Wie fördert Pharma die digitale Gesundheitskompetenz?

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Health Literacy
(Digitale) Gesundheitskompetenz ermöglicht es, gesundheitsbezogene Informationen zu finden, zu verstehen, zu bewerten und zu nutzen. © Kaspars Grinvalds / Canva
Die digitale Gesundheitskompetenz ist in Deutschland unzureichend. Patient:innen werden aber in Zukunft immer stärker über ihre Gesundheit und die Nutzung ihrer Gesundheitsdaten mitbestimmen. Was können Pharmaunternehmen zur Stärkung dieser Kompetenz beitragen?
Die Verschiebung hin zur Prävention, neue, auch digitale Therapieoptionen und die digitale Transformation lassen den Patienten und die Patientin in eine neue Rolle im Gesundheitssystem schlüpfen. Er oder sie wird zum Manager:in der eigenen Gesundheit, Ärzt:innen sind beratende Partner:innen. Für die Pharmaindustrie ist die Patientenkommunikation längst eine wichtige Säule innerhalb der strategischen Kommunikation. Klingt alles gut. Nur die Realität ist nicht ganz so rosig.
Was ist digitale Gesundheitskompetenz?
Wer seine Gesundheit selbst in die Hand nehmen soll, braucht die Fähigkeit, Gesundheitsinformationen zu verstehen, einzuordnen und anzuwenden. Er oder sie braucht eine solide Gesundheitskompetenz (GK, engl. „Health Literacy“). Und um die ist es in Deutschland eher schlecht bestellt – auch mit Blick auf die digitale Gesundheitskompetenz (DGK). Diese beschreibt die Fähigkeit des/der Einzelnen, sich relevante Gesundheitsinformationen aus digitalen Quellen wie Internetportalen, Newsletter, Apps und sozialen Medien zu beschaffen, diese zu bewerten und anschließend verantwortungsvolle Entscheidungen über ihre Gesundheit auf Basis dieser Informationen zu treffen.

Wie gut ist die Digitale Gesundheitskompetenz in Deutschland?

GK und DGK sind eng miteinander verbunden. In Europa hat sich daher das Verständnis der GK von Sørensen et al. weitgehend durchgesetzt. Die GK ermöglicht es, gesundheitsbezogene Informationen zu finden, zu verstehen, zu bewerten und zu nutzen. So können tragfähige Entscheidungen getroffen werden. Dies schließt auch digitale Gesundheitsinformationen ein. Laut der zweiten Erhebung zur Gesundheitskompetenz in Deutschland (HLS-GER 2) verfügen 76 % der Befragten über eine geringe, 9 % über eine problematische und 66 % über eine unzureichende Gesundheitskompetenz. Mit Abstand am schwersten fällt es den Befragten, die Vertrauenswürdigkeit und Neutralität digitaler Gesundheitsinformationen einzuschätzen. Gerade die Pandemie hat hier Schwachstellen aufgedeckt. Stichwort Fake News. Gleichzeitig hat sich aber auch das digitale Informationsverhalten durch die Pandemie verändert. Digitale Angebote werden zunehmend genutzt. Dies zeigt eine kurz nach Beginn der COVID-19-Pandemie durchgeführte Zusatzbefragung im Rahmen der HLS-GER 2. Der Anteil der niedrigen DGK ist um ca. 5 % zurückgegangen, der Anteil der inadäquaten DGK sogar um fast 9 % – und das in einem kurzen Zeitraum.
Daraus lassen sich drei Schlussfolgerungen ziehen:
  • Wenn digitale Gesundheitsinformationen populärer werden, sind digitale Kanäle in der Gesundheitskommunikation relevant.
  • Die DGK ist jedoch mangelhaft, insbesondere die Bewertung von Gesundheitsinformationen ist schwierig.
  • Die DKG kann positiv beeinflusst werden, und das in kurzer Zeit, wie die Pandemie gezeigt hat.

Kann Pharma die digitale Gesundheitskompetenz stärken?

