DiGA-Marketing: Hybridlösungen für vulnerable Zielgruppen bringen den Erfolg

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Dr. Alexander Schachinger, Geschäftsführer EPatient Analytics GmbH
Dr. Alexander Schachinger, Geschäftsführer EPatient Analytics GmbH © privat
Corona hat Gesundheitsanwendungen zu einem Aufschwung verholfen. Dabei gibt es Verlierer und Gewinner, hat die Studie „EPatient Survey“ herausgefunden. Pharmafirmen sollten daher  ihre Kommunikation auch auf vulnerable Zielgruppen ausrichten.

Die Pandemie verändert sowohl die Nutzung als auch die Marktstrukturen von Gesundheits-Apps.  Die Untersuchung, bei der 5100 Personen befragt wurden, zeigt deutlich, dass digitale Angebote nicht bei denen ankommen, die sie am meisten benötigen.  „Um vulnerable Gruppen mit Digital Health zu erreichen, braucht es spezielle, oftmals hybride Begleitmaßnahmen“, so Dr. Alexander Schachinger, Projektleiter des EPatient Survey der EPatient  AnalyticsGmbH.

Interesse an DiGA ist da

Corona hat viele Menschen dazu gebracht, sich mit mehr um Achtsamkeit zu bemühen. Die Befragten dementsprechend häufiger an, sich Meditations- und Achtsamkeits-Apps heruntergeladen zu haben. Auch digitale Sportangebote konnten ein Plus verzeichnen: Die Verbreitung von digitalen Gesundheitskursen wuchs von 14 auf 18 Prozent.

Um vulnerable Gruppen mit Digital Health zu erreichen, braucht es spezielle, oftmals hybride Begleitmaßnahmen“

Nicht zuletzt hat die Telemedizin durch die Krise einen Schub erfahren, doch für die Online-Terminbuchungen bei Ärzten gilt das nicht.  Diese verzeichneten während der Lockdowns einen deutlichen Rückgang. Dr. Alexander Schachinger: „Wir erklären uns das so: Viele Ärzte haben ihre Sprechzeiten reduziert oder sogar ganz ausgesetzt. Daher würde ich das als Übergangsphänomen bezeichnen.“

Ein ähnliches Phänomen macht der eHealth-Marktbeobachter für den Marktrückgang bei Medikamenten- und Diagnostik-Apps verantwortlich. Das sei insofern ungewöhnlich, als die Nutzung von eHealth-Apps in den letzten Jahren ein stetes Wachstum erfahren hatte. Dr. Alexander Schachingers Vermutung: „Die Menschen sind weniger zum Arzt gegangen und dieser sowie die Apotheke spielen eine sehr wichtige Rolle bei der Empfehlung von DiGA.“ 

Weiterhin sind Krankenkassen in Gesundheitsfragen mehr in den Fokus von Patienten in gerückt, wobei auch hier wieder eine Korrelation zur Nutzung von Online-Angeboten besteht, wie der eHEalth-Experte berichtet: „Wer eine Kassen-App nutzt, wird sich auch eher um einen Online-Termin beim Arzt bemühen.“

Apotheker könnten DiGA zu Patienten bringen

Verlierer der Krise sind bildungsferne Schichten und chronische Patienten, lautet eine wichtige Erkenntnis des Surveys.  Besser gestellte Bevölkerungsgruppen (vor allem junge, digital affine Akademiker) mit meist nur akuten Beschwerden verkraften die Einschnitte in Sachen Gesundheit besser, denn sie haben sich schneller auf telemedizinische Arztkontakte umgestellt. Damit geht jedoch die Schere zwischen diesen Patienten und solchen, die chronisch krank und/oder weniger digital affinen sind, weiter auseinander. Wie aber ist dieses Dilemma lösbar? Dr. Alexander Schachinger sieht eine Lösung in Hybridszenarien.  Darunter versteht er die Integration der Gesundheits-App am Point-Of-Care vor Ort.

So könnten der Erstkontakt durchaus weiter persönlich beim Arzt oder Apotheker stattfinden. Gerade bei den Apotheken sieht der eHealth-Marktbeobachter noch ein ungenutztes Potenzial, um einen niedrigschwelligen Zugang zu DiGA herzustellen.  Apotheker könnten beispielsweise Apps weiterempfehlen und in einem ersten Gespräch den Umgang damit erklären. Hierfür bräuchte es dann aber auch entsprechende Vergütungsmodelle.

„Wer eine Kassen- App nutzt, wird sich auch eher um einen Online-Termin beim Arzt bemühen“

Pharmafirmen rät Dr. Alexander Schachinger, ihre Zielgruppen genau zu analysieren und deren Bedürfnisse detailliert zu untersuchen. Ein Beispiel: Wer ausschließlich auf digitale Kanäle setzt, ignoriert die Tatsache, dass für ältere Menschen immer noch Printmedien bei der Information über Gesundheitsthemen immer noch eine sehr wichtige Rolle spielen. Es gilt also: die gesunde Mischung macht’s.

Derzeit seien die App-Verordnungen durch Ärzte noch im vierstelligen Bereich, so Dr. Alexander Schachinger. Viele Mediziner sind noch zu uninformiert über die DiGA und verordnen diese oft nur auf Wunsch der Patienten. Hinzu kommt, dass erst wenige Apps in das entsprechendes Verzeichnis des zuständigen Bundesamts für  Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) aufgenommen wurden. Für Pharmaunternehmen, die DiGA entwickeln und diese auch an die Patienten bringen wollen, heißt das,  verstärkt die Werbetrommel für ihre Anwendungen bei Ärzten, medizinischen Fachangestellten und auch Apothekern zu rühren. Auch der aktive Push über die direkte Ansprache von Patienten ist ein vielversprechendes Mittel, um die Bekanntheit der eigenen Anwendung zu erhöhen.

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