Asklepios-Umfrage: Das wünschen sich deutsche Klinikärzte

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Die Asklepios Kliniken haben Ärzte gefragt, welche Kriterien einen Arbeitgeber attraktiv machen. Das haben sie geantwortet.

Was ist deutschen Klinikärzten und -ärztinnen am wichtigsten? Im Interview spricht Prof. Dr. Christoph U. Herborn, Medizinischer Direktor der Asklepios Kliniken, über die im August und September 2016 in Kooperation mit DocCheck durchgeführte Befragung.

Health Relations: Herr Prof. Dr. Herborn, der größte Wunsch der Klinikärzte ist, etwas überraschend, eine angemessene Entlohnung. 98 Prozent der befragten Ärzte wünschten sich ein höheres Gehalt. Wie hoch sollte eine attraktive Entlohnung für einen Assistenzarzt sein?

Der Gehalt entspricht nicht jenen Kategorien, in denen unsere Kapitäne der Lufthansa arbeiten, aber im Vergleich zu Anfängern anderer Berufsgruppen ist die Vergütung sehr gut.

Prof. Herborn: Dieser Wunsch hat mich auch überrascht! Eine konkrete Zahl kann ich Ihnen nicht nennen. Aber die Gehälter der Kollegen unterliegen dem Tarifvertrag des Marburger Bundes, der fast alljährlich angepasst wird. Der Gehalt entspricht nicht jenen Kategorien, in denen die Kapitäne der Lufthansa arbeiten, aber im Vergleich zu Anfängern anderer Berufsgruppen ist die Vergütung sehr gut. Generell kann man wohl sagen, dass jeder von uns immer sehr gerne ein bisschen mehr verdient, aber am Ende spielen doch andere Faktoren in Zusammenhang mit der Stelle eine Rolle. Auch wenn man mehr bezahlen würde, bekäme man bei der nächsten Umfrage wohl wieder dieselbe Antwort.

Health Relations: Als Privatklinik hat man einen höheren Spielraum, was die Gehaltsverhandlung angeht. Kann man medizinisches Personal auch mit einer besseren Vergütung locken?

Prof. Herborn: Das kann man machen, wobei wir zum Teil auch in Tarifgemeinschaften mit lokalen Marktbegleitern sind, weil wir die Assistenzärzte eben nicht über solche Maßnahmen abwerben wollen. In Hamburg ist es egal, ob sie im Marienkrankenhaus, am Universitätsklinikum oder bei Asklepios arbeiten, es gibt überall dieselben Verträge.

Health Relations: Die für den Krankenhausbetrieb sehr wichtige Führungsriege der Chef- und Oberärzte legt laut der Erhebung auf eine fundierte, wissenschaftliche Ausbildung beim Nachwuchs wert. Was kann man unter „fundiert“ verstehen?

Ein Chefarzt kann keinem Kollegen vertrauen, der eine paarmedizinische Einstellung mitbringt.

Prof. Herborn: Um das Ganze ein bisschen zu verdeutlichen: bei denjenigen, die eine Stelle als Assistenzart suchen, haben weniger als ein Viertel ein Interesse an wissenschaftlichem Arbeiten. Hier ist primär die klinische Ausbildung wichtig. Was unter „fundiert“ zu verstehen ist, geht in die Richtung evidenzbasiert und leitliniengetreu. Ich glaube, wir haben in den letzten zwanzig Jahren eine Entwicklung dahingehend gesehen, dass zum einen die Qualität im Mediziner-Alltag eine große Rolle spielt, im Sinne von Prozessorientierung, im Sinne von Ergebnisorientierung und im Sinne der Bereitschaft, mit Fehlern offener umzugehen. Zum anderen wünschen sich Klinikärzte in leitender Funktion aber auch, dass medizinisches Personal evidenzbasiert arbeitet, also anhand von randomisierten Studien Leitlinien übernimmt, die im Krankenhausalltag Anwendung finden. Ein Chefarzt kann keinem Kollegen vertrauen, der eine paramedizinische Einstellung mitbringt. Er bevorzugt einen Kollegen, deren medizinische Einschätzung einer leitliniengerechten Therapie entspricht, die in Studien ihre Fähigkeit zur Therapieäquivalenz bzw. -überlegenheit gegenüber etablierten Verfahren unter Beweis gestellt hat.

Selbständigkeit wird besser bewertet als Kliniktätigkeit

Health Relations: Die Umfrage hat gezeigt, dass nur ein Viertel der befragten Klinikärzte (25 Prozent), die Arbeit in einer Klinik für das attraktivste Umfeld für junge Ärzte halten. Die Selbstständigkeit oder das Angestelltenverhältnis in einer Praxis oder einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) wird besser bewertet. Dennoch ist die Zufriedenheit mit privaten Kliniken doppelt so hoch wie mit öffentlichen. Was wird hier anders gemacht?

