The Healthonauts: „Wir sehen bei Rare Diseases Bedarf an sehr individueller strategischer Beratung“
Anfang Januar gründeten Dr. Natalie Koster und Dr. Carsten von Blohn mit "The Healthonauts" ein Beratungsunternehmen, das sich auf Rare Diseases, Specialty Medicine und Biotech konzentriert. Im Interview sprechen sie über Zukunftspläne und verraten, was sie zur Gründung motiviert hat.
Natalie Koster:Wir sind ein Beratungsunternehmen, das sich besonders auf den Bedarf kleinerer Unternehmen oder Business Units eingestellt hat. Wir stehen also bewusst nicht im Wettbewerb mit klassischen Healthcare-Agenturen und bieten auch keine Kreativleistungen wie z. B. Kampagnenentwicklungen an. Gerade Rare-Disease-Unternehmen haben oft nur eines oder einige wenige Präparate und sind hoch spezialisiert auf sehr kleine Patienten- und HCP-Gruppen. Wir sehen hier einen Bedarf an sehr individueller strategischer Beratung und Marketingplanung, die ein besonderes Know-how benötigt und auf die sowohl Unternehmen als auch Agenturen bei uns zurückgreifen können.
Health Relations: Healthonauts plant, Dienstleistungen wie Interim-Vermittlung, Consulting und Multichannel-Marketinglösungen anzubieten. Was sind aktuell die größten Herausforderungen hierbei im Deutschen Markt?Carsten von Blohn: Bei schon in Deutschland etablierten Unternehmen haben wir bereits seit einigen Jahren die Situation, dass Headcount auf Unternehmensseite und die Aufgabenfülle gegenläufig sind – oder anders gesagt, immer weniger Mitarbeiter übernehmen immer mehr und diversifizierte Aufgaben. Auch dauert es mittlerweile immer länger, bis Vakanzen adäquat besetzt werden können. Rare-Disease-Unternehmen, die sich gerade erst in Deutschland gründen, zögern gelegentlich im Umfeld der Zulassung die Festeinstellung von Mitarbeitern hinaus. Hier ist oft ein erfahrener Interim-Manager oder ein aufeinander eingespieltes Team eine gute Lösung, damit Unternehmen trotzdem handlungsfähig bleiben. Besonders in Launchphasen ist das ein großes Thema.
Natalie Koster:Im Bereich Multichannel-Marketing stehen Unternehmen vor der Herausforderung, traditionelle und neue Kanäle für Betroffene und HCPs adäquat zu bespielen und gleichzeitig budgeteffizient zu sein. Da kommt es gerade im Rare-Disease-Bereich auf eine gute Planung an – manchmal ist weniger tatsächlich mehr.
Health Relations: Wie ist die Gründungsidee eigentlich entstanden und weshalb ergänzen Sie sich in Ihren jeweiligen Aufgaben gut?Natalie Koster:Carsten von Blohn und ich kennen uns seit etwa 20 Jahren und sind uns im Laufe unserer jeweiligen Karrieren immer wieder begegnet – Carsten auf Kundenseite z. B. bei Wyeth oder Merck und ich auf Agenturseite. Wir haben jedes Mal festgestellt, dass wir eine ähnliche strategische Denke haben, aber komplementäre Kompetenzprofile. Das fanden wir so spannend, dass daraus der Gedanke an eine gemeinsame Gründung entstanden ist.
Carsten von Blohn: Unsere Motivation war, für diesen sehr speziellen Markt das Beste aus zwei Welten in einem Unternehmen anbieten zu können – meine Expertise aus der Pharma- und Biotech-Industrie sowie aus 10 Jahren Tätigkeit als Consultant im Netzwerk der Healthcare Shapers, Interim-Manager und Interim-Vermittler und die Erfahrung von Natalie Koster aus der Agenturwelt. Das ist meines Wissens in dieser Kombination einzigartig in der deutschen Beratungslandschaft. Außerdem sind wir beide ziemlich pragmatische Menschen, die den Anspruch haben, hands-on zu arbeiten und Ergebnisse in hoher Qualität abzuliefern. Das hat von Anfang an gepasst.
Health Relations: Mit den Themen Rare Diseases und Specialty Medicine covern Sie Bereiche, die eine große Spezialkenntnis und ein tiefes Detailwissen erfordern. Reizt Sie die Komplexität Ihrer Aufgabe?
