Diese sozialen Netzwerke sind für Kliniken ein Muss. Ein Interview.

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Kliniken sind in den Sozialen Medien noch nicht präsent genug. Oliver Löw, Inhaber der Agentur DOCRELATIONS, sagt, welche Netzwerke Potenzial haben.

Health Relations:  Warum sind bislang nur wenige Kliniken in Sozialen Medien aktiv?

Löw: Der Grundton in sozialen Medien ist eher locker und auch oberflächlicher. Die Kommunikation von Krankenhäusern ist dagegen jedoch klassisch, anspruchsvoll und konservativ. Insofern ist es schon eine nicht zu unterschätzende Aufgabe, diese Themen für Soziale Medien so aufzubereiten, dass diese von der Klinikleitung freigegeben werden und bei den Nutzern ankommen.

Bei all der berechtigten Zurückhaltung sollte man sich jedoch immer vergegenwärtigen, dass man bereits längst in Sozialen Medien vertreten ist. Auch das Kosten- und Nutzenverhältnis wird sicher von manchen Kliniken kritisch betrachtet, schließlich stellen Soziale Medien einen weiteren Kanal dar, der von Patienten für Anfragen genutzt wird und konsequent gepflegt werden muss.

Bei all der berechtigten Zurückhaltung sollte man sich jedoch immer vergegenwärtigen, dass man bereits längst in Sozialen Medien vertreten ist, sei es durch Bewertungsportale, Patientenforen oder auch die Google-Bewertungsfunktion. Die Frage ist nur, ob man dies aktiv annimmt und mitgestaltet, oder ob man passiv verfolgt oder ignoriert, welches Online-Image sich durch Patientenkommentare bildet.

Health Relations: Ist Social Media für große und kleine Kliniken sinnvoll?

Löw: Unserer Erfahrung nach nutzen sie Social Media unterschiedlich. Krankenhäuser der Regel- und Maximalversorgung nutzen soziale Medien in erster Linie zur Kommunikation von PR und Corporate Themen sowie für das Recruiting. Klassische Werbung, zum Beispiel die Bewerbung bestimmter Leistungen, ist eher die Ausnahme. Bei kleineren Privatkliniken, z.B. für Ästhetische und Plastische Chirurgie oder Augenlasern, steht dagegen meist eher die klassische Bewerbung konkreter Leistungen im Vordergrund. Mögliche Ziele sind Patientengewinnung, zum Beispiel für einen ganz bestimmten Fachbereich, der für die Wirtschaftlichkeit einer Klinik besonders wichtig ist, allgemeine Öffentlichkeitsarbeit, um ein bestimmtes Image der Klinik zu pflegen oder zu fördern, Personalgewinnung oder eine Mischung aus diesen Zielen.

Health Relations: Welche sozialen Netzwerke sind für Kliniken ein Muss?

Löw: Das hängt natürlich davon ab, welches Ziel damit erreicht werden soll. Geht es zum Beispiel rein um das Recruitment, sind Karrierenetzwerke wie XING oder LinkedIn die Sozialen Medien der Wahl, wobei man hier natürlich vorwiegend Akademiker finden wird.

„Auch Twitter ist interessant, zum Beispiel als Nachrichtenkanal.“Geht es um PR, Corporate Themen oder klassische Werbung, kommt man an Facebook und YouTube nicht vorbei, da diese Netzwerke die größten Nutzerzahlen vorweisen können. Insbesondere Facebook bietet mit Facebook Ads, also bezahlten Postings oder Werbeeinblendungen, sehr interessante Möglichkeiten zur exakten Zielgruppenansprache, die sich übrigens auch sehr gut für die Personalgewinnung eignen. Auch Twitter ist interessant, zum Beispiel als Nachrichtenkanal.

Health Relations: Wo sehen Sie noch Potenzial?

Löw: Potenzial sehe ich insbesondere bei Facebook. Es gibt aktuell nur wenige Kliniken bzw. Klinikketten, die überhaupt aktiv eine Fanpage betreiben. Positive Beispiele sind hier z.B. das Klinikum der Universität München (LMU), das Klinikum Essen Mitte oder die Sana Kliniken. Regelmäßig werden hier Themen speziell für Facebook aufbereitet und veröffentlicht. Auf mich als Patient macht dies einen positiven, offenen und sympathischen Eindruck. Viele andere Kliniken haben zwar eine Fanpage bewusst angelegt, pflegen diese aber nur eher „hobbymäßig“. Dort wechseln sich dann zum Beispiel lediglich Oster- und Weihnachtsgrüße ab.

Health Relations: Worüber sollten Kliniken in den Sozialen Medien berichten?

Löw: Das  Potenzial an Themen, die über soziale Medien transportiert werden können, ist bei Kliniken nahezu unerschöpflich. Die Inhalte leiten sich natürlich aus den Fachbereichen der Klinik bzw. der Frage ab, welche Fachbereiche damit promotet werden sollen.

