Gesundheit to go: Studie zu Mobile Health

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Mobile Health: die Studie von Bitkom und Deloitte

Mobile Health ist in Deutschland ein Millionengeschäft geworden. Akteure aus verschiedenen Branchen positionieren sich mit verschiedenen Applikationen am Markt. Um die Bedürfnisse der Zielgruppe genauer definieren zu können, haben Deloitte und Bitkom 2.000 Konsumenten von Mobile Health in Deutschland befragt.

Definition Mobile Health: Während E-Health ein Oberbegriff für digitale Gesundheitsdienste ist, bezeichnet Mobile Health (M-Health) die Nutzung von digitalen Anwendungen mit mobilen Endgeräten. Die Voraussetzungen für Mobile Health sind in Deutschland inzwischen da. Obwohl sich einige Mythen über Mobile-Health-Anwendungen hartnäckig halten, besaßen 79 Prozent der Befragten ein Smartphone. Dabei war die Gruppe der über 65-Jährigen mit 60 Prozent nicht unterrepräsentiert. An zweiter Stelle steht die Nutzung eines Tablets; altersübergreifend gaben 44 Prozent der Befragten an, ein Tablet in Gebrauch zu haben. Wesentlich seltener werden Fitness-Armbänder, Pulsuhren und Smartwatches verwendet. Die zahlenmäßig größte Fitnesstracker-Nutzergruppe sind die 25- bis 34-Jährigen – hier gaben 15 Prozent an, sie zu verwenden.

Auch nach der Nutzung von M-Health-Applikationen wurden die Teilnehmer der Studie gefragt. Altersübergreifend gaben 39 Prozent an, Fitness-Apps auf dem Smartphone täglich zu nutzen. Die Quote bei den Fitnesstrackern war noch höher. 48 Prozent der Besitzer gaben an, Fitnessarmbänder täglich zu verwenden, und sogar 93 Prozent der Smartphone-Besitzer sagten, dass sie auf ihren Uhren Fitness- und Gesundheitsanwendungen abrufen.

3 Nutzertypen von Mobile Health: sportlich Aktive, chronisch Kranke, Übergewichtige

Die meisten M-Health-Anwendungen sind für ein breites Publikum ausgelegt, zielgruppenspezifische Applikationen sind selten. Deshalb gibt es in diesem Bereich, so die Studienautoren, noch ein Wachstumspotenzial. Um Beispiele für zielgruppengerechte Anwendungen geben zu können, wurden drei zahlenmäßig relevante Nutzertypen identifiziert: sportlich Aktive, chronisch Kranke und Übergewichtige.

  1. Sportlich Aktive bilden mit 50 Millionen Personen die größte der drei Nutzergruppen. Sie treiben im Durchschnitt mindestens einmal pro Woche Sport. Um die eigene Leistung zu messen, verwenden sie vor allem Fitness-Apps und Fitnessbänder von Herstellern wie Fitbit, Garmin, Runtastic oder Polar. Die anfallenden Daten bleiben dabei fast ausschließlich bei den Nutzern, also den Aktiven selbst. Und das, obwohl diese Nutzergruppe gegenüber der Datenweitergabe aufgeschlossen ist. 57 Prozent der sportlich Aktiven würden für M-Health-Angebote ihre Daten herausgeben. Damit ist bei dieser Gruppe die Bereitschaft zur Datenweitergabe höher als bei der Nutzergruppe der chronisch Kranken (50 Prozent) und der Übergewichtigen (56 Prozent).
  2. Mobile Health bei Diabetes: BlueStar von WellDoc
    Das Logbuch der BlueStar-Anwendung

    Die 20 Millionen chronisch Kranken sind die zweite Hauptzielgruppe für M-Health-Anwendungen. Jede Person, die an Diabetes, an einer Herzinsuffizienz oder an einer anderen chronischen Erkrankung leidet, wurde dieser Gruppe zugeordnet. So bietet beispielsweise Roche für Diabetiker ein intelligentes Monitoring-System, das Hard- und Computersoftware mit M-Health-Apps verknüpft. Beim „FreeStyle Libre“ von Abbott wird sogar ein Glukose-Messsensor ins Unterhautfettgewebe eingesetzt, der mit dem Smartphone gescannt werden kann. Aber auch bei dieser Nutzergruppe gilt: Die Daten sind geschützt und bleiben bei den Nutzern. Anders ist es in den USA: Mit der Diabetes-App „BlueStar“ können Diabetes-Typ-2-Patienten nicht nur ihren Blutzuckerspiegel messen; über einen Insulinrechner wird auch eine Insulinempfehlung abgegeben und damit ärztlicher Rat erteilt.

  3. Als dritte große Nutzergruppe haben die Studienautoren die Übergewichtigen ausgemacht (40 Millionen Personen). Jene Personen, die sich selbst als übergewichtig bezeichnen, sind dieser Gruppe zugehörig. Übergewichtige nutzen vor allem Wellbeing-Apps im Bereich Ernährung, Fitness und Monitoring. Die Personen dieser Nutzergruppe werden von den Krankenkassen aktiv ermutigt, Fitnesstracker zu verwenden. So übernimmt zum Beispiel die Barmer Kosten für einen Fitnesstracker unter der Voraussetzung, dass der Versicherte sich an 20 von 42 Tagen mindestens 30 Minuten bewegt. Auf privater Seite stellen Anbieter wie „Weight Watchers“ Apps zur Verfügung, mit denen man den Kalorienverbrauch tracken kann oder den eigenen Ernährungsplan managt.

Digital Partners: Apple und Aetna

Profitabel werden in Zukunft nur jene Mobile-Health-Applikationen sein, die komplexe und zielgruppenspezifische Anwendungen entwickeln, so die Studienautoren. Um dies zu erreichen ist Digital Partnering, also die Zusammenarbeit von mindestens zwei nationalen oder globalen Playern, gefordert.

Ein Beispiel, wie Digital Partnering funktionieren kann, findet sich in den USA: Hier sind Apple und der Versicherungskonzern Aetna eine strategische Partnerschaft eingegangen. Versicherte erhalten einen speziellen Tarif, wenn sie ihre Gesundheitsdaten dem Apple-Konzern zur Verfügung stellen. So profitiert Apple von dem Geräteverkauf und dem Zugang zu anonymisierten Daten, während Aetna die Kunden besser steuern kann und die Gesundheitsausgaben reduziert.

Es geht beim Digital Partnering also darum, durch strategische Partnerschaften fehlende Kompetenzen für M-Health-Anwendungen „dazuzukaufen“.

Differenzierung, Deregulierung und Digital Partnering

Den Studienautoren zufolge ebnen damit drei Faktoren die Zukunft für M-Health-Anwendungen:

  • Differenzierung, weil es noch Wachstumspotenzial bei zielgruppenspezifischen Anwendungen gibt.
  • Deregulierung, weil regulatorische Einschränkungen Innovationen behindern.
  • Digital Partnering, weil verschiedene Akteure unterschiedliche Kompetenzen für ein Angebot mitbringen und es damit umfassend und attraktiv machen.
iPhone-Screenshot: © WellDoc
Titelbild: © iStock.com/Prykhodov

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