Immer mehr Medfluencer und Medfluencerinnen erobern das Netz. Welchen Beitrag können sie für mehr gesundheitliche Aufklärung leisten? Wo liegen Chancen für Life-Science-Unternehmen, mit ihnen zu kooperieren, wo die Risiken? Constanze Dewald von Schmittgall HEALTH berichtet über die Familienmedizinerin und Medfluencerin Dr. Celine Schlager alias „Dr. med. Celine“.

Dr. med. Celine Schlager
Dr. med. Celine Schlager
©Lea Ottburg

Social Media als Fulltime-Job

Dr. Celine Schlager sieht sich nicht als Influencerin: „Ich wollte nie Influencerin werden. Ich möchte mit meinem Engagement auf Social Media vor allem Eltern mehr Sicherheit geben und Ängste nehmen. Das ist meine Mission.“ Seit rund sieben Jahren klärt die 31-Jährige unter dem Namen „Dr. med. Celine“ Eltern in den sozialen Netzwerken zu relevanten Themen der Kindergesundheit auf – von der Impfung über die gesunde Ernährung bis zu wichtigen Erste-Hilfe-Maßnahmen. Über 68.000 Menschen folgen ihr auf Instagram. Ein Fulltime-Job. Mittlerweile hat sie auch ihren eigenen Podcast und ein Buch zum Thema Kindergesundheit veröffentlicht. Parallel zu ihrer Praxistätigkeit bietet sie Online- und Privat-Sprechstunden an und ist für Vorträge und Workshops von Pharmaunternehmen unterwegs.

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Mit ihrem Engagement schließt sie eine echte Lücke in der Gesundheitsversorgung – die fehlende Zeit für die sprechende Medizin. „Es ist ein schmaler Grat, auf dem man sich als Ärztin bewegt. Dieser Verantwortung muss man sich immer bewusst sein. Als Ärztin darf ich auf Social Media keine medizinische Beratung geben, sondern nur allgemeingültige Empfehlungen liefern. Bei konkreten Krankheitsfällen braucht es immer die Untersuchung“, betont Schlager.

Die Familienmedizinerin ist selbst junge Mutter eines zweijährigen Sohnes und kennt die Sorgen und Nöte der Eltern genau. „Wir haben aktuell einen großen Mangel an Kinderärztinnen und -ärzten und auf der anderen Seite eine Flut an Informationen, die zu einer zunehmenden Verunsicherung der Eltern führt“, erklärt die Medfluencerin. Deshalb könne eine hochwertige Aufklärung auch das Gesundheitswesen entlasten. „Entweder die Familien sind gar nicht aufgeklärt und vernachlässigen die Gesundheit ihrer Kinder oder sie sind durch zu viele und falsche Informationen völlig verunsichert“, fasst Schlager das Problem zusammen.

Deutschland ist Schlusslicht bei Gesundheitskompetenz

Studien des internationalen Health Literacy-Surveys zeigen, dass Deutschland in puncto Gesundheitskompetenz in Europa Schlusslicht ist, was zu immensen Kosten im Gesundheitssystem führt. Das Management Center Innsbruck (MCI) hat mit der Universität Wien 2024 eine Studie bei österreichischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu Gesundheits-Influencern durchgeführt. Demnach sind Medfluencerinnen und Medfluencer für junge Menschen eine zunehmend wichtige Quelle für Gesundheitsinformationen. Trotz des hohen Werbeanteils bewerteten die jungen Menschen über 90 Prozent der Beiträge aber als gesundheitsfördernd oder neutral.

„Die Zusammenarbeit zwischen Life-Science-Unternehmen und Medfluencerinnen und Medfluencern ist eine große Chance, gemeinsam hochwertigen Gesundheits-Content zu verbreiten und darüber Vertrauen zu Patientinnen und Patienten sowie Ärztinnen und Ärzten aufzubauen.“

Es gibt zu viele Influencer, die über keinerlei gesundheitliche Expertise verfügen. Es ist wichtig, dass qualitativ hochwertiger Gesundheits-Content für die Nutzenden erkennbar ist – beispielsweise durch ein zertifiziertes Label. Nur so können Fehlinformationen oder Fake-News identifiziert werden. Denn Informationen gibt es genug. Die Frage ist, wie valide Informationen gefunden werden können. Die Zusammenarbeit zwischen Life-Science-Unternehmen und Medfluencerinnen und Medfluencern ist eine große Chance, gemeinsam hochwertigen Gesundheits-Content zu verbreiten und darüber Vertrauen zu Patientinnen und Patienten sowie Ärztinnen und Ärzten aufzubauen. Auch für chronisch Erkrankte oder Menschen mit seltenen Erkrankungen kann ein spezielles Angebot großen und exklusiven Mehrwert bieten.

Bundesärztekammer unterstützt Medfluencer mit Handreichung

Aber können Ärztinnen und Ärzte im Netz auch für mehr Gesundheitskompetenz sorgen? Die Bundesärztekammer (BÄK) sieht einen grundsätzlichen Nutzen für die Aufklärung, wenn ausgebildete Ärztinnen und Ärzte als Medfluencer soziale Medien nutzen, um Gesundheitsinformationen an ein Publikum zu bringen, das auf anderen Wegen nicht so leicht zu erreichen ist und damit auch fehlerhaften und potenziell gefährlichen Inhalten anderer Plattformen fundiertes ärztliches Wissen entgegensetzen. Die BÄK weist aber darauf hin, dass die Präsentation medizinischer Inhalte in sozialen Medien immer an die Berufsordnung und das Heilmittelwerbegesetz gebunden ist. Deshalb hat sie eine Handreichung für Ärztinnen und Ärzte entwickelt. Darin weist sie auch darauf hin, dass „der Austausch über soziale Medien das Arzt-Patient-Verhältnis auch ungünstig beeinflussen und mit datenschutzrechtlichen Problemen und weiteren juristischen
Fragestellungen einhergehen kann.“

Fazit: Kooperation mit Medfluencern: Worauf achten?

Für Life-Science-Unternehmen bietet die Zusammenarbeit mit Medfluencerinnen und Medfluencern die Chance, durch qualitativ hochwertige Aufklärung Vertrauen bei Patientinnen, Patienten und Ärzteschaft aufzubauen. Agenturen geben MedCreatoren die Möglichkeit, zeitgleich zu ihrer Profession als Arzt oder Ärztin sich in den sozialen Medien auf das Wesentliche konzentrieren zu können – die Aufklärung der Patientinnen und Patienten.

  • Medfluencer gewinnen für gesundheitliche Aufklärung immer mehr an Bedeutung und können die Gesundheitskompetenz erhöhen.
  • Inhalte müssen rechtssicher und medizinisch fundiert sein, um Fehlinformationen und Risiken zu vermeiden.
  • Es sollten Qualitätsstandards eingeführt werden, um Seriosität und Verlässlichkeit der Informationen sicherzustellen.