Kurz vor einer Markteinführung laufen Medical Affairs auf Hochtouren und geraten dabei oft an ihre Grenzen. Wie lassen sich in dieser kritischen Phase Prozesse strukturieren, Inhalte vorbereiten und Netzwerke aktivieren? Nike Dunkel-Klauck, Head of Medical Affairs bei Medperion Communication, teilt fünf konkrete Ansätze aus der Praxis.

Handlungssicherheit im Prelaunch: Wie Medical Affairs unter Druck stabil bleibt

Neue Indikationen und kürzere Time-to-Market-Zyklen fordern Medical Affairs immer stärker heraus. Studien priorisieren, Narrative entwickeln, Stakeholder einbinden – und das oft unter erheblichem Zeitdruck. Fehlen klare Strukturen, Prozesse oder Zuständigkeiten, droht Desorganisation statt Effizienz.

Doch mit einem strukturierten Prelaunch-Ansatz lässt sich Stabilität schaffen – vergleichbar mit einer medizinischen Rettungskette, die im Ernstfall Orientierung gibt.

1. Den Kaltstart vermeiden: Umfeld verstehen, Beziehungen aufbauen

Vor der inhaltlichen Arbeit steht die Frage: Wo steht das Produkt– wissenschaftlich, kommunikativ, strategisch? Eine strukturierte Umfeldanalyse liefert hier die Grundlage, inklusive Literatur- und Studienmonitoring, Kongressbeobachtung sowie dem gezielten Aufbau eines relevanten Netzwerks.

Besonders hilfreich: systematische Netzwerkanalysen, die frühzeitig relevante Meinungsführer identifizieren – auch abseits klassischer Kanäle. CME-Angebote, Podcasts oder soziale Medien bieten neue Möglichkeiten, Zielgruppen wissenschaftlich zu erreichen.

2. Struktur schaffen: Narrative und Prozesse etablieren

Sind Umfeld und Bedarf klar, braucht es ein stabiles inhaltliches Rückgrat. Das Scientific Narrative verbindet Datenlage, Medical Need und strategische Zielsetzung. Es dient als zentrale Referenz für alle weiteren Kommunikationsmaßnahmen – von Advisory Boards bis eLearning.

Ebenso wichtig: abgestimmte Freigabeprozesse und ein zentrales Projektmanagement, das Schnittstellen koordiniert, Fortschritte dokumentiert und KPIs im Blick behält. Gerade bei knappen internen Ressourcen kann externe Unterstützung bei Claim-Formulierungen oder Reviewprozessen sinnvoll sein.

3. Inhalte mit Relevanz: Formate gezielt entwickeln

Relevanz entsteht nicht nur durch Inhalte, sondern durch die richtige Aufbereitung. Slide Decks, Poster oder CMEs sind oft nur der Anfang – ergänzt durch Videos, Podcasts oder animierte Tools. Entscheidend ist die Passung zur Zielgruppe: fachlich fundiert, zugleich verständlich und zugänglich.

Auch die frühe Einbindung von Medienarbeit (z. B. Infografiken oder Fachinterviews) kann helfen, den Medical Need zu positionieren – noch bevor das Marketing aktiv wird.

4. Austausch ermöglichen: Veranstaltungen als Prüfstein

Advisory Boards, Symposien oder virtuelle Fortbildungen schaffen wichtige Schnittstellen zwischen Produkt, Zielgruppe und Kommunikation. Sie dienen der inhaltlichen Validierung und der Netzwerkpflege – und entlasten Teams, wenn Konzeption, Moderation oder Dokumentation professionell unterstützt werden.

5. Verfügbarkeit sicherstellen: Responsivität ist Pflicht

In sensiblen Phasen erwarten Ärztinnen und Ärzte sowie Patientinnen und Patienten schnelle, kompetente Antworten. Ob bei Rückfragen zu Nebenwirkungen oder medizinischen Einschätzungen – die nötige Infrastruktur (z. B. Hotlines, Chatbots oder KI-gestützte Tools) sollte rechtzeitig etabliert sein.

Fazit: Stabilität durch Struktur

Ein erfolgreicher Prelaunch ist kein Sprint. Was zählt, sind:

  • eine gründliche Analyse des Umfelds,
  • ein solides inhaltliches Fundament und
  • eine konsistente, zielgruppengerechte Kommunikation.

Wer frühzeitig Strukturen etabliert, kann nicht nur im Notfall souverän reagieren, sondern die Phase vor der Markteinführung gezielt zur Positionierung nutzen.