Wie kann der Pharmastandort Deutschland attraktiver werden?

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Pharma-Standort_Deutschland
© Büttner / fromdusttilldrawn
Deutschland galt einmal als Apotheke der Welt, doch diese Zeiten sind vorbei: internationale Konkurrenz, Kostendruck und stagnierende Entwicklung bei den Innovationen machen dem Pharmastandort Deutschland zu schaffen.

Ein Thema, das sowohl die Politik als auch die Hersteller beschäftigt ist, wie man Pharmafirmen die Produktion und die Innovation erleichtern kann. Denn im internationalen Vergleich liegt Deutschland längst nicht mehr so gut da, wie das früher einmal war. Das zeigt eine Session während des diesjährigen Gesundheitskongress des Westens in Köln. Han Steutel, Präsident des Verband Forschender Arzneimittelhersteller e. V., zeigte auf, dass Deutschland innerhalb Europas gut aufgestellt ist. Immerhin entfällen rund ein Viertel der gesamteuropäischen Ausgaben für Pharmaforschung auf Unternehmen in Deutschland. Bei der Anzahl der klinischen Studien liegt die BRD jedoch deutlich hinter den USA und China. Steutels Fazit: „Die grundsätzlichen Bedingungen sind da, aber es muss jetzt nachgebessert werden.“

Bessere Rahmenbedingungen schaffen

Unterstützung in seiner Forderung erhielt der vfa-Präsident u. a. von Chantal Friebertshäuser, Vorsitzende der Geschäftsführung, MSD SHARP & DOHME GmbH. „Lebensrettende Innovationen brauchen langfristiges Engagement und die Bereitschaft, mit Niederlagen umzugehen“, sagt Chantal Friebertshäuser. Sie erinnerte daran, dass Firmen, die an einer neuen Substanz forschen, dies in der Hoffnung tun, dass ein neues Arzneimittel vielleicht in zehn Jahren zu einer Verbesserung des Gesundheitszustands von Patienten und Patienten führt. Doch die meisten Entwicklungen sind nicht erfolgreich. Daher fordert sie Wirtschaftsmodelle, die diese Art der Gewinnerwirtschaftung attraktiv machen und daher sei der Schutz von geistigem Eigentum durch Patente unumgänglich.

Forderung nach mehr Kooperation

Um als Pharmafirma besser arbeiten zu können, fordert sie einen Administrationsabbau und schlägt die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle ein, die Unternehmen bei der Bewältigung administrativer Hürden begleitet und als Schnittstelle zu den Behörden fungiert.

Außerdem plädiert Chantal Friebertshäuser für mehr Kooperationen zwischen den Herstellern, wie sie beispielsweise in Zuge der Impfstoffentwicklung gegen das Corona-Virus zustande kamen. „Wir brauchen rechtliche Rahmen, die diese Entwicklung begünstigen“, findet sie. Ein Austausch zwischen den Firmen sei dafür eine Grundvoraussetzung. „Dies geht am besten in gemeinsamen Foren und auf Basis einer Kultur der Gemeinsamkeit.“

Dr. Sabine Nikolaus, Vorsitzende der Geschäftsführung, Landesleiterin Deutschland, Boehringer Ingelheim Deutschland GmbH setzt sich für die Forschungsförderung ein, wie z.B. das seit Januar 2020 geltende Gesetz zur steuerlichen Forschungsförderung. „Das begrüßen wir, allerdings reicht diese Maßnahme jedoch bei weitem noch nicht aus, um Deutschland wettbewerbsfähig zu machen“, mahnt sie.

Die Zukunft nicht verschlafen

Es brauche auch klare Voraussetzungen für eine Risikofinanzierung, einen freien Handel sowie robuste Lieferketten.  Ein Rückzug auf den rein deutschen oder europäischen Markt sei nicht zielführend, zumal inzwischen nahezu jede Firma international operiere. Schließlich verweist Nikolaus auf die Bedeutung der Zukunftstechnologien. „30 Prozent des Arzneimittelmarktes entfällt auf biotechnologische Mittel. Wir dürfen das Potenzial der Zukunftstechnologien nicht verschlafen“, so ihr Credo.

Für Deutschland ist es noch nicht zu spät, das Ruder rumzureißen, aber – und da sind sich alle Redner und Rednerinnen einig – es muss in vielen Bereichen nachgebessert werden. Es braucht einen engeren Austausch, vor allem zwischen Behörden, Politik und den Herstellern.

Über die Illustratorin
Die Illustration dieses Artikels stammt von Kathe Büttner, Grafic Recorderin und Gründerin von fromdusttilldrawn in Offenbach, die sich auf visuelle Gestaltungen für die Gesundheitsbranche spezialisiert hat.

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