Das Who’s Who der Healthcare-Branche: Dr. med. Johannes Jacubeit

1517
Dr. Johannes Jacubeit, Gründer und CEO von connected‑health.eu GmbH

Die Macher und ihre Ideen: In unserer Serie „Das Who’s Who der Healthcare-Branche“ stellen wir Ihnen die Menschen vor, die das System bewegen.

Lernen Sie die relevanten und spannenden Köpfe in der Healthcare-Branche kennen – in unserer „Who’s Who“-Serie. In dieser Folge: Dr. med. Johannes Jacubeit, Gründer von connected-health.eu GmbH, die die App „LifeTime“ auf den Markt bringt.


Name:           Dr. med. Johannes Jacubeit
Alter:             35 (*18. Juni 1982)
Position:       Geschäftsführender Gesellschafter

Health Relations: Was sind die wesentlichen Stationen in Ihrer Karriere?

Dr. Johannes Jacubeit: Ich komme aus einer Ärztefamilie und habe nach dem Abitur ebenfalls Medizin studiert. Im Fachgebiet Elektrophysiologie habe ich mit magna cum laude promoviert und anschließend eine Facharztausbildung für Orthopädie und Unfallchirurgie begonnen. Zunächst war ich als orthopädischer Chirurg in einer orthopädischen Klinik tätig und wechselte anschließend als Leiter der Beratungsabteilung in eine Privatklinik. Dort beschäftigte ich mich viel mit IT-Themen. Schon während des Medizinstudiums habe ich mich viel damit auseinandergesetzt. Nach meiner Station bei der Privatklinik folgte eine Weltreise.

Danach habe ich Ende 2014 gemeinsam mit dem IT-Allrounder Matthias Lau die connected-health.eu GmbH in Hamburg gegründet. Im Sommer 2016 haben wir die Lösung „LifeTime“ auf den Markt gebracht, die den sicheren und papierlosen Austausch medizinischer Dokumente zwischen Ärzten und Patienten ermöglicht. Seit der Gründung des Unternehmens habe ich mehrere Millionen Euro Venture Capital einsammeln können. Zu den Kapitalgebern gehören neben der Stadt Hamburg und dem High-Tech-Gründerfonds auch der SAP-Gründer Hasso Plattner, der mit seiner Beteiligungsgesellschaft in unser Unternehmen investiert hat.

Health Relations: Was war Ihre größte berufliche Herausforderung?

Dr. Johannes Jacubeit: Während meiner Tätigkeit als Arzt war ich mit einer großen Diskrepanz zwischen der Interaktionen mit Technologie im medizinischen Alltag und meiner privaten Erfahrung als Software-Entwickler konfrontiert. Als erste Generation der Digital Natives weiß ich, wie einfach Prozesse dank einem effizienten Einsatz von Technologie funktionieren können. Im medizinischen Alltag findet das allerdings nicht statt, sondern es wird hauptsächlich mit Papier gearbeitet. Ich selbst bin bestrebt, solche Prozesse zu verbessern. Meine Vorschläge passten zu diesem Zeitpunkt nicht in das Schema eines Arztes in Weiterbildung und wurden daher selten angenommen. Dabei sind administrative Arbeiten häufig ein lästiger Mehraufwand für Ärzte; ihre Kernkompetenz ist die Patienten-Interaktion.

Nicht meckern – selber machen!

Health Relations: Was haben Sie aus dieser Erfahrung gelernt?

Dr. Johannes Jacubeit: Ich habe gelernt, gute Ideen selber umzusetzen. Nicht meckern – selber machen! Ich habe ein Unternehmen aufgebaut, in dem tolle Menschen arbeiten, die ein gutes Miteinander pflegen. Jegliche Verbesserungsvorschläge sind bei uns jederzeit willkommen. Auch habe ich gelernt, meiner Intuition zu folgen und auf mein Bauchgefühl zu hören – auch, wenn mir damals viele davon abrieten, meinen Facharzt abzubrechen.

Health Relations: Die Healthcare-Branche in Deutschland im internationalen Wettbewerb – was ist Top, was Flop?

