Brustzentrum Essen: „Wir verfolgen eine besondere Philosophie“

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Das Brustzentrum der Kliniken Essen-Mitte ist eines der größten in Deutschland. Die Stimmung bei den Ärzten und den Pflegekräften ist trotzdem gut, auch weil sie durch nicht-medizinisches Personal entlastet werden.

Diagnose Brustkrebs, davor fürchten sich viele Frauen. Dabei ist die Überlebenswahrscheinlichkeit inzwischen sehr gut. Selbst bei denkbar schlechten Voraussetzungen, wie einem hohen Lymphknotenbefall und einer Hochrisikobiologie überleben 70 Prozent der Patientinnen, sagt Prof. Dr. med. Sherko Kümmel, Klinikdirektor des Essener Brustzentrums. Er arbeitet bereits seit acht Jahren als Klinikdirektor am Zentrum und hat die Bekämpfung von Brustkrebs zur eigenen Chefsache gemacht, denn sein Forschungsschwerpunkt ist das Mammakarzinom in allen Stadien der Erkrankung und unter allen Formen der operativen und systemischen Therapie.

Kreativer Name für ein medizinisches Symposium: „Master of Disaster“

Durch medienwirksame Aufklärungs-Kampagnen wie „Pink Ribbon Deutschland“ oder Outings wie das von Angelina Jolie, die sich beide Brüste aus Vorsorgegründen entfernen ließ, sind viele Frauen für das Thema „Brustkrebs“ sensiblisiert worden. Das ist gut für das medizinische Personal des Essener Brustzentrums, weil man sich so voll und ganz auf die Bekämpfung der Erkrankung konzentrieren kann. Viel Wert wird in Essen auf Kommunikation gelegt, um Erfahrungen, Kritik und Erfolge an Kollegen weiterzugeben. Um das Brustzentrum weiterzuentwickeln, treffen sich alle medizinischen Mitarbeiter, vom Physiotherapeuten bis zum Chefarzt, einmal im Monat und diskutieren über Probleme und ihre Lösungen. Hier gibt es unter anderem auch das Format „Lob und Tadel“, wo Patientenbewertungen vorgetragen werden. Danach wird gemeinsam beraten, wie man die geäußerte Kritik konstruktiv umsetzen kann.

Auf internationaler Ebene vernetzen sich die Mediziner des Brustzentrums einmal im Jahr im Rahmen des Symposiums „Master of Disaster“ mit Kollegen, um Erfahrungen auszutauschen. „Hier werden verschiedenste Formen von Komplikationen von Patienten an drei bis vier Tagen gemeinsam interdisziplinär vorgestellt und mit internationalen Teilnehmern und Meinungsbildnern auf diesem Gebiet diskutiert“, so Prof. Kümmel.

„Wir haben vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nur Tumorkonferenzen vorbereiten.“

Aber nicht nur der Austausch spielt im Essener Brustzentrum eine Rolle. Es geht auch um Entlastung: Ärzte und Pflegekräfte sollen sich auf ihre originären Aufgaben konzentrieren. Deshalb wurden Servicekräfte eingestellt, die fachfremde Tätigkeiten übernehmen. Die Schwestern teilen im Krankenhaus zum Beispiel kein Essen mehr aus, dies erledigen Servicekräfte. Auch für organisatorische Dinge wurden Mitarbeiter eingestellt: „Wir haben vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nur Tumorkonferenzen vorbereiten“, so Kümmel. In anderen Häusern müssten Ärzte diese Organisation neben ihren alltäglichen Aufgaben erledigen. Auch zu Fortbildungen wird ermutigt: Pflegekräfte, die sich zu Wundmanagerinnen fortgebildet haben, können jetzt Ärzte bei chirurgischen Eingriffen helfen und Beratungsgespräche mit Patientinnen führen. Profiteure sind hier letztlich alle: Die Pflegekräfte, weil sie sich wertgeschätzt fühlen, wenn sie ausbildungsrelevante Tätigkeiten ausführen. Die Ärzte, weil sie ihre Zeit nicht mit nicht-ärztlichen Aufgaben vergeuden müssen. Und die Patientinnen: Weil sie durch diesen ganzheitlichen Personalansatz eine kompetente Behandlung erfahren.

Bei so viel spezialisiertem Personal ist die Zufriedenheit der Patienten am Essener Brustzentrum hoch. 85 Prozent der Patientinnen und Patienten sind laut der größten Patientenbefragung Europas, die jedes Jahr von der AOK und der BARMER durchgeführt wird, und im Klinikportal „Weiße Liste“ veröffentlicht wird, zufrieden mit ihrer Behandlung in Essen. Die guten Patientenwerte und auch die Tatsache, dass es auf Stellenausschreibungen mehr Bewerber als zu besetzende Positionen gibt, zeigt: Die Maßnahmen am Essener Brustzentrum zur Entlastung der Ärzte gehen auf. 

Bevor Prof. Dr. med. Sherko Kümmel Direktor der Klinik für Senologie/Brustzentrum Kliniken Essen-Mitte wurde, arbeitete er als Oberarzt an der Universitätsfrauenklinik der Charité und der Universitätsfrauenklinik Essen. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Operative Gynäkologie und die Gynäkologische Onkologie, eine besondere Aufmerksamkeit widmet er der Behandlung des Mammakarzinoms.  

Beitragsbild: @Eventfotograf.in, Essen

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