Graphic Recorderin Katherina Büttner: „Komplexe Themen brauchen Bilder“
Katherina Büttner ist Graphic Recorderin. Für Pharmaunternehmen übersetzt sie komplexe Inhalte in Bilder. Das stärkt das gemeinsame Verständnis und ist „wie ein Anker im Kopf“, sagt die freiberufliche Illustratorin.
Freiberuflerin.
Die Kraft von Bildern – in einer wachsenden Informationsflut – sei auch der Grund, warum das Graphic Recording einen solchen Aufschwung in der Branche erlebe. „Die Welt wird immer komplexer und Menschen, die visuell damit aufräumen, sind immer gefragter“, betont die Graphic Recorderin.
Ist ein Symposium auf einem Medizinkongress beispielsweise schnell vorbei und nur auf die Teilnehmenden begrenzt, kann man das Graphic Recording an den Messestand streamen oder dort aufhängen und noch Tage danach für einen aufmerksamkeitsstarken Hingucker für alle Messebesucher sorgen.
Auf einer Pressekonferenz, auf der viele Informationen meist ungehört verhallen, könne eine kompakte Darstellung eine hilfreiche Gedankenstütze sein. Journalisten können sich davor versammeln, darüber sprechen und abfotografieren. Hinzu komme die einfache Verbreitung. Via Website, Newsletter oder Social Media können Unternehmen das Graphic Recording niederschwellig teilen.
Sie zeichnet auf Medizinkongressen, Außendiensttagungen oder Pressekonferenzen. Bei immer mehr Veranstaltungen greifen Pharmaunternehmen auf die Unterstützung eines visuellen Übersetzers zurück. Im vergangenen Jahr begleitete Katherina Büttner vorwiegend digital, etwa im Rahmen von virtuellen Experten-Roundtables oder Patienten-Advisory Boards. Auch ein Online-Workshop für den Außendienst eines RX-Herstellers gehörte zu ihrem Leistungsrepertoire. Wegen des Lockdowns ins Office verbannt, bekam die Vertriebsmannschaft so die Möglichkeit, die Kernbotschaften einer Produkteinführung aus einer anderen Perspektive zu betrachten.
„Denn genau darum geht es beim Graphic Recording“, sagt Katherina Büttner. „Bilder stärken das gemeinsame Verständnis. Wenn ich mit Ihnen über ein Medikament spreche, haben Sie vielleicht eine Infusion im Kopf und ich eine Tablette. Keine Kleinigkeit, wenn es zum Beispiel um Lebensqualität und Mobilität oder die Pillenlast von Patienten geht. Wenn ich die gemeinte Medikamentenform aber zeichne, haben wir beide dasselbe vor Augen. Eine Visualisierung ist wie ein Anker – gerade bei komplexen Sachverhalten“, erklärt die Beim Graphic Recording geht es um Branchenwissen
Vor rund fünf Jahren wagte Katherina Büttner den Schritt in die Selbstständigkeit. „Sich endlich nur ums Visualisieren kümmern zu können“ war ihr Ziel. Der Marktplatz, auf dem sie sich tummelt, ist groß. Das Berufsbild hat in den vergangenen Jahren an Popularität gewonnen – umso mehr, als der Begriff „Graphic Recorder“ hierzulande nicht geschützt ist. Es gibt keine festgelegte Ausbildung, jeder kann unter der Bezeichnung tätig werden. Besorgt ist Katherina Büttner deswegen nicht. Sie kennt ihren USP. „Klar, ich kann schöne Bildchen zeichnen“, schmunzelt die Offenbacherin, „aber es geht vielmehr darum, komplexe Zusammenhänge in sichtbare, geordnete Bilder zu bringen – sei es spezifische Wirkmechanismen und Pathogenesen, die Interpretation klinischer Daten oder Patientenkommunikation im Rahmen des HWG.