Bayer transformiert Pharmageschäft

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Bayer steckt mitten in der digitalen Transformation
Jeanne Kehren ist Senior Vice President Digital & Commercial Innovation bei Bayer © Bayer
Bayer übernimmt eine Vorreiterrolle in Sachen digitale Transformation. Wie der Konzern das schafft, berichten Wolfram Carius, Executive Vice President Cell and Gene Therapy, und Jeanne Kehren, Senior Vice President Digital & Commercial Innovation und Chief Information Officer Pharmaceuticals im Interview.

Health Relations: Sie haben bei Bayer die digitale Transformation in den letzten Jahren vorangetrieben. An welchem Punkt stehen Sie gerade?

Jeanne Kehren: Bayer nutzt die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz, um das ultimative Ziel zu erreichen: die richtige Behandlung zum richtigen Zeitpunkt zum richtigen Patienten zu bringen, und das effizienter und viel schneller als heute. KI wird dazu beitragen, beispiellose Produktivitätssteigerungen und bessere Ergebnisse in unserer gesamten Pharma-Wertschöpfungskette zu erzielen. Während die Pharmaindustrie insgesamt wohl noch am Anfang dieser Reise steht, sind wir stolz darauf, dass wir bei Bayer KI in unserer Wertschöpfungskette bereits zielgerichtet einsetzen und unsere KI-Fähigkeiten weiter ausbauen und skalieren.

Health Relations: Sie haben eine Plattform für Zell- und Gentherapie etabliert. Was steckt dahinter und was wollen Sie damit erreichen?

Wolfram Carius ist Executive Vice President Cell and Gene Therapy bei Bayer © Bayer

Wolfram Carius: Unsere ganze Motivation ist innovative Ideen in greifbare Therapien für Patienten umzusetzen. Die Zell- und Gentherapie-Plattform von Bayer umfasst die gesamte Wertschöpfungskette von der Forschung über die Entwicklung und Markt bis zum Patienten und eröffnet so die besten Chancen, dies auch zu verwirklichen. Wir verbinden dabei das Beste aus den zwei Welten von Biotech und Pharma: Die Biotech Unternehmen, unabhängig davon, ob Partner oder ganz oder teilweise im Besitz von Bayer, wie zum Beispiel BlueRock Therapeutics oder AskBio, fokussieren sich voll und ganz auf bahnbrechende Innovationen auf der Produkt- wie auch der Technologieseite, während Bayer die Erfahrung, Expertise und zum Beispiel die globale Reichweite eines Pharmaunternehmens einbringen. Über diese gemeinsame Kultur und synergistische Fähigkeiten setzten wir die Zell- und Gentherapie-Strategie und Ziele erfolgreich um.

Health Relations: Stichwort Digital Health: Welche Entwicklungen sind hier Ihrer Meinung nach besonders wichtig für die Zukunft?

Jeanne Kehren: Bayer hat sich zum Ziel gesetzt, Menschen in die Lage zu versetzen, ihre Gesundheit selbstständig zu managen, und medizinisches Fachpersonal dabei zu unterstützen, die Gesundheit der Menschen besser zu fördern. Die Kombination von konventioneller Gesundheitsversorgung mit innovativen digitalen Technologien ermöglicht effiziente Lösungen, mit denen die Bedürfnisse einer Person in ihrer spezifischen Umgebung erfüllt werden können. Die integrierte Gesundheitsversorgung ist daher ein zentrales Element der Geschäftsstrategie von Bayer im digitalen Bereich.

Health Relations: Digital Health wird für die integrierte Versorgung ein Grundbaustein sein. Wie bereiten Sie sich in ihrem Unternehmen darauf vor und welche Angebote haben Sie dafür?

Jeanne Kehren: Bayer entwickelt Konzepte für eine integrierte Gesundheitsversorgung (Integrated Care), die die individuelle Unterstützung von Patienten ermöglichen. Bei diesem personalisierten Ansatz werden komplexe und miteinander verbundene gesundheitliche Probleme den individuellen Umständen entsprechend behandelt.

Die integrierte Gesundheitsversorgung ist daher ein zentrales Element der Geschäftsstrategie von Bayer im digitalen Bereich.

