Roman Resch, Sanofi: Individualisierte Rx-Kommunikation für junge HCPs

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Nahes Porträt von Roman J. Resch, Mitarbeiter bei Sanofi, er berichtet in einem Interview über die Rx-Kommunikation für junge Zielgruppen
Roman J. Resch ist Brand Growth Lead Cardiovascular für die Region DACH. © Sanofi Deutschland
Sanofi Deutschland hat mit seiner Anzeigen-Kampagne für ein Präparat im Bereich Hypercholesterolämie ein buntes, auffälliges Look & Feel gewählt. Verlangt Rx-Kommunikation wie diese Mut? Ja. Und Vertrauen, sagt Roman Resch,  Brand Growth Lead Cardiovascular DACH.

Health Relations: In Kliniken und in der Niederlassung findet ein Generationswechsel statt. Vielfach geht dieser mit einem Shift ins Digitale einher. Von allen Herausforderungen in diesem Kontext, welche ist die größte in Ihren Augen?

Roman Resch: Die Vielfalt unserer Zielgruppe stellt vermutlich die größte Herausforderung dar. Verschiedene HCP-Gruppen aus unterschiedlichen Generationen und unterschiedlichen Fachrichtungen haben ganz individuelle Anforderungen an unsere Kommunikation. Daher ist es notwendig, flexibel auf die Bedürfnisse der Kund:innen einzugehen und dabei stets regulatorische Vorgaben im Blick zu behalten. Eine differenzierte und zielgerichtete Kommunikationsstrategie ist unerlässlich, um effektiv mit unseren Zielgruppen in Dialog zu treten und gleichzeitig den geltenden Vorschriften gerecht zu werden. Gerade im Bereich der verordnungspflichtigen Arzneimittel ist das Thema Objektivität ein wichtiger Faktor – gleichzeitig muss der Arzt/die Ärztin aus den zur Verfügung stehenden Therapien in eigener Freiheit diejenige Therapie wählen können, die optimal zu seinem/ihrer Patient:in passt. Sich in der Fülle des medialen Angebotes zurechtzufinden, gehört inzwischen zu den Skills der medizinischen Fachgruppen, die on-top zum medizinisch-wissenschaftlichen Background gefordert sind.

Health Relations: Das HWG und das AMG regulieren die Werbemöglichkeiten für Rx-Arzneimittel. Bietet es überhaupt genug Freiräume für individuelle Fachgruppenansprachen?

Roman Resch: Die regulatorischen Einschränkungen erschweren die Anpassung an die spezifischen Bedürfnisse unterschiedlicher Fachgruppen. Daher ist nicht nur die Entwicklung einer sorgfältig durchdachten Strategie erforderlich, sondern auch Flexibilität, um eine individuelle Ansprache der Fachgruppen zu ermöglichen. Trotz dieser Herausforderungen gibt es innerhalb der festgelegten regulatorischen Grenzen Spielraum für Kreativität. Dieser stellt zwar eine komplexe Aufgabe dar, kann jedoch durch differenzierte Herangehensweisen geschickt genutzt werden. Gerade diese Kreativität im vorhandenen Rahmen ist ein wichtiger Faktor, Aufmerksamkeit zu erregen, Kommunikation anzuregen und Interesse zu erwecken. Eines ist jedoch sicher: Eine „nur mal eben“ bunte Kampagne, auf die der/die Betrachter:in zwar bewusster hinsieht, die aber ohne schlagende Argumente in Bezug auf Parameter wie Effektivität, Verträglichkeit, Erleichterung im Management von Patient:innen daher käme, würde keinen Erfolg haben. Daher ist die Kombination aus Kommunikationskanal, Aufmachung der Information und fachlich überzeugendem Inhalt die Prämisse für den Erfolg einer Kampagne.

Health Relations: Wie genau könnten diese Freiräume aussehen?

Roman Resch: Inhaltlich relevante wissenschaftliche oder allgemeine produktbezogene Informationen können gezielt über vielfältige Formate kommuniziert werden. Digitale Kampagnen, Expertenworkshops und innovative Ansätze wie Virtual Reality ermöglichen es uns, unsere Inhalte nachhaltig und manchmal auch mit einem Erlebnisfaktor zu vermitteln. Dabei ist es entscheidend, dass die visuelle Darstellung dem Inhalt, der beabsichtigten Botschaft, aber auch einer zu transportierenden Emotionalität angepasst ist. Erst kürzlich haben wir eine Kampagne in den Markt gebracht, die sich deutlich von anderen Pharmakampagnen abhebt. Mittels auffälliger Schrifttypen – wir nennen sie intern „vibrant typography“ – vermitteln wir Argumente, die für unsere Zielgruppe bei der Behandlung von Risikopatient:innen wichtig sein können. Wir fragen nach dem Bedarf – wir bieten daraufhin eine Lösung. So eine Kampagne vermittelt auch abseits des Inhalts Botschaften – durch das Look & Feel, die Anordnung, die grafische Schwerpunktsetzung.

„Bunt, mutig, innovativ und extrovertiert wäre vielmehr das Mittel der Darstellung. Genau so haben wir unsere Kampagne gewählt.“

Health Relations: Welche weiteren Kniffe setzen Sie in Werbekampagnen für Produkte für Fachgruppen ein, um diese für unterschiedliche Zielgruppen aufzubereiten?