“ Ihren großen Mehrwert sieht sie daher darin, dass sie durch ihr Biologiestudium das Verständnis für die Materie mitbringt. Hinzu kommt langjährige Erfahrung als Healthcare-PR-Beraterin. Dadurch kenne sie das Gesundheitssystem und deren Player – eine wichtige Voraussetzung für einen im Pharmabereich tätigen Graphic Recorder, wie sie selbst sagt.„Ich sehe meinen großen Mehrwert darin, dass ich ein Verständnis für die Materie habe, sprich das Gesundheitssystem gut kenne.“Tatsächlich rutschte auch die gebürtige Kanadierin mehr oder weniger in diesen Beruf hinein. Nach ihrem Studium begann sie zunächst als Trainee in der PR-Beratung einer Healthcare-Agentur, stieg dann nach einem Jahr in der Kommunikationsagentur FleishmanHillard in Frankfurt ein. Nicht als Grafikerin, als Beraterin. Ihr Verantwortungsbereich war die RX-Kommunikation für verschiedene Pharmakunden. Ihr künstlerisches Talent ließ sie eher nebenbei einfließen. Gab das Stockmaterial mal wieder nicht das Passende her, zeichnete Katherina Büttner Patienten-Journeys oder Personae für Pitches und Präsentationen. Schnell entdeckte die Agentur ihr Talent und förderte es.
Vom Sketchnote-Barcamp zur Graphic Recorderin
Katherina Büttner besuchte Visualisierungstrainings und nahm an Sketchnote Barcamps teil. Sketchnotes – also Inhalte in Text und Bild festzuhalten – waren damals noch nicht weit verbreitet in Deutschland. Trainings auf diesem Gebiet waren nur begrenzt verfügbar. Erst in den vergangenen Jahren erlebte die Visualisierungsmethode hierzulande einen Aufschwung. „Ich weiß es noch genau, wie ich bei FleishmanHillard am Schreibtisch saß und in einem Newsletter erstmals von Sketchnotes las“, erzählt Katherina Büttner. „Das war ein AHA-Moment für mich. Es gab also wirklich einen Begriff für das, was ich mein Leben lang tue – mitschreiben, zeichnen und dabei das ganze Papier auszunutzen, um Informationen zu clustern“, sagt die studierte Biologin.Visuelles Storytelling heißt, die Sprache der Zielgruppe kennen
Von da an führte ihr Weg gradlinig in die Welt der Visualisierung. In der Agentur wurde ihr eine Hybrid-Funktion angeboten: 50 Prozent in der Healthcare-Beratung, 50 Prozent in der Inhouse-Grafik. Rückblickend war genau diese Erfahrung das, was ihr heute zugutekommt. „Dadurch gelingt es mir, in der bildhaften Sprache der Zielgruppen zu denken“, sagt sie. Das lasse sich an einem Beispiel leicht zeigen: Lebensqualität spiele beispielsweise bei vielen Erkrankungen und deren Therapie eine große Rolle. Da sich die Patientengruppen aber sehr unterscheiden können, werden hierunter unterschiedliche Dinge gefasst. „Die Palette reicht von Schmerzfreiheit und der Möglichkeit, zum Beispiel Hobbies wie Gärtnern nachzugehen bis hin zu therapiefreien Zeiten und der Option zu reisen. Es ist wichtig zu wissen, wann man welches Bild wählt“, erklärt Katherina Büttner.Sixpack – die 6 Entscheiderfragen
- Wer gibt den Ausschlag: Kopf oder Bauch? Kopf
- Schubladen: Eher chaotisch oder sortiert? Chaotisch. Die Stifte sind allerdings alle in Reih und Glied.
- Zeichnen: Lieber Tablet oder Papier? Papier
- Lektüre: Comic oder Roman? Schwierig. Aber dann doch am liebsten Comic.
- Filme: Kino oder Streamingdienst? Wo auch immer es Popcorn gibt.
- Sicherheit oder Risiko? Sicherheit. Ich habe immer ungefähr fünf Ladegeräte dabei.