Prof. Herborn: Meines Erachtens hängt das damit zusammen, dass es privaten Arbeitgebern möglich ist, im Sinne von Arbeitsplatzgestaltung, Vereinbarkeit von Beruf und Familie und der Bezahlung von Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen Pakete zu schnüren, die sich nicht nur am Monatsnetto orientieren. Dadurch entsteht ein Mehrwert für die Mitarbeiter, der mit einer größeren Arbeitsplatzzufriedenheit honoriert wird. Bei den kirchlichen Trägern ist die Arbeitsplatzzufriedenheit ähnlich hoch wie bei den privaten Kliniken, offenbar werden hier ähnliche Schwerpunkte gesetzt.

Health Relations: Können Sie einige Kriterien herausstellen? Was wird ganz konkret anders gemacht?

Wir bieten auch Programm an, wo es um die Vorbereitung auf Führungsaufgaben geht.Prof. Herborn: Es ist ein offenes Geheimnis, dass wir immer mehr Frauen in der Medizin haben. Da versuchen wir natürlich, mit geeigneten Arbeitszeitmaßnahmen junge Mütter so einzusetzen, dass sie in Teilzeit arbeiten können. Dann haben wir bei den Privaten etablierte und zum Teil überregionale, konzerninterne Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Wir achten darauf, dass Pflichtveranstaltungen im Rahmen der Facharztausbildung umgesetzt werden. Wir bieten ausserdem Programme an, bei denen es um die Vorbereitung auf Führungsaufgaben geht. Hier entwickelt man sich nicht medizinisch weiter, sondern arbeitet an Soft Skills und Führungsstärke. Diese Dinge sind vielleicht im öffentlichen Raum bis dato noch nicht angekommen.

Health Relations: Eine Mehrheit der befragten Ärzte wünscht sich zudem eine bessere finanzielle Ausstattung von Kliniken. Welche Bereiche in den Kliniken sollten besser ausgestattet werden?

Wir haben nun mal im deutschen Gesundheitssysstem einen Investitionsstau.

Prof. Herborn: Da ist es relativ klar, dass es um die Infrastruktur geht, also um die Maßnahmen, die von den Ländern finanziert werden. Wir haben nun mal im deutschen Gesundheitssystem einen Investitionsstau. Im ländlichen und städtischen Bereich sind öffentliche Krankenhäuser zum Teil noch immer mit Vierbettzimmern und Sanitäranlagen auf dem Flur ausgestattet. Nicht nur da besteht ein großer Nachholbedarf, was die Investitionen angeht.

Junge beklagen sich über Bürokratie

Health Relations: Eine Entlastung von bürokratischen Aufgaben wünschen sich Stations- und Assistenzärzte häufiger als Oberärzte und Chefärzte. Welche bürokratischen Aufgaben müsste man abbauen, um als Klinikum für junge Ärzte attraktiver zu werden?

Prof. Herborn: Vor allem die jungen Kollegen beklagen sich über administrative Aufgaben, weil sie im Studium und in der Ausbildung zu wenig darauf vorbereitet wurden, dass Administration zu jedem Beruf dazugehört. Ich glaube die Frustration über die Bürokratie hängt damit zusammen, dass den jungen Leuten nicht bewusst ist, dass alles, was im Krankenhaus und im Praxisalltag an Leistungen erbracht wird, am Ende des Tages dokumentiert werden muss, um sich juristisch und ökonomisch abzusichern.

Ich glaube mit der zunehmenden Digitalisierung wird der Arbeitsalltag, was die Bürokratie und den administrativen Aufwand betrifft, besser werden.

Wir von Asklepios werden viele dieser bürokratischen Aufgaben in Zukunft reduzieren, indem wir eine digitale Patientenakte einführen. Das hat den großen Vorteil, dass viele Dinge, die zum Teil mehrfach dokumentiert werden müssen, an zentraler Stelle gespeichert werden.

© Torben Röhricht http://www.tr-hochzeitsfotografie.de
Prof. Dr. med. Christoph U. Herborn, MBA     © Torben Röhricht
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Prof. Dr. Christoph U. Herborn ist seit 2015 Medizinischer Direktor der Asklepios Kliniken GmbH. Zuvor war er für GE Healthcare tätig, wo er als Direktor den Bereich MR Future Concepts international betreute. Er verantwortet in seiner Funktion als Direktor bei Asklepios das Strategische Qualitätsmanagement.

Beitragsbild: © istock.com/michaeljung

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