Bewerber gesucht: Diese Fachärzte sind in Deutschland am begehrtesten

Die Personalberatung mainmedico erstellt jährlich einen Index mit ärztlichen Fachrichtungen, die auf dem deutschen Arbeitsmarkt am stärksten nachgefragt werden. Im Interview verrät Dr. Martin, wie man sich als Arbeitgeber bei der Suche nach stark umworbenen Fachärzten positioniert.
Health Relations: Herr Dr. Martin, Sie betreiben die Personalberatung mainmedico, die auch Ärzte coacht und bei Arbeitsplatzwechseln berät. Hat die klassische Stellenanzeige bei der Suche nach Fachärzten ausgedient?
Mit dem BIG AWARD werden jedes Jahr die besten ärztlichen Stellenanzeigen im Deutschen Ärzteblatt prämiert. Hier eine Anzeige, die gewonnen hat: Gesundheit Nord Klinikverbund Bremen/Agentur: AWS Personalmarketing.
Beim Stellenwechsel muss das Gesamtpaket stimmen.Health Relations: Welche Wünsche äußern Oberärzte und Chefärzte, die auf der Suche nach einer neuen Stelle sind?Dr. Martin: Beim Stellenwechsel muss das Gesamtpaket stimmen. Dazu gehören das fachliche Profil der Abteilung, die eigenen Entwicklungsmöglichkeiten, die Arbeitsatmosphäre, das Gehalt, sowie der Standort und das soziale Umfeld. Wobei die einzelnen Komponenten individuell unterschiedlich stark gewertet werden können. Health Relations: Gab es den aktuellen Personalnotstand bereits in früheren Jahren?Dr. Martin:Die TOP 10 des Facharztindex 2017 haben schon seit einigen Jahren massive Probleme, Facharztstellen zu besetzen. Das sind in erster Linie die Fachgebiete aus dem Spektrum Psychiatrie und Psychosomatik, dann die nicht kurativen Fachgebiete wie Hygiene und Umweltmedizin oder Laboratoriumsmedizin, aber auch einzelne Teilgebiete in der Inneren Medizin, wie die Pneumologie oder Gastroenterologie. Dabei haben die Fachgebiete aus dem Spektrum der Psychiatrie und der Psychosomatik und die nicht kurativen Fachgebiete enorme Nachwuchsprobleme, weil sie von den Ärztinnen und Ärzten bei der Wahl der Weiterbildung zu wenig berücksichtigt werden. Um hier gegenzusteuern, wären die Hochschulen gefragt, um die Präsenz der Fachgebiete während des Studiums zu erhöhen, aber auch die entsprechenden Fachgesellschaften und Berufsverbände könnten ihren Beitrag leisten, indem sie mehr Imagewerbung betreiben.
Das Vorstellungsgespräch steht nach wie vor im Zentrum eines Auswahlverfahrens.Health Relations: Gibt es ein vorbildliches Prozedere, wie Personalverantwortliche neue Bewerber evaluieren können? Ist das klassische Vorstellungsgespräch immer noch das Mittel der Wahl? Oder bieten sich weitere Formen des Kennenlernens, wie z.B. Videointerviews, an?Dr. Martin: Das Vorstellungsgespräch steht nach wie vor im Zentrum eines Auswahlverfahrens. Dieses wird allerdings mehr und mehr flankiert durch zusätzliche Instrumente – das können Assessments sein oder Hospitationen, dass der Kandidat oder die Kandidatin also für einen Tag in ein Klinikum eingeladen wird, z.B. am OP-Alltag teilnimmt, damit sich beide Seiten ein ganzheitlicheres Bild machen können. Health Relations: Mit der Unzufriedenheit am Arbeitsplatz steigt die Wechselwilligkeit. Welche Maßnahmen gibt es, um einen wechselbereiten Arzt oder eine Ärztin am Haus zu halten?Dr. Martin:Ein ganz gängiger Weg ist, dass man frischgebackenen Fachärzten und Fachärztinnen gleich eine Oberarztposition anbietet. Das machen viele Häuser, um zu verhindern, dass Ärzte nach der Weiterbildung abwandern. Weiterhin werden passgenaue Arbeitszeitmodelle angeboten, die individuell zugeschnitten sind und beispielsweise eine Reduzierung von Diensten beinhalten. Ab der Oberarztebene gibt es außerdem die Möglichkeit, außertariflich zu bezahlen, wenn Ärztinnen und Ärzte zusätzliche Sonderaufgaben übernehmen. Dann kann auch in öffentlichen Häusern ein höheres Gehalt gezahlt werden.
Dr. Wolfgang Martin betreibt seit über 20 Jahren zusammen mit seiner Kollegin Ingrid Rebmann mainmedico. Die beiden Personalberater vermitteln Ärzte und Ärztinnen an Akutkrankenhäuser, Fach- und Rehakliniken sowie ambulante Einrichtungen. 
