Initiative Pflegeberufe Oberhausen: Wider den Fachkräftemangel

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Der Fachkräftemangel in der Pflege führt zu neuen Wegen bei der Personalbeschaffung. Oberhausen geht hier voran: Wir sprachen mit Nese Özcelik vom Büro für Chancengleichheit über ihre Initiative für Pflegeberufe.

Deutschland befindet sich im Pflegenotstand: Der demografische Wandel führt zu immer mehr pflegebedürftigen Menschen – gleichzeitig fehlen ausgebildete Fachkräfte, um dem adäquat zu begegnen. Das Problem ist nicht neu, und bei dessen Bewältigung sind neue Ansätze gefragt. Das Beispiel der Initiative Pflegeberufe Oberhausen zeigt, welche Ansätze Sie verfolgen können, um Personal für den Pflegebereich zu gewinnen.

Pflegeberufe in der Klinik

„Ich bin im Büro für Chancengleichheit im Handlungsfeld Leben im Alter tätig“, erklärt Dipl.-Ing. Nese Özcelik vom Büro für Chancengleichheit/Leben im Alter bei der Stadt Oberhausen. „Da habe ich viel mit Einrichtungen der stationären und ambulanten Pflege und Krankenhäusern zu tun. Im Austausch mit diesen Einrichtungen wurde der Mangel an Pflegefachkräften sehr deutlich.“ Özcelik wollte etwas dagegen tun und rief 2011 einen „Aktionsplan Pflegeberufe für Oberhausen“ ins Leben, der nach drei Jahren in die Initiative Pflegeberufe Oberhausen (IPO) umbenannt wurde. Zusammen mit dem Evangelischen Krankenhaus, dem Katholischen Klinikum Oberhausen und dem Evangelischen Klinikum Niederrhein zieht man hier an einem Strang, bündelt Ressourcen und führt gemeinsame Aktionen und Veranstaltungen durch. Die Krankenhausabteilungen, die für die Ausbildung und Praktikumsvergabe zuständig sind, arbeiten in der IPO intensiv zusammen. Außerdem bringen sich die Häuser bei der Organisation von Berufsfelderkundungen und Veranstaltungen mit Personal und Know How ein.

Qualifiziertes Personal ist schwer zu finden

Für die Krankenhäuser gestaltet sich die Personalbeschaffung oft schwierig. Eines der größten Probleme: Die fehlende Qualifikation der Bewerber. „Da der Beruf sehr anspruchsvoll ist, können in den meisten Fällen Hauptschulabsolventen nicht immer genommen werden – so die Meldungen der Altenpflegeschulen. Zudem spielt das Alter eine Rolle. Mit 16 Jahren sind die meisten Schüler mental oft noch nicht in der Lage, die Ausbildung zu machen. Daher wird in diesen Fällen auch empfohlen, ein Soziales Jahr zu machen, um sicherzugehen, dass der Pflegeberuf die richtige Wahl ist“, sagt Özcelik.

Da der Beruf sehr anspruchsvoll ist, können in den meisten Fällen Hauptschulabsolventen nicht genommen werden

Um dennoch geeignetes Personal anzuwerben zu können, führt die IPO jährlich einen Berufserkundungstag zu Pflegeberufen durch. Diesen besuchen im Durchschnitt um die 200 Schüler aus Haupt- und Realschulen sowie Gymnasien. Als weiteres Angebot organisiert die Initiative gemeinsam mit der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter eine Messe, an der verschiedene ambulante und stationäre Pflegeanbieter sowie Pflegeschulen teilnehmen. Damit sollen Personen, die arbeitslos oder arbeitssuchend sind, angesprochen werden. Mit der Teilnahme an der jährlichen Seniorenmesse werden auch immer wieder Interessierte für den Beruf gewonnen. Die Bemühungen der Initiative zeigt erste Erfolge: Seit 2012 ist die Zahl der Auszubildenden um 25 Prozent gestiegen.

Mehrsprachigkeit ist gefragt

Die Anforderungen an Fachkräfte in der Pflege sind vielfältig. Hinzu kommt, dass sich die Zusammensetzung der Bevölkerung geändert hat und es in den kommenden Jahren immer mehr Patienten mit Migrationshintergrund geben wird. Das hat zur Folge, dass der Bedarf an mehrsprachigem Personal steigt und auch künftig weiter steigen wird. Gerade beim Thema Demenz spielt die Mehrsprachigkeit eine wichtige Rolle, denn häufig sind Betroffene nur noch in der Lage, in ihrer Muttersprache zu kommunizieren. In den Personalabteilungen sollten Sie solche Entwicklungen im Blick haben und verstärkt auf die Anstellung mehrsprachiger Mitarbeiter achten.

Bewerben für Pflegeberufe

Auch in Oberhausen ist man sich dieses Umstands bewusst. „Am 28. Februar 2017 haben 25 Frauen und ein Mann mit Migrationshintergrund ihre Zertifikate als Demenzbegleiter erhalten“, berichtet Özcelik. Zuvor hatten diese eine 40-stündige Schulung absolviert. Ziel ist, die Demenzbegleiter mit syrischem, marokkanischem, russischem, türkischem, persischem und afghanischem Migrationshintergrund in Krankenhäusern oder anderen Pflegeeinrichtungen einzusetzen, um dort auch sprachliche Hilfe zu leisten. Um noch mehr Menschen mit Migrationshintergrund für die Pflegeberufe zu gewinnen, setzt die IPO desweiteren auf Informationsveranstaltungen in Moscheevereinen.

Die Arbeit von IPO basiert auf ehrenamtlichem Engagement der beteiligten Mitglieder. Würden solche Initiativen auch finanziell unterstützt, könnte die Arbeit vielleicht noch intensiver laufen

Von der Politik wünscht sich Özcelik bessere Rahmenbedingungen und Finanzierungsmöglichkeiten. „Die Arbeit von IPO basiert auf ehrenamtlichem Engagement der beteiligten Mitglieder. Würden solche Initiativen auch finanziell unterstützt, könnte die Arbeit vielleicht noch intensiver laufen“, so die Diplom-Ingenieurin. Könnte man Menschen mit Migrationshintergrund und auch Flüchtlingen den Zugang zu Schulungen oder Aus- und Fortbildungsmaßnahmen erleichtern, hätte das ebenfalls positive Auswirkungen. Und letztlich gilt es, die positive Wahrnehmung der Pflegeberufe in der Öffentlichkeit zu stärken. „Eine Unterstützung in Hinblick auf die Wertschätzung des Pflegeberufes durch Kampagnen wäre für die Gewinnung von Pflegepersonal hilfreich“, meint Öczelik. Mit solchen Maßnahmen wäre schon viel gewonnen, um dem Personalmangel in der Pflege entgegenzuwirken.

Bild vom Krankenhausflur: © sudok1/fotolia.com
Bild vom Bewerbungsgespräch: © iStock.com/vgajic
Titelbild: © iStock.com/BrilliantEye

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