Ulrike Voigtländer, Senior Manager Patient Advocacy bei Pfizer, Porträt
„Orientierung beginnt damit, die richtigen Fragen zu stellen.“ Ulrike Voigtländer, Senior Manager Patient Advocacy bei Pfizer. © Pfizer

Zurück zur Pharmaindustrie. Viele Unternehmen haben das Problem bereits erkannt und engagieren sich im Bereich Health Literacy. „Aus unseren Projekten mit Patientenorganisationen wissen wir seit vielen Jahren, wie wichtig es ist, die Gesundheitskompetenz der Menschen zu fördern“, sagt Ulrike Voigtländer, Senior Manager Patient Advocacy bei Pfizer. Dazu gehöre auch zu wissen, wo man Hilfe bekommt, welche Therapiemöglichkeiten es gibt oder wie man mit einer Krankheit im Alltag am besten lebt. „Doch angesichts einer immer komplexer werdenden Medizin fällt es vielen Menschen schwer, sich zu informieren und zu orientieren. „Orientierung beginnt damit, die richtigen Fragen zu stellen. Genau deshalb haben wir Patient:innen gefragt, welche Fragen wichtig sind – und entlang dieser Fragen gemeinsam mit Patientenorganisationen und anderen Partnern die Website www.hilfefuermich.de entwickelt“. Die Seite ist ein digitaler Wegweiser für Patient:innen und Angehörige, der den persönlichen Umgang mit Erkrankungen erleichtern kann. Zu zahlreichen Krankheitsbildern, von Krebs über Schlaganfall bis hin zu seltenen Erkrankungen wie Amyloidose, finden sich Fragen und Antworten zu Diagnose, Therapie, Sozialleistungen, Anlaufstellen im Gesundheitssystem und vielem mehr.

Dr. Thomas Grabowy, Senior Manager Patient Advocacy bei Pfizer Porträtfoto
„Unsere Initiative „Ich beim Arzt“ hilft mit einfachen Tipps für eine bessere Arzt-Patienten-Kommunikation.“ Dr. Thomas Grabowy, Senior Manager Patient Advocacy bei Pfizer © Pfizer

Ein weiterer Case setzt beim Arzt-Patienten-Gespräch an. Die Zeit in der Sprechstunde ist meist knapp. Oft gehen Dinge unter. Deshalb hat Pfizer die Website www.ichbeimarzt.de entwickelt.  „Unser Crashkurs für eine bessere Kommunikation wurde in Zusammenarbeit mit Patient:innen entwickelt und auf verschiedene Situationen im Gesundheitssystem zugeschnitten“, erklärt Dr. Thomas Grabowy, Senior Manager Patient Advocacy bei Pfizer.  Das kann das Gespräch in der Arztpraxis, im Krankenhaus oder in der Videosprechstunde sein.

Die relevanten Touchpoints nutzen – Patient Influencer

Laut HLS-GER 2 weisen in Deutschland Menschen aus bildungsfernen und sozial benachteiligten Schichten sowie Menschen im höheren Lebensalter eine besonders geringe DGK auf. Zielgruppengerecht aufbereitete Informationen können hier helfen, Ärztinnen und Ärzte sind ein relevanter Touchpoint. Die Firma MSD zum Beispiel übersetzt wichtige Gesundheitsinformationen zu Diagnosen und Therapien in verschiedene und leichte Sprachen. Menschen mit Migrationserfahrung gehören übrigens nicht zwingend zu den vulnerablen Gruppen in Sachen DGK. Der spezifisch auf Menschen mit ex-sowjetischem und türkischem Migrationshintergrund ausgerichteten HLS-MIG legt nahe, dass diese Bevölkerungsgruppen eine bessere GK und DGK als die Allgemeinbevölkerung aufweisen und digitale Informationsmöglichkeiten intensiver nutzen. Hier, wie insgesamt auch bei den jüngeren Zielgruppen, könnten Patient-Influencer eine interessante Option sein, um Gesundheitsinformationen zielgruppengerecht zu adressieren. Sie bieten die Möglichkeit, Programme zur Patienteninformation und Gesundheitsbildung neu zu konzipieren. Vertrauen spielt hier eine wichtige Rolle. Das Thema Patient Influencer dürfte für Pharma in Zukunft noch relevanter werden.

Fazit

Um die Potenziale der digitalen Transformation im Gesundheitswesen voll ausschöpfen zu können, muss die DGK in der Bevölkerung deutlich gestärkt werden. Ein gesteigertes Engagement liegt also durchaus im Interessenbereich von Pharma. Dies kann auf unterschiedlichen Wegen geschehen: durch Kommunikation, durch Kollaboration – und durch ein noch besseres Verständnis für die zielgruppengerechte Aufbereitung von Gesundheitsinformationen. Hier müssen ggf. alle Touchpoints geprüft und neu bewertet werden.


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