. Am meisten profitiert vom Anerkennungsgesetz haben hier Personen aus Drittstaaten mit einer in einem Drittstaat erworbenen Ausbildung. Die Wirkungsanalyse ergibt mit Blick auf die reglementierten Berufe – und damit vor allem für die Gesundheitsberufe – einen überdurchschnittlichen Anstieg des Bruttoeinkommens nach der Berufsanerkennung von knapp 1.200 Euro pro Monat“, berichtet die Pressereferentin.

Von Vorteil für Betriebe ist eine Anerkennung vor allem in den Branchen mit Fachkräftemangel, also insbesondere im Gesundheitssektor.

Die Fallstudien der Evaluation zeige auch aus Perspektive der Unternehmen einen deutlichen betrieblichen Mehrwert der Nutzung des Instruments der Berufsanerkennung. Sartori erklärt: „Von Vorteil für Betriebe ist eine Anerkennung vor allem in den Branchen mit Fachkräftemangel, also insbesondere im Gesundheitssektor oder der Elektrobranche. Viele Betriebe nutzen die Möglichkeiten des Anerkennungsgesetzes auch, um ihren Fachkräftebedarf durch Rekrutierung aus dem Ausland zu decken. Etwa drei Viertel der jährlichen Neuanträge auf ein Anerkennungsverfahren betrafen einen reglementierten Referenzberuf. Von 2012 bis 2015 waren dies für den Arztberuf (im Rahmen des Approbationsverfahrens) knapp 22.800 Anträge und bei Gesundheits- und Krankenpflegerinnen bzw. -pflegern 16.000 Anträge.“

Die meisten Antragsteller sind Ärzte

Der Bericht zeigt auch, dass aus dem Arztberuf mit 22.797 Anträgen die größte Gruppe unter allen Antragstellern kommt. An zweiter und dritter Stelle liegen die Krankenpfleger mit 16.008 und 2.235 Anträgen. Platz fünf haben sich die Zahnärzte mit 1.425 Anerkennungsanträgen gesichert. In der Analyse zeigte sich, dass die Anerkennung für mehrere der interviewten Ärztinnen und Ärzte insbesondere mehr berufliche Freiheiten mit sich brachte und die Abhängigkeit vom aktuellen Arbeitgeber minderte. Neben den Zugangsmöglichkeiten zur Weiterbildung zur Fachärztin oder Facharzt war für einige von ihnen auch die mit der Approbation eröffnete Option zur Niederlassung wichtig.

Vielfach wurde in den Interviews zudem der Zugewinn von Planungssicherheit (Beschäftigungssicherheit, private Lebensplanung, sicherer Aufenthaltsstatus) hervorgehoben und positiv bewertet, den die Anerkennung mittelbar für die befragten Personen einbrachte.

Beim Vergleich der Herkunftsländer gab es in 2016 die stärksten Zuwächse mit 746 Ärzten aus Syrien, Rumänien (223) und Serbien (218). Die meisten ausländischen Ärzte stammen nach Angaben der Statistik der Bundesärztekammer derzeit aus Rumänien (4285), aus Griechenland (3118) und Syrien (2895).

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