Digital Leadership: Eher Wunsch als Wirklichkeit

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Digital Leadership
© stokkete / Adobe Stock
Die Healthcare Frauen e.V. stellen erste Ergebnisse ihres Digital Healthcare Index 2019 vor. Sie zeigen: Der Druck ist da, die Bedeutung und Chancen der Digitalisierung sind erkannt. Digital Leadership aber bleibt mehr Theorie als Praxis.

Auf Initiative des Healthcare Frauen e.V. wurden gemeinsam mit dem IFAK Institut für Markt- und Sozialforschung bundesweit weibliche und männliche Top Manager der ersten und zweiten Führungsebene aus der Healthcarebranche zu den Auswirkungen der Digitalisierung befragt. Im Fokus standen digitale Kompetenzen von Mitarbeitern und Führungskräften und die Veränderungen, die die Digitalisierung in  der Unternehmenskultur hervorruft. Stichwort Digital Leadership: Wie definiert sich moderne Führung, die Raum für Innovationen lässt? Welche Kompetenzen und Führungsstrategien sind in diesem Kontext wichtig?

Tatsächlich sind die ersten Ergebnisse dieser Online-Befragung ernüchternd: Digitalisierung wird als Chance und Herausforderung erkannt, Digital Leadership hingegen bleibt ein Konstrukt, das noch nicht in den Köpfen angekommen zu sein scheint. Die Diskrepanz zwischen Einschätzung und Beherrschung der Digitalisierung ist groß. Denn:

  • Mehr als die Hälfte der befragten Top-Manager der Ebene eins und zwei in Healthcare bewertet den digitalen Wandel als durchaus positiv, 22 Prozent von ihnen sogar als sehr positiv.
  • In Sachen Führungskompetenzen aber liegen klassische Normen immer noch vorne. Strategisches Denken, Entscheidungsstärke, Kundenorientierung oder kommunikative Fähigkeiten sind hier unter den Top 5 der für die Befragten wichtigsten Führungskompetenzen zu finden.
  • Neue, durch die Digitalisierung gefragte Kompetenzen wie Vernetzungsfähigkeit, Agilität oder disruptives Denken gehören zu den Low 5 der wichtigsten Kompetenzen.
Digital Leadership definiert sich auch über neue Führungskompetenzen. Kreatvität, Organsiationstalent, disruptives Denken und Kritikfähigkeit zählen zu ihnen. Deren Rolle wird im Kontext der Digitalisierung anscheinend nach wie vor unterschätzt, wie diese Umfrage zeigt. Die Kompetenzen finden sich alle in den Low 5. © HCF

Heißt, das Bewusstsein für Digital Leadership fehlt auf der ganzen Line?
Nein, denn:

  • einige der Low 5-Skills für Führungskräfte finden sich in  den Kompetenzen wieder, in denen sich die Leader laut Umfrage gerne weiterentwickeln würden.
  • Der Umgang mit den neuen Medien, IT- und Online-Know-how, Agilität oder disruptives Denken stehen auf der Liste der gewünschten Fortbildungen ganz oben.
  • Diese Themen sind präsent, ein Umdenken auf Führungsebene aber findet nur zaghaft statt, im Alltag sind diese Skills noch nicht angekommen oder werden nicht ausreichend gefördert.
Kompetenzbereiche zur Weiterentwicklung: Digital Leadership
Einige der Low-5-Kompetenzen tauchen bei den von den Befragten thematisierten Fortbildungswünschen wieder auf. Daraus können wir schließen: Ein Bewusstsein für die wichtige Rolle von Digital Leadership ist vorhanden. Es fehlt an der Umsetzung in den Unternehmen und an einer strategischen Neuausrichtung der Unternehmenskultur. © HCF

Digital Leadership als Voraussetzung für den digitalen Wandel

Die Ergebnisse der Befragung zeigen: Derzeit ist ein Kulturwandel im Führungsverständnis in der Healthcare-Branche eher Nebensache. Und das, obwohl ganze 66 Prozent der Befragten den Handlungsdruck durch die digitale Transformation als hoch bis sehr hoch empfinden. Das Zusammenspiel der Neuausrichtung der Unternehmensstrategie mit einer innovativen Unternehmenskultur als notwendiges Prinzip scheint sich noch nicht verfestigt zu haben. Emily Andreae, HCF-Projektleiterin für den Digitalen Healthcare Index, fasst es so zusammen: „Die Notwendigkeit, digitale Kompetenzen aufzubauen, ist auf den ersten und zweiten Führungsebenen der Gesundheitswirtschaft angekommen, aber die Frage nach dem ‚Wie‘ bereitet vielen Unternehmen Probleme.“

So geht es weiter mit dem Digital Health Index

Das Ziel der Erhebung ist es, nach Auswertung aller Ergebnisse aus der ersten Befragungsrunde drei Indizes zu definieren, mit deren Hilfe sich ein Relevanzranking geforderter Kompetenzen, digitaler Führungsreifegrad sowie der Digitalisierungsgrad des Unternehmens bestimmen lassen. Im September 2019, so die Planung der HCF, werden sie als Report erscheinen.

Die Befragungen für den Digitalen Healthcare Index werden jährlich bis einschließlich 2023 durchgeführt.

Autor Profilbild
Freelance Editor mit Schwerpunkt Text & Audio aus Hamburg. Für Health Relations schreibt sie regelmäßig über Trends in der Healthcare-Kommunikation und porträtiert Markenmacher:innen aus der Branche.

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