Natalie Koster: Komplexe Probleme zu analysieren und beherrschbar zu machen, fand ich immer reizvoll und spannend. Der eigentliche Antrieb, sich mit Rare Diseases zu beschäftigen, ist aber ein anderer: Hier ist fast jede Indikation echtes Neuland. Für Betroffene ist es lebensverändernd, wenn ihre Symptome endlich „einen Namen bekommen“ und es womöglich sogar eine Linderung oder Heilung gibt.
Carsten von Blohn:Auf dem Weg dorthin gibt es tatsächlich komplexe Aufgaben zu bewältigen – ein Beispiel dafür: Wie findet man die betroffenen Patienten? Je diffuser die Symptomatik, desto komplizierter ist das; und fast für jede Indikation müssen individuelle Wege und Lösungen gefunden werden. Andererseits kann man Erfahrungen aus dem Launch eines Orphan Products auf andere Launches übertragen – nach gut 10 Launches erkennt man Muster, die sich replizieren lassen.
Um auf Ihre Ausgangsfrage zurückzukommen: Komplexität schreckt uns nicht ab, sie spornt uns an.
Health Relations: Herr von Blohn, Sie waren u.a. bei GlaxoWellcome, Wyeth und Abbott tätig. Frau Koster, Sie kennen das Agentur-Business aus jahrelanger Erfahrung, zuletzt waren Sie Geschäftsführerin von Medperion Services. Gibt es Dinge, die Sie ganz anders machen möchten, als Sie es bislang in Ihren früheren Positionen gewohnt waren?Natalie Koster: Das lässt sich schon aufgrund der Unternehmensgröße schwer vergleichen – wir sind ja wirklich eine kleine Beratung mit vier Mitarbeitern, uns eingeschlossen. Ganz anders ist unser Ansatz, Industrie- und Agenturperspektive miteinander zu verbinden.
Carsten von Blohn: Ich war die letzten 10 Jahre als One-Man-Show im Bereich Interim und Consulting unterwegs und habe deutsche Affiliates quasi von null aufgebaut. Für mich ist besonders reizvoll, jetzt eine Sparringspartnerin für gemeinsame unternehmerische Entscheidungen zu haben und das bisherige Angebotsspektrum kompetent zu erweitern.
Health Relations: Eine Unternehmensgründung bietet sicher einen großen gestalterischen Freiraum, doch erfordert auch, eine Menge Entscheidungen zu treffen. Sind Sie entscheidungsfreudig?Carsten von Blohn:Ja, zum Glück sind wir das beide. Die wichtigen Entscheidungen standen sehr klar und sehr schnell.
Health Relations: Bei welcher Entscheidung bestand denn direkt Einigkeit?Natalie Koster:Über den Fokus auf Interim, Consulting und Multichannel. Und der Unternehmensname hat auch nicht lange gebraucht.
Health Relations: Und worüber haben Sie am längsten diskutiert?Natalie Koster:Ich glaube, über die Visitenkarten.
Health Relations: Welche Ziele haben Sie sich für Ihr erstes Jahr gesteckt?Natalie Koster:Wir sind mit zwei Kunden ins Jahr gestartet und wollen bis zum zweiten Halbjahr weitere Kunden von unserem Portfolio überzeugen. Und natürlich als Experten für Rare-Disease-Strategien bekannter werden.
Carsten von Blohn:Ansonsten wollen wir organisch wachsen – so, dass wir unsere Projekte mit hoher Qualität und Spaß an der Sache abliefern können.
Health Relations: Sie haben sich bei Ihrem Unternehmen für ein komplettes Remote-Modell entschieden. Welche Vorteile bietet das – z.B. bei der Mitarbeitersuche? Suchen Sie noch Verstärkung?Carsten von Blohn: Das Remote-Modell ist keine bewusste Entscheidung, sondern einfach der Tatsache geschuldet, dass wir beide und auch unsere beiden Mitarbeiterinnen in ganz unterschiedlichen Ecken Deutschlands wohnen. Momentan suchen wir tatsächlich noch eine/n weitere/n Consultant und eine/n Werkstudenten/in als Verstärkung für unsere neuen Projekte.
Health Relations: Seit wenigen Wochen ist mit "The Healthonauts" ein neues Unternehmen im Orbit der Healthcare-Beratungen unterwegs. Wie positioniert sich Ihr Unternehmen?