TV-Spots für OTC-Marken: Immer noch relevant?

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Der Markt für OTC-Präparate ist umkämpft, nicht nur in den Apothekenregalen, sondern auch auf dem TV-Bildschirm. Vanessa Schneider, Executive Client Service Director sowie Geschäftsleiterin bei PINK CARROTS, und Isabel Klempa, Senior Copywriter, über TV-Spots, die einen Unterschied für OTC-Brands machen können.
Darum geht es in diesem Beitrag
Klassische TV-Spots für OTC-Produkte nach dem Schema „Problem – Wirkung – Lösung“ erfüllen zwar ihre Funktion, wirken jedoch oft austauschbar. Vanessa Schneider und Isabel Klempa von PINK CARROTS erläutern, wie Marken mit kreativeren Konzepten aus der Masse herausstechen können: Emotionales Storytelling, überraschende Stilmittel und ein klarer Produktnutzen schaffen Differenzierung und Markenbindung. Entscheidend sind ein tiefes Zielgruppenverständnis, crossmediale Kampagnen und der Mut, gewohnte Routinen zu durchbrechen. KI kann Prozesse von Analyse bis Postproduktion beschleunigen, ersetzt aber nicht die menschliche Kreativität. Die These: Wer TV-Spots neu denkt, stärkt nicht nur kurzfristig den Abverkauf, sondern baut langfristig eine starke Markenidentität auf.
Ein bewährtes „Rezept“? Klassische TV-Werbung hat in der Healthcare-Kommunikation immer noch einen hohen Stellenwert. Sie bietet eine gute Möglichkeit, gesundheitsaffine Zielgruppen zu erreichen und Kaufentscheidungen zu beeinflussen. Die Herausforderung: Besonders auf den öffentlich-rechtlichen Sendern reihen sich in einem typischen Werbeblock Gesundheitsmarken dicht an dicht aneinander. Wie kann es trotzdem gelingen, im Sekundenformat aufzufallen und darüber hinaus die Kundschaft nachhaltig an eine Marke zu binden?
Viele OTC-Spots folgen einer fast schon ritualisierten Dramaturgie: Einstieg über ein typisches Symptom, danach eine Darstellung der Wirkung des Produkts, gerne als 3D-Animation. Am Ende ein Packshot als Lösung gefolgt vom Pflichthinweis. Diese Struktur ist funktional und erfüllt die regulatorischen Anforderungen, wirkt aber oft austauschbar. Warum also nicht öfter den gewohnten Aufbau hinterfragen und alternative Strategien anwenden? Dabei gibt es natürlich nicht die eine Lösung, die für alle Produkte und Indikationen funktioniert. Vielmehr kommt es darauf an, ein passendes Erfolgsrezept für die eigene Marke zu finden.
Drei Impulse für OTC-Spots jenseits der Norm
- Emotionales Storytelling statt „Problem – Wirkung – Lösung“:
Eine Handlung mit klarem roten Faden kombiniert mit realistischen Szenen aus dem Leben der Zielgruppe erzeugen Nähe und machen es leichter, sich mit einer Marke zu identifizieren. - Ungewöhnliche Stilmittel statt üblicher Standards:
Humoristische Elemente, eine markante Bildsprache oder einprägsame Musik fallen auf, schaffen eine Differenzierung und bleiben im Kopf. - Echter Produktnutzen statt klassischer Wirkdemo:
Es muss nicht immer die grafische Darstellung der Wirkweise sein. Vielleicht lassen sich die Vorteile eines Produkts auch einmal anders inszenieren?
Zielgruppen besser verstehen
Wer Erkältungspräparate kauft, ist eher im mittleren Alter und beruflich aktiv. Produkte gegen Gelenkbeschwerden sprechen häufiger ältere Menschen an. So weit, so gut. Aber reichen solche grundlegende Überlegungen, um die Käuferschaft wirklich präzise anzusprechen? Ein tieferes Verständnis der Zielgruppe kann den entscheidenden Unterschied zwischen einem generischen Spot und einer starken Story machen, von der man sich wirklich abgeholt fühlt. Was bewegt die Menschen in ihrem Alltag? Welche Rolle spielen dabei die Beschwerden? Und was macht die zu bewerbende Marke in diesem Kontext einzigartig?
Neben einer gründlichen Analyse vor der Entwicklung des eigentlichen Spots kann auch eine Marktforschung auf Basis von Storyboards oder Animatics dabei helfen, Ideen zu validieren und sich abzusichern, bevor hohe Budgets in Umsetzung und Ausstrahlung fließen.
Über TV hinausgedacht
TV-Spots sind in der OTC-Kommunikation zwar ein zentrales Element, aber sie funktionieren erst dann richtig gut, wenn sie in einen Gesamtkontext eingebettet sind und die Zielgruppe die Kampagne auch an anderen Touchpoints wiederfindet. Zum Beispiel in Online-Medien, in Print-Anzeigen und natürlich auch in der Apotheke. Deshalb sollte man beim Entwickeln eines neuen Films von Anfang an berücksichtigen, dass sich die Idee auch in andere Kanäle übertragen lassen muss. Nur so schafft man einen starken Wiedererkennungswert für die Marke.
Markenbindung stärken, von anderen lernen
Während FMCG-Marken meist auf eine langfristige Bindung der Kundschaft setzen, schöpfen viele OTC-Brands dieses Potenzial noch nicht voll aus. Es braucht hier mutigere Kampagnenideen, die entlang des Marketing Funnels konsequent die rationalen und emotionalen Benefits eines Produkts herausstellen, von Awareness bis Advocacy. So kann es gelingen, nicht nur kurzfristige Kaufimpulse auszulösen, sondern langfristig eine starke Markenidentität aufzubauen, die man automatisch mit einem bestimmten gesundheitlichen Problem verknüpft.
Und was ist mit KI?
Der Enstehungsprozess von der Zielgruppenanalyse über Kreation und Storyboards bis hin zur finalen Umsetzung kann bei klassischen TV-Spots langwierig sein. Künstliche Intelligenz ermöglicht es an verschiedenen Stellen, Abläufe zu beschleunigen und zu optimieren.
- In der Datenanalyse unterstützt KI dabei, Zielgruppen präziser zu definieren und Konsumverhalten zu prognostizieren.
- In der Kreation entstehen mithilfe von KI-gestützten Tools Storyboards, Animatics oder Textvorschläge.
- In der Postproduktion lassen sich Versionen für verschiedene Längen, Märkte oder Sprachen automatisiert ableiten.
Generell gilt: KI ist auch bei der Entwicklung von TV-Spots kein Allheilmittel. Die verschiedenen Tools eignen sich vor allem als Effizienztreiber und Werkzeug, nicht als Ersatz für die menschliche Fähigkeit, Geschichten zu erzählen.
Fazit
TV-Spots bleiben ein zentraler Hebel im OTC-Marketing, besonders dann, wenn sie nicht nur informieren, sondern differenzieren und Wiedererkennbarkeit schaffen. Wer die eigene Zielgruppe genau versteht, eine rationale und emotionale Markenbindung aufbaut und neue Technologien sinnvoll einsetzt, verschafft sich im dichten Werbeblock einen Vorsprung.
Deshalb lohnt es sich, den klassischen OTC-Spot anders zu denken: weniger austauschbare Routinen, mehr kreative Ansätze. Wer den Mut hat, neue Wege zu gehen, verankert seine Marke nachhaltig im Kopf der Zielgruppe.