MedTech: Was kommt nach dem „Milkman Model“?

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MedTech: Weg vom Milchmannmodell

Die Boston Consulting Group hat sich noch mal der MedTech-Branche angenommen und untersucht, wie sie zukunftsfähig gemacht werden kann. Lesen Sie hier die 6 Tipps, die Ihr Unternehmen nach vorne bringen.

Vor vier Jahren nahm die Boston Consulting Group (BCG) schon einmal die MedTech-Branche unter die Lupe und stellte fest, dass sie noch stark auf dem sogenannten Milkman Model fußte – als ob in einer Welt voller Megastores der Milchmann noch persönlich die Milch ausfährt. Die Boston Consulting Group ist weltweit eine der größten Unternehmens- und Strategieberatungen mit einem Schwerpunkt auf dem Gesundheitswesen.Für die Nachfolgestudie befragte BCG nun 6.000 Angestellte in relevanten Positionen, führte mehr als 100 Interviews mit Senior Managern und verglich Finanz- und Organisationsdaten von 100 internationalen MedTech-Unternehmen: „Moving beyond the milkman model in MedTech„.

Die Herausforderungen der MedTech-Branche

Die MedTech-Branche: innovationsmüde und teuer

Grundsätzlich konnte BCG keine Veränderungen der Geschäftsmodelle feststellen. Allerdings konnten die wenigen Unternehmen, die den Empfehlungen der ersten Studie gefolgt waren, ein dickes Plus verzeichnen: Sie erzielten Rendite, die zehn Prozent höher waren als die der Konkurrenz. Gleichzeitig drücken die Punkte, die BCG schon in der ersten Studie als Trends identifizierte – wie fallende Preise oder Veränderungen beim Einkauf – jetzt noch stärker auf die Marge. Die Käufer sind nun nicht mehr die Ärzte selbst, sondern Investitionskomitees an Kliniken, Kommunen und Privatkunden.

Des weiteren bescheinigt BCG der MedTech-Branche Innovationsmüdigkeit, während Billiganbieter den Markt angreifen und Käufer Beweise sehen wollen, dass ein Produkt tatsächlich dem Patienten hilft und Kosten spart: „Value-based Healthcare“ ist ein Schlagwort der Zukunft.  Dabei produziert MedTech deutlich teurer als der Rest der Technikbranche: In 2012 waren die Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten (VVG) im Vergleich noch 3,5mal höher, und daran hat sich nicht viel verändert – anders als die Verkaufspreise, die in den letzten vier Jahren gesunken sind. Trotzdem arbeiten nur wenige Unternehmen an einem schlankeren Geschäftsmodell.

Dabei sind die Zahlen eindeutig. Die Unternehmen, die sich mit ihrem Vertriebsmodell auf Klinikärzte konzentrierten, konnten nur 35 bis 50 Prozent der Einnahmen erzielen, die Unternehmen einstrichen, die sich an die administrativen Entscheider richteten.

Vertriebsmodelle der MedTech-Branche

Aus der Abbildung oben geht außerdem hervor, dass europäische Vertriebler im internationalen Vergleich nur im Mittelfeld liegen. Ähnlich sieht es beim Skalierungseffekt aus: Die meisten Unternehmen beschäftigen immer noch mehr Leute im Backoffice als an der Front. Was also tun?

Daran sollte MedTech arbeiten: 6 Schritte zum effizienteren Geschäftsmodell

Sechs Schritte in die Zukunft für MedTech-Unternehmen

BCG empfiehlt auch nach der zweiten Studie grundsätzlich diese sechs Schritte, um das MedTech-Geschäft zukunftsfähig zu machen:

  1. Passen Sie Vertriebsstrategie und Geschäftsmodell Ihren Kunden an
    Starten Sie mit einer eingehenden Untersuchung des Marktes und Ihrer Kunden und legen Sie Schwerpunktthemen fest. Indem Sie sich mehr auf die tatsächlichen Wünsche Ihrer Kunden konzentrieren und in ein agileres Modell investieren, können Sie auch die Kosten senken. Im Positivbeispiel der neuen Studie gruppierte ein Unternehmen seine Standardprodukte in einem neuen Geschäftsbereich mit schlankem Verkaufsteam, bot zusätzliche Services dazu an und konnte seine VVG-Kosten um 8 Prozent reduzieren.
  2. Erfinden Sie Ihren Klinikvertrieb neu
    Dasselbe Unternehmen fokussierte auf institutionelle Abnehmer statt auf Ärzte und setzte den Schwerpunkt im Vertrieb selbst auf die Großkunden, während kleinere Kunden nicht mehr unbedingt persönlich beraten werden.
  3. Schließen Sie Kooperationen mit Großkunden
    Hören Sie genau hin. Was wünschen sich Ihre besten Kunden? Im BCG-Beispiel konnte das Unternehmen den Reha-Prozess eines Kunden verbessern und gleichzeitig die Kosten senken – und anhand dieses Prozesses wurde das Key Account Management neu aufgebaut.
  4. Investieren Sie in Ihre Marketingkompetenz
    Der Kunde muss den Wert Ihrer Produkte kennen. Ihr Marketingteam muss der Orchestrator Ihres Vertriebs sein und dem Kunden den ganzheitlichen Patientenpfad anhand Ihrer Produkte vermitteln können.
  5. Überarbeiten Sie Ihr Preismodell
    Vergessen Sie Vergünstigungen und Rabatte und investieren Sie in eine bessere Darstellung der Qualität Ihrer Produkte. Dann sind Dumpingpreise nicht mehr nötig.
  6. Bieten Sie echten Service
    Sie müssen sich von Ihren Mitbewerbern unterscheiden. Werden Sie zu dem Anbieter, mit dem Ihre Kunden am liebsten zusammenarbeiten, indem Sie etwa Ihren Kundendienst verbessern.
Bilder im Beitrag: © The Boston Consulting Group
Titelbild: © iStock.com/smartin69

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