Yvonne Sieler, Chiesi: „Ein Nachhaltigkeitskongress hat gefehlt“

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Yvonne Sieler, Chiesi
Yvonne Sieler ist Regional Market Access Managerin bei Chiesi Deutschland. Als Teil eines dreiköpfigen Kernteams verantwortet sie die Organisation und Umsetzung des Auftaktkongresses der WeACT Con mit. © Chiesi / © Canva
Chiesi veranstaltet im Mai erstmals ein Veranstaltungsformat für die Gesundheitsbranche mit Fokus auf Nachhaltigkeit. Das Unternehmen verspricht sich viel von dem Auftaktkongress WeACT Con. Mit-Organisatorin Yvonne Sieler sagt: „Wir wollen ins aktive Handeln kommen.“

Lesen Sie in diesem Interview:

  • An wen sich WeACT Con richtet
  • Wie Chiesi sicher stellen möchte, dass Worten Taten folgen
  • Ob es neben der Präsenzveranstaltung auch digitale Inhalte geben wird
  • Warum das Thema Nachhaltigkeit sich eignet, um Mitarbeitende zu Corporate Influencer werden zu lassen

Health Relations: Frau Sieler, warum braucht es Ihrer Meinung nach überhaupt einen neuen Nachhaltigkeitskongress?

Yvonne Sieler: Weil er fehlt. Es gibt bisher einzelne Symposien oder einzelne Initiativen von Pharma- und Gesundheitsunternehmen. Aber einen Kongress, der diese Themen langfristig, wiederkehrend und   ganzheitlich, mit Blick über den Tellerrand auf die Agenda setzt , gibt es nicht. Wir finden das aber extrem wichtig. Wir wollen ins aktive Handeln kommen. Unserer Meinung nach ist dabei jeder Akteur im Gesundheitswesen gleichermaßen gefordert, etwas zu tun, dafür möchten wir die Plattform geben. Als Unternehmen können wir die Aufgabenstellungen nicht alleine lösen, gemeinsam erreichen wir mehr.

Health Relations: WeACT Con richtet sich also explizit an alle Player des Gesundheitssystems. Welche sind das, wer sollte und wird am Auftaktkongress teilnehmen?

Yvonne Sieler: Wir wünschen uns, dass wir sowohl niedergelassene Ärzte und Ärztinnen wie auch Kliniker:innen erreichen. Krankenkassen, Mitarbeitende von Verbänden aus dem Bereich Gesundheit, Pharmaunternehmen sind herzlich willkommen. Aber wir erweitern unseren Blick schon jetzt. Wir sind Kooperationen mit Universitäten eingegangen, zum Beispiel mit der Universität Bayreuth, weil es uns wichtig ist, diesen neuen Blick der jungen Talente, also der Studierenden, einnehmen zu können. Aber genauso kooperieren wir mit wissenschaftlichen Experten und Expertinnen, die sich mit diesen Themen befassen, um dieses breite Feld interdisziplinär und ressortübergreifend bearbeiten zu können.

Was ist die WeAct Con?
WeACT Con ist eine neue Kongressreihe, die allen Akteuren aus dem Gesundheitswesen ein Forum bieten und diese zusammenzubringen will. Im Fokus stehen die Themen Gesundheit, Klima und Umwelt. Sie werden im Handlungsfeld des Gesundheitssystems ganzheitlich betrachtet. Der Auftaktkongress findet am 11. Mai 2023 statt.

Health Relations: Es ist eine reine Fachveranstaltung. Warum?

Yvonne Sieler: Wir haben uns im ersten Jahr explizit dafür entschieden, dass wir gezielt das Gesundheitssystem ansprechen möchten, können uns aber durchaus vorstellen, dass wir in den nächsten Jahren von anderen Branchen lernen möchten. Wir befinden uns mit unserem Kongress auf dem EUREF Campus in Berlin. Er steht für Veränderung, für Zukunft, für Nachhaltigkeit. Das ist für uns ein wichtiges Zeichen. Schon von Beginn an versuchen wir, das Übergreifende als Leitmotiv einzubringen.

Theresa Posipal über WeACT Con
Theresa Posipal ist Managerin External Communications bei Chiesi Deutschland und begleitet den Event kommunikativ. © Chiesi

Theresa Posipal: Wir sind darauf bedacht, dass die Teilnehmenden wirklich einen Impact haben und Lösungen erarbeiten oder Best Practices umsetzen und wahrnehmen können.

Health Relations: Aber wie wichtig ist es, dass diese Veranstaltung sich auch aus der Bubble der Fachgruppen vielleicht in die Gesellschaft verlagert? Für Sie als Unternehmen?

Yvonne Sieler: Es ist uns wichtig, dass wir diesen ressortübergreifenden Gedanken auch schon mitdenken. Dass wir auch die Wissenschaft, die Politik und verschiedene Expert:innen einbinden.

Theresa  Posipal: Die Frage ist doch, welche Initiativen sich aus der WeACT Con ergeben. Das werden wir erst am Ende wissen. Es ist dann sicherlich auch Aufgabe dieser Initiativen, die breitere Masse anzusprechen, mitzunehmen und zu definieren, welche Personen und Kräfte es für die weitere Umsetzung braucht. Das wäre dann quasi der nächste Schritt.

Health Relations: Wie groß ist der Kongress geplant, wie viele Teilnehmende erwarten Sie?

Theresa Posipal: Wir haben natürlich eine Anzahl von teilnehmenden Gästen im Kopf. Aber wir sagen auch ganz klar, dass es nicht die Höhe der Anzahl ist, die den Erfolg ausmacht, sondern die Qualität der Teilnehmenden. Sind das Personen, die wirklichen Impact haben und auch mitgestalten wollen und können? Deswegen wollen wir uns jetzt nicht an einer Zahl aufhängen und konzentrieren uns auf die Qualität.

Health Relations: Wie sind sie auf die Idee für die WeACT Con gekommen?

Yvonne Sieler: Eine Mitarbeiterin hatte die Idee. Nachhaltigkeit ist Teil der Firmen-Strategie. Es ist Chiesi eine Herzensangelegenheit, in diesem Bereich Dinge zu bewegen.

„Als B Corp-zertifiziertes Pharmaunternehmen haben wir uns zum Ziel gesetzt, so zu wirtschaften, dass eine langfristige Nachhaltigkeit sichergestellt ist.“

Health Relations: Haben Sie ein Beispiel für mich, wie das in der Praxis aussieht?

Yvonne Sieler: Wir sind seit 2019 ein B Corp-zertifiziertes Unternehmen und wurden 2022 auch erfolgreich rezertifiziert . Als B Corp-zertifiziertes Pharmaunternehmen haben wir uns zum Ziel gesetzt, so zu wirtschaften, dass eine langfristige Nachhaltigkeit sichergestellt ist.

Health Relations: Wie stellen Sie sie sicher, dass dem Kongress Taten folgen?

Yvonne Sieler: Wir wollen zeigen, dass wir gegenseitig voneinander lernen können, wollen erreichen, dass sich im besten Fall Initiativen bilden. Der Kongress findet nicht zuletzt auch jährlich statt, um diese Initiativen und Impulse, die gesetzt worden sind, zu begleiten.

Health Relations: Ist die WeACT Con eine reine Präsenzveranstaltung oder öffnen Sie digitale Kanäle, damit möglichst viele Fachgruppen teilnehmen können?

Yvonne Sieler: Wir haben uns lange Gedanken darüber gemacht und uns für eine reine Präsenzveranstaltung entschieden. Der Dialog, ein Miteinander, das ins Tun kommen ist in der Präsenz doch anders möglich. Wir werden beispielsweise interaktive Workshops anbieten, wo wir wirklich Best Practice-Sharing betreiben wollen. Dafür ist es unserer Auffassung nach wichtig, dass man persönlich zusammenkommt.

Health Relations: Aber eine digitale Veranstaltung hat ggf. ob der fehlenden Reisebewegung der Teilnehmenden einen besseren ökologischen Fußabdruck als eine Präsenzveranstaltung.

Theresa Posipal: Genau, das stimmt. Die Überlegung stand auf jeden Fall auch im Raum. Aber wir sehen einen ganz großen Mehrwert wirklich darin, dass wir ein Forum bieten für das Netzwerken. Der Austausch ist face to face einfach anders als digital . Mit dem EUREF Campus haben wir jedoch eine Location gewählt, die für Nachhaltigkeit steht, so dass der Event ressourcenschonend umgesetzt wird

„Wir wünschen uns, dass die Gäste miteinander über die Dinge nachdenken, Lösungsansätze finden und im besten Fall sich  etwas entwickelt, was später in die Umsetzung gehen kann.“

Health Relations: Sie sprachen von interaktiven Workshops. Die Teilnehmenden kommen also schon während des Kongresses in Doing?

Yvonne Sieler: Ganz genau. Wir werden am Vormittag Impulsvorträgen Raum geben, um neue Anregungen zu bekommen. Über Mittag bieten wir erste Möglichkeiten zum Austausch und Vernetzen auf unserer Piazza und dann geht es tatsächlich schon ins aktive Tun. Wir werden fünf Workshops haben zum Thema Gesundheit und Hitze, Gesundheit und Finanzen, Gesundheit und Emissionen, Gesundheit und Müll und Gesundheit und Energie. Wir wünschen uns, dass die Gäste miteinander über die Dinge nachdenken, Lösungsansätze finden und im besten Fall sich daraus direkt schon etwas entwickelt, was später in die Umsetzung gehen kann.

