In diesem Interview erfahren Sie:
- Warum Pharmafirmen nachhaltige Business-Modelle brauchen
- Welche Nachhaltigkeitsziele Takeda global und für Deutschland verfolgt
- Welche übergeordneten Herausforderungen Friederike Herrfurth für Pharma sieht
- Wie Takeda sein Engagement nach außen kommuniziert
- Wie das Unternehmen Emissionen entlang der Lieferketten reduziert
- Wie Pharma Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit werden kann
Health Relations: Warum ist es für Pharmafirmen wichtig, Business-Modelle zu entwickeln, die nachhaltig sind?

Friederike Herrfurth: Der Mensch, das Klima und die Umwelt haben einen enormen Einfluss aufeinander: Risiken für die Umwelt stellen häufig auch Risiken für die menschliche Gesundheit dar. Dazu gehören beispielsweise Infektionskrankheiten wie das Dengue-Fieber, die sich durch die Klimaerwärmung immer weiter ausbreiten. Takeda arbeitet engagiert daran, sich solchen Herausforderungen zu stellen. Wir übernehmen Verantwortung für Patient:innen, Menschen und den Planeten, auf dem wir leben.
Auch wenn die Pharmabranche im direkten Vergleich mit anderen Branchen nicht besonders energieintensiv ist, tragen wir in Zeiten des Klimawandels mit knapper werdenden Ressourcen und steigenden Energiepreisen doch eine große Verantwortung. Es ist an jeder und jedem Einzelnen, seinen Beitrag zu leisten – damit meine ich Unternehmen aller Branchen. In Summe haben wir einen großen Einfluss. Die Klimakrise endet nicht an einzelnen Ländergrenzen. Wenn wir also Maßnahmen in der Industrie planen, dann sollten wir sie, gerade als globale Unternehmen, auch weltweit umsetzen.
„Die Klimakrise endet nicht an Ländergrenzen.“
Health Relations: Sie sagen ganz richtig, dass jedes Unternehmen, also auch jede Pharmafirma, Verantwortung tragen muss. Können Sie etwas konkreter werden und sagen, wie Takeda Nachhaltigkeit lebt?
Friederike Herrfurth: Die Umwelt ist eine von vier Verpflichtungen, die Takeda fest in seiner Unternehmensphilosophie verankert hat. Dementsprechend ehrgeizig sind unsere globalen Umwelt-Ziele: Bis 2040 wollen wir unsere Treibhausgasemissionen um 90 Prozent reduziert haben. Wir optimieren unser Wasser- und Abfallmanagement und setzen verstärkt Verpackungen aus Recyclingpapier oder nachhaltiger Forstwirtschaft ein.
Health Relations. Wie sieht es mit Ihren Zielen für Deutschland aus?
Friederike Herrfurth: In Deutschland sind wir seit dem Geschäftsjahr 2020 in unserer kompletten Wertschöpfungskette CO₂-neutral. Bis zum Geschäftsjahr 2025 werden wir unsere Treibhausgasemissionen um 40 % senken und bis zum Jahr 2040 gemäß den globalen Zielen komplett klimaneutral sein. Damit das gelingt, kommt unseren Produktionsstandorten eine besondere Rolle zu.
„Unser Engagement in diesem Bereich ist ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeitgebermarke“
Health Relations: Wie kommunizieren Sie Ihr Engagement für Nachhaltigkeit nach außen?
Friederike Herrfurth: Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Thema unserer Unternehmenskommunikation – auch weil unser Engagement in diesem Bereich ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeitgebermarke ist. Jungen Menschen ist ein verantwortungsvoller Arbeitgeber wichtig. Wir kommunizieren über unsere Webseiten, unser Presseportal und die Social-Media-Kanäle. Takeda in Singen beispielsweise bindet Mitarbeitende mit standortweiten Aktionen zu Nachhaltigkeitsthemen ein und hat dafür eine Nachhaltigkeitsgruppe gegründet.
Unser Produktionsstandort dort ist aktuell für den Umweltpreis für Unternehmen des Bundeslandes Baden-Württemberg nominiert – die Preisverleihung ist am 1. Dezember. Es ehrt uns, dass unsere umweltorientierte Unternehmensführung nun auch von staatlicher Seite aus gewürdigt wird. Und wenn wir gewinnen, erhoffen wir uns davon auch mediale Sichtbarkeit.
Health Relations: Sie sprachen davon, dass junge Menschen von Ihren Arbeitgebern erwarten, dass auch diese für Nachhaltigkeit einsetzen. Erleben Sie das auch in Bezug auf Ihre Kund:innen?