„Die integrierte Gesundheitsversorgung ist daher ein zentrales Element der Geschäftsstrategie von Bayer im digitalen Bereich.“

Health Relations: Haben Sie ein konkretes Beispiel?

Jeanne Kehren: Bayer und das auf digitale Lösungen spezialisierte Gesundheitsunternehmen Informed Data Systems Inc. (IDS) arbeiten zusammen, um ihr Geschäft auf der Grundlage der bestehenden Diabetes-Management-Plattform „One Drop“ von IDS gemeinsam auszuweiten. Die Anwendung One Drop wurde bereits über drei Millionen Mal heruntergeladen. Gemeinsam schaffen die beiden Unternehmen neue Gesundheitsangebote, um die Bedürfnisse von Patienten in den Bereichen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Frauengesundheit und Onkologie zu erfüllen. Experten aus beiden Unternehmen arbeiten zusammen an den beiden ersten Modulen, die innerhalb eines Jahres auf den Markt kommen sollen.

Health Relations: Wie haben Sie die digitale Transformation in ihre Unternehmensstrategie verankert?

Jeanne Kehren: Der Aufbau neuer digitaler Geschäftsmodelle ist ein zentrales Element der Bayer-Geschäftsstrategie mit dem Anspruch, die Zukunft des Gesundheitswesens aktiv mitzugestalten. Parallel zum Aufbau unserer internen Fähigkeiten in diesem Bereich, sind wir kontinuierlich auf der Suche nach starken Partnerschaften, um das Gesundheitsmanagement von Patienten durch datengesteuerte Lösungen zu verbessern. Da der einzelne Patient und nicht seine Krankheit im Fokus steht, ist unser Integrated Care Ansatz der Weg hin zu einer wirklich integrierten und personalisierten Gesundheitsfürsorge. Wir werden Integrated-Care-Lösungen zu einem wesentlichen Pfeiler des Pharmageschäfts unseres Unternehmens machen. Auf der Grundlage unserer Kompetenz im pharmazeutischen Sektor können wir eine Brücke zwischen Technologie und Gesundheitswesen schlagen. Wir erwarten, dass digitale Gesundheitsangebote in den nächsten zehn Jahren erheblich zu unserem Umsatz beitragen werden.

Health Relations: Wie sieht es bei Bayer unternehmensintern mit der Digitalisierung aus?

Jeanne Kehren: Bayer entwickelt sich zunehmend zu einem datengetriebenen Unternehmen. Unsere grundlegenden Verhaltensweisen und Werte – etwa dass wir wissenschaftlichen Prinzipien stets treu sind und ungedeckte medizinische Bedürfnisse bedienen – haben sich nicht verändert. Im Gegenteil: Indem wir uns die Datenwissenschaft und fortschrittliche Analytik zu eigen machen, werden wir diese Stärken weiter ausbauen und so wirklich personalisierte Lösungen anbieten können. Wir verfolgen einen integrierten Ansatz für die Digitalisierung und sind uns bewusst, dass die Leistungsfähigkeit unseres Unternehmens von einer robusten und skalierbaren Architektur und vollständig digitalisierten Prozessen abhängt.

„Wir müssen in allen Aspekten unseres Geschäfts kundenzentrierter werden.“

Health Relations: Sein Unternehmen rechtzeitig der digitalen Transformation zu unterziehen ist also entscheidend, um in Zukunft bestehen zu können. Aber wie ist der Pharmamarkt Ihrer Meinung nach darauf vorbereitet? Womit muss sich die Branche aktuell am dringendsten beschäftigen?

Jeanne Kehren: Die Pharmabranche hat sehr schnell aus der COVID-Krise gelernt. Es gibt einige Bereiche, in denen die Schwachstellen deutlich geworden sind. Dies verändert nun die Perspektive und macht einige Dinge zu Realität, die bisher als spekulativ galten.  Das dringlichste Problem ist jetzt, unsere Investitionen entsprechend unserer Vision einzusetzen und auch bereit zu sein, eine andere Perspektive einzunehmen und in allen Aspekten unseres Geschäfts kundenzentrierter zu werden.

 

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