Dr. Johannes Jacubeit: Deutschland verfügt aus Patientensicht über eines der besten Gesundheitssysteme weltweit und kann auf einen hohen technologischen Standard in der Diagnostik zurückgreifen. Die Gesetzgebung hierzulande regelt das Thema Datenhoheit im Sinne des Patienten, was enorm wichtig ist. Auch hat Deutschland den Bedarf an Digitalisierung in der Medizin erkannt. Weniger begrüßenswert ist die Umsetzung dieses Vorhabens. Das jahrelange Warten auf eine voranschreitende Digitalisierung in der Medizin hat die Innovationskraft des Marktes gehemmt. Im internationalen Vergleich sind die Investitionsbudgets für IT- und Technologievorhaben zu gering. Und auch beim Thema Datenhoheit wird das, was in der Theorie gut funktioniert, praktisch nicht ausreichend umgesetzt. Das zeigt sich zum Beispiel daran, auf welche Anwendungen der eGK ein Versicherter alleine zugreifen können soll – also unabhängig vom Arzt. Zahlreiche wichtige medizinische Dokumente sind für ihn ohne Unterstützung des Arztes nämlich nicht einsehbar.

Health Relations: Was ist in Ihren Augen die größte Herausforderung für ihre Branche im Zuge des digitalen Wandels?

Dr. Johannes Jacubeit: Es gibt eine große Diskrepanz zwischen den Vordenkern der digitalen Transformation und der tatsächlichen Umsetzung. Deshalb sollte die Branche dringend über die Vergütungsstrukturen digitaler Innovationen sprechen. Hinzu kommt, dass Deutschland aus meiner Sicht auch in Zukunft nicht das eine digitale System mit einer zentral gelagerten Patientenakte implementieren wird.

Dies führt zu einer neuen entscheidenden Herausforderung: In der Regel kümmert sich ein Mediziner um mehrere Patienten mit jeweils unterschiedlichen digitalen Ökosystemen. Diese wiederum lassen sich von unterschiedlichen Ärzten behandeln, die ebenfalls jeweils andere digitale Lösungen verwenden. Beide stehen sozusagen vor einer Multi-Ökosystem-Herausforderung.

Health Relations: Ihre Empfehlung: Mit welchen Maßnahmen kann sich der Markt für die Zukunft rüsten?

Dr. Johannes Jacubeit: Gesetze entstehen oft fernab der Anwendungsrealität. Aktuell gibt es hierzulande noch große Potenziale bei der Anwenderfreundlichkeit der digitalen Infrastruktur in der Medizin. Die Multi-Ökosystem-Herausforderung lässt sich nur bewältigen, wenn wir die digitale Signatur von einem physischen Medium lösen. Das heißt zum Beispiel, dass sich ein Patient auch ohne eine Versichertenkarte beim Arztbesuch authentifizieren kann. Dafür müsste man nicht einmal etwas Neues erfinden, sondern lediglich einen einfacheren Authorisierungsprozess implementieren. Der Heilberufler und der Patient können sich beispielsweise über das Smartphone verifizieren und über eine gesicherte Verbindung medizinische Befunde oder digitale Rezepte direkt austauschen. Karten sind zwar gute Backups für Gesundheitsdaten, sie ermöglichen jedoch kein einfaches digitales Nutzererleben.

Zudem müssen wir über Rahmenbedingungen diskutieren: Wir müssen festlegen, wie künftig der Wandel des Verantwortungsgefüges vollzogen wird. Mediziner haben bisher die alleinige Verantwortung für Diagnostik und Therapie, künftig werden auch andere Berufsgruppen, z.B. Software-Entwickler, involviert sein. Wir brauchen eine gesellschaftliche Debatte, wie damit umzugehen ist.

Ein Distributed Ledger (wörtlich: „verteiltes Kontobuch“) ist ein öffentliches, dezentral geführtes Kontobuch. Er ist die technologische Grundlage virtueller Währungen und dient dazu, im digitalen Zahlungs- und Geschäftsverkehr Transaktionen von Nutzer zu Nutzer aufzuzeichnen. Blockchain ist der Distributed Ledger, der der virtuellen Währung Bitcoins zugrunde liegt.
– Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
Health Relations: Was steht ganz oben auf Ihrem beruflichen Wunschzettel?

Dr. Johannes Jacubeit: Mein Ziel ist es, in Zukunft die vielversprechenden global transformierenden Technologien wie Distributed Ledger (Blockchain) auch für Patienten und Ärzte anwenderfreundlich zu implementieren. Ich möchte wertstiftende Arbeit leisten und mit einem tollen, motivierten Team die digitale Transformation der Medizin mitgestalten.

Health Relations: Was hält Sie persönlich gesund?

Dr. Johannes Jacubeit: Sport, Musik, gutes Essen und viel Zuversicht sowie Vertrauen in die Zukunft.

Beitragsbild: © connected-health.eu

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein