Disease Awareness-Kampagnen im Wandel: Von Promi-Testimonials bis Micro-Influencer

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Disease Awareness-Kampagnen haben sich verändert. Der Call to Action ist oft nicht mehr nur die Motivation, das Gespräch mit der Ärztin oder dem Arzt zu suchen, sondern der Austausch mit der Community. Claudia Wilke, Director Public Relations bei PINK CARROTS Communications, über ein Format im Wandel.
Wo vor über 20 Jahren prominente Testimonials Disease Awareness-Kampagnen ein Gesicht gegeben haben, spielen heute Micro-Influencer eine wichtige Rolle. Die Art und Weise, wie wir über Gesundheitsthemen kommunizieren, hat sich grundlegend verändert. Die Kampagnen haben sich an die neuen Mediengewohnheiten angepasst – und nutzen mittlerweile insbesondere Social Media.
Was sind Disease Awareness-Kampagnen?
Eine Disease Awareness-Kampagne verfolgt das Ziel, das Bewusstsein für bestimmte Erkrankungen und deren Symptome zu fördern. Ziel ist es, den Menschen wichtige Informationen an die Hand zu geben, die es ihnen ermöglichen, Krankheiten frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen. Solche Kampagnen können sowohl von pharmazeutischen Unternehmen als auch von Patientenorganisationen getragen werden.
Promi-Testimonials oder echte Betroffene – Klassiker
In den frühen 2000er Jahren wurden oft prominente Persönlichkeiten als Testimonials für Disease Awareness-Kampagnen gewonnen. In der Kategorie „Sex & Drugs“ gibt es gleich zwei herausragende Beispiele, in denen Prominente für die Aufklärung über Erektile Dysfunktion (ED) ins Rennen gingen. Hintergrund war die Markteinführung der ersten PDE-5-Hemmer zur Behandlung der ED.
- Im Rahmen der globalen „Victory“-Kampagne von Pfizer (2002) trat der berühmte Fußballer Pelé als Testimonial für die Enttabuisierung von ED auf. Die Kampagne rückte die sexuelle Gesundheit von Männern im höheren Lebensalter in den Fokus und vermittelte die Botschaft, dass auch reifere Männer ein aktives Sexualleben führen können. Der Call-to-Action des initialen TV-Spots: „Sprich mit deinem Arzt. Ich würde es auch tun.“
- Einen anderen Ansatz verfolgte die globale Kampagne „Sprechen wir darüber“ („Strike Up A Conversation“) von Bayer (2005). Hier trat Jerry Hall, Model, Schauspielerin und last, but not least, Ex-Gattin von Rolling Stones Legende Mick Jagger als prominente Botschafterin auf. Ihr Anliegen: „Erektile Dysfunktion ist nicht nur ein Thema für den Mann. Es geht auch seine Partnerin an.“
- Einen ganz anderen Weg ging das Unternehmen Lilly Deutschland. Die „Helden der Liebe“-Kampagne setzte auf „normale Paare“ als Testimonials. Die Fotografin Herlinde Koelbl inszenierte 2009 acht Liebespaare für die Aufklärungskampagne – (fast) hüllenlos. Paare, die den Weg zurück zum Liebesglück gefunden hatten. Neben der Enttabuisierung der ED wurde die Bedeutung körperlicher Liebe im Rahmen einer Partnerschaft hervorgehoben.
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Mehr InformationenDiese drei Kampagnen wurden stark über traditionelle Medien wie TV-Spots, Plakate, Flyer promoted – für die Young Talents unter den Leserinnen und Lesern: Facebook startete 2004, YouTube 2005 und Instagram 2010. PR spielte ebenfalls eine wichtige Rolle: Informationsveranstaltungen und Media Relations sorgten für Aufmerksamkeit in den Publikums- und auch Fachmedien.
Der Wandel: Micro-Influencer und Social Media
Mit dem Aufkommen von Social Media haben sich die Ansätze für Disease Awareness-Kampagnen grundlegend geändert. Heute sind es oft Micro-Influencer, die eine entscheidende Rolle spielen. Diese Influencer haben im Vergleich zu Prominenten eine kleinere, aber dafür sehr engagierte und authentische Anhängerschaft. Sie bringen ihre persönlichen Erfahrungen und Sichtweisen in ihre Inhalte ein, was das Vertrauen in die Botschaft verstärkt und eine direkte Verbindung zur Zielgruppe ermöglicht.
Großartige Beispiele finden sich in Indikationen wie Multiple Sklerose, Endometriose und Unerfüllter Kinderwunsch. Authentische Posts erreichen stetig wachsende Communities. Erlebnisse werden geteilt und gegenseitige Unterstützung ist an der Tagesordnung. Follower schätzen die Ehrlichkeit, mit der Influencer über ihre Krankheit/gesundheitlichen Probleme und die Herausforderungen im Alltag sprechen. Beiträge sind nicht nur informativ, sondern auch inspirierend für Menschen, die ähnliche Erfahrungen machen.
Influencer sind für ihre Communities oft authentischer und zugänglicher als Prominente, da sie ihre Geschichten aus dem Alltag teilen und somit eine stärkere emotionale Bindung schaffen. Social Media-Plattformen wie Instagram und YouTube bieten dafür die ideale Grundlage, da sie eine enge Interaktion mit den Followern ermöglichen.
Eine gute Disease Awareness-Kampagne: Was zeichnet sie aus?
Eine erfolgreiche Disease Awareness-Kampagne zeichnet sich durch mehrere Schlüsselelemente aus – HWG-Konformität, Nennung des Unternehmens und Kennzeichnung gesponserter Beiträge als solche wird vorausgesetzt.
- Authentizität und Glaubwürdigkeit: Eine Kampagne muss ehrlich und transparent sein. Besonders in einem Bereich wie der Gesundheitskommunikation ist es wichtig, dass die Informationen vertrauenswürdig und wissenschaftlich fundiert sind.
- Zielgruppenspezifische Ansprache: Eine gute Kampagne spricht ihre Zielgruppe auf eine Weise an, die ihre Bedürfnisse und Ängste berücksichtigt. Die Mischung aus sachlicher Information und emotionaler Ansprache punktet.
- Emotionaler Bezug: Kampagnen, die mit den Gefühlen der Zielgruppe in Einklang stehen, bleiben länger im Gedächtnis. Insbesondere bei Laien ist es entscheidend, eine emotionale Verbindung zu schaffen, die das Thema greifbar und verständlich macht.
- Nutzung zielgruppenspezifischer Kommunikationskanäle: Die richtigen (Social Media)-Kanäle für die Zielgruppe auszuwählen, ist entscheidend für den Kampagnenerfolg. Planung, Erfolgsmessung und -dokumentation werden schon in der Konzeptionsphase mitgedacht.
Vergleich: Früher versus Heute
Die Disease Awareness-Kampagnen von früher setzten oft auf den Einsatz prominenter Persönlichkeiten, die über traditionelle Kanäle wie Fernsehen und Printmedien ihre Botschaften verbreiteten. Heute, mit der Etablierung von Social Media, sind Micro-Influencer zu einer bedeutenden Stimme geworden, die authentischer und direkter mit ihrer Community kommunizieren. Kampagnen erreichen die Zielgruppe direkter und das Thema Gesundheit wird zunehmend durch echte, persönliche Geschichten nähergebracht. Was sich nicht verändert hat? Disease Awareness-Kampagnen waren und sind für Auftraggeber wie Agenturen ein Highlight, da alle Bereiche der Kommunikation interdisziplinär miteinander verzahnt agieren.