Recruiting in Kliniken: „Keine Kompromisse in Personalangelegenheiten“
In Zeiten von Fachkräftemangel sind Kliniken froh um jeden Bewerber. Sollte man ihm auch die Stelle geben, wenn das Bauchgefühl sagt, "der Kandidat passt nicht zu 100 Prozent"?
Flops bei der Personalgewinnung will jede Klinik vermeiden. Worauf man bereits bei den Bewerbungsunterlagen achten sollte und mit welchen Fragen man wirklich etwas über die Persönlichkeit des Bewerbers erfährt, sagt Personalberaterin Dorothea Rickert, Geschäftsführerin der HealthCare Personalmanagement GmbH, im Interview. Health Relations: Es ist schwer, für manche Positionen in Kliniken überhaupt einen passenden Arzt zu finden. Warum sollte man dennoch nicht den Erstbesten nehmen? Dorothea Rickert: Von Kompromissen in Personalangelegenheiten ist unserer Erfahrung nach dringend abzuraten. Meist sind die negativen Konsequenzen von Personalentscheidungen, die aus einer Notlage heraus getroffen wurden, gravierender als eine temporäre Nichtbesetzung der Position. Eine Fehlbesetzung kann die Motivation des gesamten Teams herabsetzen, funktionierende Abläufe empfindlich stören und die Arbeitsatmosphäre dauerhaft negativ beeinflussen. Health Relations: Worauf achten Sie bei den Bewerbungsunterlagen? Rickert: Auf die Vollständigkeit der Zeugnisdokumente, die Aktualität des CV sowie des Fotos und unabdingbar auf die Qualität der Zeugnisaussagen."Wir sind der festen Überzeugung, dass das Persönlichkeitsprofil eines Bewerbers mindestens die gleiche Wertigkeit hat wie seine fachliche Qualifikation."

Mühsam gefundene Ärzte sollen langfristig an das eigene Haus gebunden werden. © iStock Photos
"Suggestivfragen sind im Bewerbungsgespräch fehl am Platz."Health Relations: Im Gespräch: Mit welchen Fragetechniken erfährt man Aussagekräftiges von dem Kandidaten? Also Informationen, die man nicht auch im Lebenslauf lesen könnte?

Sich Zeit nehmen - rund 90 Minuten - zeigt die Wertschätzung gegenüber dem Bewerber.
"Körpersprache, Gesten, Mimik und Blickkontakt geben wichtige Informationen über die Persönlichkeit eines Bewerbers preis."Health Relations: Welche Aussagekraft haben Ihrer Erfahrung nach nonverbale Aussagen? Rickert: Körpersprache, Gesten, Mimik und Blickkontakt geben wichtige Informationen über die Persönlichkeit eines Bewerbers preis, ohne dass sich dieser dessen bewusst ist. Der Wahrheitsgehalt dieser meist unbewusst gesendeten Informationen ist entsprechend hoch. Kann ein Bewerber z.B. keinen Blickkontakt halten oder schaut häufig aus dem Fenster, lässt dies Rückschlüsse auf seine generelle Interaktion mit anderen Menschen zu und ist beispielsweise für eine Führungsposition negativ zu bewerten. Health Relations: Angenommen, der Bewerber wirkt im Vorstellungsgespräch überzeugend. Sollte man ihn das wissen lassen? Wie verbindlich sollte man auftreten? Rickert: Selbstverständlich. Eine gesunde Feedbackkultur und eine transparente Kommunikation zeichnen ein vertrauensvolles und professionelles Gespräch aus. Der Bewerber soll unbedingt auch von dem Gespräch profitieren dürfen. Ohne Verbindlichkeit entsteht kein Vertrauen.