Friederike Herrfurth: Die Gesellschaft ist insgesamt sehr sensibel geworden, was Nachhaltigkeit angeht. Nach einer Deloitte-Studie haben 42 Prozent der befragten Millennials Kaufentscheidungen auf Basis von Nachhaltigkeitsaspekten getroffen. Wir spüren das im Gespräch mit Patientinnen und Patienten, mit HCPs oder Verbänden. Der Ruf nach mehr Nachhaltigkeit ist allgegenwärtig. Das allein ist aber nicht das Argument für nachhaltiges Wirtschaften. Nur wer jetzt die richtigen Weichen stellt, wird am Markt dauerhaft konkurrenzfähig bleiben.
Health Relations: Kommen wir noch einmal darauf zurück, wie Takeda Emissionen reduziert. Erfahrungsgemäß entstehen besonders viele Emissionen im Bereich Scope 3, also entlang der Lieferketten. Was tun Sie an dieser Stelle, um Ihren CO₂-Fußabdruck zu reduzieren?
Friederike Herrfurth: Bis 2040 will Takeda CO₂-emissionsfrei entlang der pharmazeutischen Wertschöpfungskette arbeiten und die Lieferantenemissionen um 50 Prozent reduzieren. Bereits seit 2020 sind wir CO₂-neutral. Einer der Wege, wie Takeda diesen Meilenstein erreicht hat, ist die Investition in mehr als 30 Projekte für erneuerbare Energien und CO₂-Ausgleich in zwölf Ländern. Diese Projekte unterstützen die Nutzung von Wind- und Solarenergie, die Verfügbarkeit von sauberem Wasser, den Schutz der Wälder und die Erhaltung der Artenvielfalt.
„Bis 2040 will Takeda CO₂-emissionsfrei entlang der pharmazeutischen Wertschöpfungskette arbeiten.“
Health Relations: Wie können Pharmafirmen Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit werden?
Friederike Herrfurth: Indem sie ihre Möglichkeiten nutzen. Und die sind gewaltig. Man denke nur an die Medikamentenverpackungen. Milliarden von Kartons und Blistern Jahr für Jahr. In Singen haben wir die Faltschachteln für unser Medikament Pantoprazol, das Hauptprodukt am Standort, auf Faltschachteln aus Recyclingpapier umgestellt. Dadurch sparen wir jedes Jahr 87 Tonnen Frischfaserpapier und beziehen stattdessen Papier aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Die Pharmabranche kennt ihre Produkte und den Herstellungsprozess sehr genau. Jedes Unternehmen ist selbst in der Verantwortung, Prozesse zu hinterfragen, neu zu denken und zu optimieren. So sehen wir das bei Takeda.
Scope-1-Emissionen sind Emissionen, deren Ursache direkt bei einem Unternehmen liegen oder von ihm kontrolliert werden. Dazu gehören etwa Emissionen aus Energieträgern am Firmen-Standort, wie Erdgas und Brennstoffe, Kühlmittel, sowie Emissionen durch den Betrieb von Heizkesseln und Öfen, die vom Unternehmen verantwortet oder kontrolliert werden. Unter Scope 1 fallen auch Emissionen des eigenen Fuhrparks (z. B. Autos, Lieferwagen, Lkw, Helikopter für Krankenhäuser).
Scope 2 – indirekte Emissionen aus eingekaufter Energie
Scope 2-Emissionen gehören zu einer der größten Quellen der weltweiten Treibhausgas-Emissionen. Zu dieser Art Emissionen werden indirekte Treibhausgas-Emissionen aus eingekaufter Energie, wie Strom, Wasserdampf, Fernwärme oder -kälte, die außerhalb des Unternehmens erzeugt, aber vom Unternehmen selbst verbraucht werden.
Scope 3 – indirekte Emissionen innerhalb der Wertschöpfungskette
Unter Scope 3 fasst man alle indirekten Emissionen zusammen, die entlang der Wertschöpfungskette entstehen. Für eine eindeutige Unterscheidung zwischen Scope 2 und Scope 3, beschreibt die US Enviromental Protection Agency (EPA) Scope 3-Emissionen als „das Ergebnis von Aktivitäten aus Anlagen, die nicht im Besitz Ihres Unternehmens sind oder von ihm kontrolliert werden, aber Ihr Unternehmen diese Aktivitäten innerhalb der eigenen Wertschöpfungskette unmittelbar beeinflusst.“
Eine Nachhaltigkeitspolitik in Unternehmen beschreibt das Engagement des Unternehmens, langfristig wirtschaftlich erfolgreich zu sein und gleichzeitig die sozialen und ökologischen Auswirkungen seiner Tätigkeiten zu minimieren. Eine Nachhaltigkeitspolitik kann auf verschiedene Arten formuliert werden und kann verschiedene Ziele und Maßnahmen umfassen, je nachdem, welche Prioritäten das Unternehmen setzt.