Health Relations: Wird es eine Aufzeichnung geben von einzelnen Einheiten, die hinterher digital ausgespielt werden?

Yvonne Sieler: Wir haben auf jeden Fall vor Ort die Möglichkeit der Aufzeichnung und werden im Nachgang auch auf unserer Homepage Inhalte zur Verfügung stellen. Aber das wird auf keinen Fall den Besuch des Kongresses ersetzen.

Health Relations: Gibt es weitere Maßnahmen, die diesen Kongress vor, währenddessen und danach entsprechend kommunizieren?

Theresa Posipal: Wir handeln da nach einem gut getakteten Redaktionsplan und haben in regelmäßigen Abständen Mailings, die via Newsletter verschickt werden zu Kongress-Updates, aber auch zu Updates inhaltlicher Form, zu Workshops, zu Referenten oder eventuell auch neuen Partnern und Partnerinnen, die sich jetzt noch ergeben. Das heißt, wir werden sehr regelmäßig kommunizieren, auch auf allen Plattformen. LinkedIn, Xing, Instagram stehen da bei uns im Fokus, natürlich auch unsere Webseite.

Health Relations: Der Kongress ist als eintägige Veranstaltung angelegt. Haben Sie auch darüber nachgedacht, ihn als mehrtägige Veranstaltung zu planen? Die Komplexität des Themas gäbe es her, oder?

Theresa Posipal: Ja, definitiv. Wir starten dieses Jahr mit einem eintägigen Kongress. Wir sind aber auch schon in Planung für 2024 und schon in Gesprächen, ihn auf eine zweitägige Veranstaltung auszuweiten.

„Man merkt, dass die Thematik jeden einzelnen von uns im Unternehmen beschäftigt und uns alle betrifft und dass da auch alle Lust dazu haben, diesen Weg gemeinsam zu gehen.“

Health Relations: Wie ist die Reaktion in der Branche gewesen? Haben Sie Feedback zur WeACT Con erhalten?

Theresa  Posipal: Sehr positiv. Wir haben uns wirklich sehr darüber gefreut, dass so positive Resonanz kam, dass auch direkt schon Anfragen für weitere Partnerschaften an uns gestellt worden sind.

Health Relations: Und wie ist es innerhalb des Unternehmens? Merken Sie auch, dass das innerhalb eines Unternehmens Mitarbeitende beflügeln kann?

Yvonne Sieler: Absolut. Es gab sehr viele positive Reaktionen, die Bereitschaft, uns als Kernteam in der Organisation zu unterstützen, war und ist groß. Man merkt, dass die Thematik jeden einzelnen von uns im Unternehmen beschäftigt und uns alle betrifft und dass da auch alle Lust dazu haben, diesen Weg gemeinsam zu gehen.

Theresa Posipal: Man spürt, dass auch Stolz da ist, dass wir als Unternehmen jetzt einen Kongress mit diesem Fokus auf die Beine stellen. Wir haben intern ganz viele Fragen erhalten wie: Können wir etwas posten, auch auf LinkedIn? Was können wir für Inhalte platzieren, um die Reichweite noch zu erweitern? Und jeder teilt diese Information gerne mit seinem Netzwerk. Und daran merkt man ja auch, dass diese Vorbildfunktion, die wir ja auch haben möchten als Unternehmen, sehr gut ankommt.

Wer kommt zur WeACT Con?
Prof. Dr. mult. Eckhard Nagel (Director of the Institute for Healthcare Management and Health Sciences Universität Bayreuth), PD Dr. med Christian Schulz (Medizinmanagement und Gesundheitswissenschaften Universität Bayreuth), Laura Wamprecht (Managing Director, Flying Health), Dr. Tanja Bratan (Leiterin des Geschäftsfelds „Innovationen im Gesundheitswesen“ am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI), Dr. med. Christian Grah (Leitender Arzt Pneumologie und Lungenkrebszentrum Havelhöhe), Anja Leetz (Advisor, Economic and Social Development, Digitalisation Global Programme on Pandemic Prevention and Response, One Health für die GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH), Antje Domscheit (Abteilungsleiterin „Kranken- und Pflegeversicherung“, Bundesamt für Soziale Sicherung),  Dr. Kerstin Kemmritz (Präsidentin Apothekerkammer Berlin), PD Dr. med. Peter Bobbert (Präsident Ärztekammer Berlin), Dipl. PGW Jana Luntz (Pflegedirektorin, Universitätsklinikum Dresden) und viele weitere.

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