Personalmarketing-Funnel: Wie gut ist Ihre Candidate Journey?

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© anyaberkut / Adobe Stock
Wer seinen Recruiting-Erfolg auf ein wohliges Bauchgefühl und etwas guten Willen zurückführt, kann auf Dauer nicht glücklich werden. Dabei gibt es praktikable Ansätze, die Effizienz zu messen. Mit einem Personalmarketing-Funnel können Sie beispielsweise herausfinden, wo und wie Sie im Recruiting-Prozess gezielt optimieren können.

Nun mal „Butter bei die Fische“: Wie erfolgreich ist Ihr Recruiting? Verlassen Sie sich bitte nicht (nur) auf ein gutes Bauchgefühl oder Spekulationen, sondern schauen Sie genauer hin. Es gibt nämlich diverse Möglichkeiten und Methoden, den Erfolg Ihres Recruitings zu messen, zum Beispiel mittels Personalmarketing-Funnel.

Was bedeutet Recruiting-Erfolg?

Vorab sollten Sie sich ein paar Gedanken dazu machen, was erfolgreiches Recruiting für Sie bedeutet. Nicht unerheblich ist zudem, wie Kollegen oder die Geschäftsführung dies bewerten. Denn auch sie haben spezifische Erwartungen, an denen Ihre Arbeit bemessen wird.

Heißt Recruiting-Erfolg,

  • möglichst viele Bewerbungen zu erhalten?
  • möglichst passende Bewerbungen zu erhalten – also jene von gut qualifizierten Talenten, die mit dem Team harmonieren?
  • eine Position besetzt zu haben?
  • für eine Position ein Talent zu finden, das auch nach der Probezeit das Krankenhaus unterstützt?
  • eine Position mit einem Talent zu besetzen, das sich auch langfristig einbringen möchte?

Hier gilt es, einen Konsens zu finden sowie sinnvoll Ziele zu setzen. Und diese mittels Analysen zu überprüfen. Alle Touchpoints in der Candidate Journey tragen zum Erfolg oder Misserfolg bei. Das definierte Ziel ist demgemäß das Resultat vieler (kleiner) Schritte, die ideal miteinander verzahnt, zum positiven Ergebnis führen.

Was ist ein Personalmarketing-Funnel?

Die Grundidee ist aus dem Bereich Sales / Marketing entlehnt. Ein sogenannter Sales- oder Marketing-Funnel beschreibt verschiedene Phasen bzw. Stationen eines Verkaufsprozesses. Betrachtet also den Weg von potenziellen hin zu zahlenden Kunden – die sogenannte Customer Journey – mit dem Ziel, den Erfolg des Prozesses quantitativ und qualitativ zu bemessen.

Analog zur Customer Journey wird die Candidate Journey in diverse Stufen unterteilt. Um Entwicklungen zu beobachten und Conversions unter die Lupe zu nehmen. Visualisiert zeigt sich dann, wo es in der Journey reibungslos läuft und hohe Conversions erzielt werden. Aber auch, wo wenige oder gar keine Conversions realisiert werden können. Zum Beispiel als Indiz für eine unzureichende Zielgruppenansprache oder technische Schwachstellen.

Einen stereotypischen Personalmarketing- bzw. Recruiting-Funnel gibt es nicht, denn dieser bildet immer einen gewissen Ausschnitt ab und repräsentiert ein sehr unternehmensspezifisches Bild. Um dennoch eine Vorstellung zu bekommen, wie ein Funnel aussehen kann, dient ein recht klassisches Beispiel. Hier rückt die Karriereseite als zentrales Element der Candidate Journey in den Fokus.

Ein Personalmarketing-Funnel am Beispiel Karriereseite

Das gewählte Beispiel visualisiert, dass die Besucher den Einstieg über die Karriereseite wählen. Denkbar wäre natürlich auch, dass Besucher direkt tiefer in die Struktur eintauchen. Indem Sie den Stellenmarkt des Klinikums, beispielsweise aufgrund einer Verlinkung in einer Jobbörse, aufrufen. Schauen wir uns dies Schritt für Schritt an.

Personalmarketing-Funnel © westpress
Personalmarketing-Funnel © westpress

Phase 1: Einstieg Karriereseite

Talente werden in Jobbörsen, via Suchmaschine oder den Social-Media-Präsenzen auf Ihr Haus als Arbeitgeber aufmerksam und rufen Ihre Karriereseite auf. Damit ist ein erster wichtiger Schritt gemeistert: Sie haben die Talente abgeholt. Offen bleibt noch, wie erfolgreich es tatsächlich war. Waren es 30, 300 oder vielleicht 3.000 Interessenten?

Spekulationen und Bauchgefühle führen Sie im Endeffekt nicht weit. Dagegen wird Ihr Analysetool wie Google Analytics ganz konkret zeigen, wie viele Benutzer Ihre Karriereseite verzeichnet. Durch die richtige Implementierung eines Analysetools in Ihre Karriereseite und in Ihr Bewerbermanagementsystem haben Sie kontinuierlich einen Zugang zu den Zahlen, die Sie für die Auswertung benötigen.

Haben Sie Trackingcodes für die Werbemittel und -präsenzen verwendet, können Sie auch unmittelbar Rückschlüsse auf die Quelle ziehen. Wenn Sie es weiter ausdifferenzieren möchten, können Sie auch zwischen Erstbesuchern und Wiederkehrern unterscheiden.