Roman Resch:  Durch die Analyse der Präferenzen unserer Kund:innen differenzieren wir zwischen verschiedenen Interessensgruppen. Auf dieser Grundlage passen wir gezielt unsere Werbematerialien an, um die spezifischen Bedürfnisse jeder Fachgruppe zu adressieren. Dies ermöglicht uns, unterschiedliche Medien wie digitale oder Printformate sowie verschiedene Inhalte wie Studienergebnisse oder Produktinformationen kundenspezifisch einzusetzen. Durch diese individualisierte Ansprache stärken wir die Relevanz unserer Botschaften und optimieren die Wirksamkeit unserer Kommunikationsstrategie.

Health Relations: Spielt hierbei KI eine Rolle?

Roman Resch: Künstliche Intelligenz macht auch hier nicht halt – die Pharmaindustrie ist längst in Richtung Zukunft, auch in der wissenschaftlichen Information, aufgebrochen – entsprechende Systeme helfen uns dabei, noch näher auf den Bedarf des Kunden abgestimmt zu sein. Niemand hat wohl mehr Zeit für Allgemeinplätze – dort, wo wir Bedarf für Individualisierung und ein gewisses Maß an „Co-Kreation“ zwischen unserem Angebot und dem Bedarf des Kunden erkennen, werden wir darauf eingehen.

Health Relations: Bleiben wir bei dem von Ihnen erwähnten Case. Läuft ein Motiv, das poppig-bunt ist, auffällig, nicht Gefahr, unseriös zu wirken?

Roman Resch: Ein poppig-buntes Motiv muss nicht zwangsläufig unseriös wirken, sofern es zur Marke und Zielgruppe passt. Dabei muss es nicht Anspruch sein, jedem/jeder zu gefallen. Vielmehr ist das Spiel mit Aufmerksamkeit und Differenzierung dazu geeignet, in Erinnerung zu bleiben und emotionale Eigenschaften von Grafik und Text mit denen des Produktes zu verbinden.

Health Relations: Und wie sieht das in der Praxis aus?

Roman Resch: Unsere Priorität liegt darin, Informationen nicht hinter auffälligen Farben zu verstecken, sondern durch das Motiv den Inhalt und die Stimmung in den Fokus zu rücken. Insgesamt streben wir eine visuelle Gestaltung an, die im Einklang mit der Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit von Rx-Pharmaprodukten steht. Gleichzeitig kann eine Botschaft durch eine spezielle, in diesem Fall grafische Aufmachung ebenfalls Wirkung erzielen. Die Tonalität der Information kann eine Marke eines Arzneimittels formen – inklusive der Eigenschaften, die ihr zugeschrieben werden. Den Mut zu haben, zu sagen, wie ein Arzneimittel für die Versorgung der Patient:innen sich differenziert, was die Key-Assets sind, der Glaube und die Überzeugung, die ein Unternehmen und seine Forscher:innen in ein Produkt legen – all das wird durch die Aufmachung transportiert. Vertrauen in die Leistungsfähigkeit eines Arzneimittels, Direktheit mit Schlagworten und auch mal Vergnügen dran haben, zu sehen, wie ein beworbenes Arzneimittel die Patientenversorgung verbessern kann… Wollte man so etwas in „leisen“, kleinen Lettern und schwarzer Schrift vermitteln? Nein! Bunt, mutig, innovativ und extrovertiert wäre vielmehr das Mittel der Darstellung. Genau so haben wir unsere Kampagne gewählt.

„Die physische Präsenz von Informationen in Printmedien fördert eine nachhaltige Erinnerung und Fachleute bewerten sie häufig als vertrauenswürdige Informationsquellen.“

Health Relations: Wie wichtig ist Print für Rx-Advertising-Kampagnen?

Roman Resch: Printmedien behalten in der heutigen Zeit ihre Bedeutung bei, da sie flexibel einsetzbar sind und direkten Kundenkontakt ermöglichen. Die physische Präsenz von Informationen fördert eine nachhaltige Erinnerung und Fachleute bewerten sie häufig als vertrauenswürdige Informationsquellen. Print ist aber nur mehr ein Teil unseres Informations-Mix. Neben Kosten und Reichweite – 10.000 Ärzt:innen, die ein Journal durchgeblättert haben und die als „erreicht“ klassifiziert würden, sind noch lange nicht 10.000 Ärzt:innen, die die Botschaft oder überhaupt die Anzeige wahrgenommen haben – sind veränderte Informations- und Kommunikationsgewohnheiten der Zielgruppen Gründe, wieso wir bei Print reduzieren.

Health Relations: Welche Rolle spielen emotionale Faktoren bei der Entscheidung von Ärztinnen und Ärzten für ein bestimmtes Arzneimittel?

Roman Resch: Das ist ein wichtiger Punkt, den wir bei all diesen Themen nicht aus dem Auge lassen dürfen. Eine Entscheidung für ein Produkt oder ein Arzneimittel ist immer auch eine emotionale, arztindividuelle Entscheidung. Vertrauen, Sicherheit, das Bewusstsein, ein Produkt zu kennen und zum Wohle einsetzen zu können, sind die Basis ärztlichen Wirkens. Und daher ist auch unser Außendienst ein wesentlicher Faktor, der tagein tagaus Ärzt:innen zur Seite steht, um die Partnerschaft zwischen Pharma und Mediziner:in zum Leben zu erwecken.

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