„Das  Potenzial an Themen, die über soziale Medien transportiert werden können, ist bei Kliniken nahezu unerschöpflich.“Unabhängig davon bieten sich Themen wie Tipps für Patienten, Vorstellung des Leistungsspektrums, Vorstellung neuer moderner Gerätschaften, Anstrengungen zum Hygieneschutz, Personalien, wissenschaftliches Engagement, Marktführerschaft auf bestimmten Gebieten, Auszeichnungen, Einladungen zu Infoveranstaltungen bei allen Kliniken an.

Meiner Ansicht nach geht es zunächst aber nicht so sehr darum, welche Themen für Soziale Medien besonders gut geeignet sind. Viel wichtiger ist, dass man die Themen passend für das jeweilige Soziale Medium aufbereitet. Was zum Beispiel bei Facebook keinen großen Erfolg haben wird, ist das Einstellen von anspruchsvoll und trocken formulierten Pressemitteilungen, die will dort niemand lesen.

Health Relations: Was müssen Klinken bei Ansprache und Aufbereitung beachten?

Der Grundton ist in Sozialen Medien lockerer und viele Firmen sind hier mit den Kunden sogar per Du. Die Bereitschaft, anspruchsvolle und lange Texte zu konsumieren, ist kaum vorhanden. Selbstverständlich kann man auf komplexere Inhalte mit einem Link verweisen. Die in sozialen Medien veröffentlichten Postings sollten aber knapp und leichtverständlich formuliert sein. Am wichtigsten dabei ist jedoch, dass der Leser eine Information erhält, die wirklich hilfreich und interessant für ihn ist.

Allgemein ist es so, dass Bilder und Bewegtbilder in Sozialen Medien mittlerweile den Ton angeben. Mit einem reinen Textposting ohne ergänzendes Bild geht man z.B. bei Facebook schnell unter. Das heißt interessantes Bildmaterial, Infografiken oder Videoclips sind ein Muss, wenn man für Aufmerksamkeit sorgen will.

„Natürlich kann professionelle Kommunikation über soziale Medien nicht mal eben so nebenbei betrieben werden.“ Natürlich kann professionelle Kommunikation über soziale Medien nicht mal eben so nebenbei betrieben werden. Zwingend notwendig ist ein Social-Media-Manager bzw. ein Mitarbeiter in der Kommunikation, der sich schwerpunktmäßig damit befasst. Auch externe Agenturen können dabei helfen, allerdings sind diese zwingend auf regelmäßigen Input aus der Klinik angewiesen.

Health Relations: Sind  Facebook-Ads sinnvoll?

Facebook-Nutzer sind in der Regel mit sehr vielen Personen vernetzt haben und diverse Seiten geliked,, sodass Facebook sehr stark ausfiltern muss, welche Beiträge tatsächlich zu sehen sind. Aus diesem Grund kommt man an kostenpflichtigen Promotions kaum vorüber, wenn man eine größere Reichweite erzielen will. Facebook Ads sind unserer Erfahrung nach äußerst effektiv und können exakt  auf Zielgruppen zugeschnitten werden.

Health Relations: Gibt es auch Risiken, Stichwort Shitstorm?

Löw: Facebook bietet von Haus aus eine Bewertungsfunktion und die Möglichkeit, Rezensionen zu verfassen, das mag den einen oder anderen eventuell abschrecken. Zunächst ist es aber so, dass man diese Funktionen deaktivieren kann. Zum anderen gibt es auch ohne Facebook unzählige andere Kanäle, über die sich unzufriedene Patienten schon jetzt äußern können, zum Beispiel Internetforen oder auch die Bewertungsfunktion von Google. Während man hier eventuellen Schmähungen oder Unmutsbekundungen jedoch nur schwer entgegen treten kann, lässt sich über Facebook ein Dialog zu den Nutzern/Patienten herstellen und manches sicher aufklären oder relativieren. Insofern kann ein soziales Medium auch im Sinne der Qualitätssicherung sinnvoll sein, da man Stimmungen hier sehr gut mitbekommt.

oliver-loew-finalOliver Löw (Dipl. Informationswirt) ist seit 2007 als Kommunikator im Gesundheitsbereich tätig. Im Jahr 2012 gründete er in Meerbusch die Agentur DOCRELATIONS, die auf Marketing und PR im Gesundheitswesen spezialisiert ist.  2014 verlagerte er den Sitz der Agentur nach Düsseldorf, 2015 entstand ein weiterer Standort in Bayreuth. Zuvor verantwortete er das Marketing des Instituts für dentale Sedierung (heute Dr. Mathers Institutes) und war als PR-Berater in der Healthcare-PR-Agentur medical relations tätig. Den Einstieg in den Medizinbereich fand er durch ein PR-Volontariat bei der Bayer AG in Leverkusen.

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