Phase 2: Aufruf Stellenmarkt

Machen Sie sich bewusst, dass nicht jeder Besucher Ihrer Karriereseite sich bewerben wird. Genauso wird nicht jeder Besucher eines Online-Shops direkt zum Käufer.

Gemäß Beispielgrafik rufen 55 % von 2.500 Talenten den Stellenmarkt auf. Eine wunderbare Gelegenheit, bei den 1.375 potenziellen Kandidaten mit Ihrem Stellenmarkt zu punkten. Findet sich ein Talent hier optimal zurecht, beispielsweise aufgrund von gut gewählten Filterfunktionen, wird er eher zum Bewerber.

Woran liegt es aber dann, dass 45 % der Besucher abspringen? Nun, die Gründe können höchst unterschiedlich sein:

  • Die Navigation zum Stellenmarkt war versteckt oder umständlich.
  • Die Ladezeiten der Seiten waren zu lang.
  • Es fehlten dem Besucher entscheidende Informationen.

Vielleicht war ein Leser im ersten Schritt auch nur neugierig, ohne ernsthaftes Interesse zu hegen. Vollziehen Sie mittels Analysetool (Google Analytics, Matomo etc.) das Nutzerverhalten nach. Theoretisch haben Sie die Daten zur Hand.

Phase 3: Aufruf Stellenanzeige

Wichtige Schritte sind bereits absolviert: Der Funnel zeigt, dass von 2.500 Talenten 935 Personen das Jobangebot im Stellenmarkt aufgerufen haben. Mit der Stellenanzeige lässt sich noch mal richtig auftrumpfen. Diese sollte verständlich sowie informativ sein und zugleich eine zielgruppengerechte Ansprache verwenden. Mit dem nächsten Klick gehts zur Bewerbung, oder nicht?

Phase 4: Abschicken der Bewerbung

38 Talente haben ihre Bewerbung abgeschickt. Im Idealfall war das für die Kandidaten ganz einfach. Mit einem Klick auf den Bewerbungsbutton wurde beispielsweise der Lebenslauf hochgeladen, das XING- / LinkedIn-Profil verknüpft oder ein Kurzbewerbungsformular genutzt. Aus 935 Interessenten sind 38 Bewerber geworden. Die Conversionrate beträgt damit 4 %.

Aber was ist aus den 897 anderen Personen geworden? Keine Sorge, die sind nicht gänzlich verloren. Durch Remarketing lassen sich Talente erneut ansprechen. Wenn das Jobangebot noch nicht ganz das richtige für den einen oder anderen Kandidaten war, kann ein Job-Alert helfen. Dieser kann die Interessenten regelmäßig über neue Ausschreibungen informieren.

Kritik am Modell Personalmarketing-Funnel

Was kommt nach dem Absenden der Bewerbung und was folgt nach der Einstellung? Im Grunde ist die Journey zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen. Genau das ist die Fragestellung, die Kritiker des Personalmarketing-Funnels anführen. Der Funnel ziele zu sehr auf die Bewerbung bzw. Einstellung als Recruiting-Ziel ab. Die inzwischen generierten Leads (Kontakte) und Conversions blieben indessen ungeachtet. Außer Sie knüpfen gezielt durch Remarketing oder die Bereitstellung eines Job-Alerts an. Zugleich können Talent-Pools aufgebaut werden. Vielleicht eignet sich ein Kandidat für ein anderes Stellenprofil deutlich besser. Dann haben Sie einen wertvollen Kontakt, der bereits Interesse an Ihnen als Arbeitgeber bekundet hat.

Wir landen also unweigerlich bei der Frage: Wann fängt Recruiting an und wann hört es auf? Gehört nicht strenggenommen das Onboarding inklusive Probezeit auch noch dazu? Diesem Gedanken folgend wäre die wichtigste Conversion, aus einem Interessenten einen zufriedenen Mitarbeiter oder sogar einen Markenbotschafter zu machen, der wiederum neue Talente begeistert. Aus einem Funnel würde ein Wheel bzw. ein Kreislauf.

Fazit

Definieren Sie für sich, welche Ergebnisse Sie erwarten und welche vom Management eingefordert werden. Recruiting Analytics sind heute fester Bestandteil der Personalarbeit, denn letztlich hat niemand Zeit und Geld zu verschenken. Sollten Sie etwa merken, dass der Rücklauf durch Social Media nicht den gewünschten Erfolg bringt, investieren Sie eher in Jobbörsen – oder eben umgekehrt. Vielleicht offenbart sich auch, dass zwar nur wenige Kandidaten über Social Media angesprochen werden, sich darunter aber die geeignetsten Talente befinden.

Ein Funnel ist eine gute Möglichkeit, dies sichtbar zu machen. Schauen Sie sich die Zahlen an und setzen Sie sie in Relation, denn erst dann gewinnen sie an Aussagekraft. Marcel Rütten, HR-Blogger und Head of Talent Acquisition & Employer Branding bei der Berner Group, appellierte seinerzeit sehr treffend: „Wenn wir nicht datenbasiert agieren, heißt es, im Blindflug zu arbeiten.“  Wahre Worte.

Autor Profilbild
Unsere Gastautorin Tina Schwarze berichtet für Health Relations über die neuesten Trends in Personalmarketing, E-Recruiting und Employer Branding. Schwarze ist als Referentin für Öffentlichkeitsarbeit für die Agentur Westpress tätig.

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