Das Healthcare-Startup Medudy verspricht Medizinerinnen und Medizinern wissenschaftlich fundierte Fortbildung in praktischen Kurzvideos. Gründer und CEO Felix Stockmar erklärt, wieso die Inhalte von KI-Avataren präsentiert werden und wie das Konzept ankommt.

Auf den ersten Blick wirkt es wie ein ganz normales Video: Ein Facharzt spricht in die Kamera; in dem 3-Minuten-Format stellt er aktuelle Studien aus seinem Fachgebiet vor und fasst die wichtigsten Erkenntnisse für seine Arztkolleginnen und -kollegen zusammen.

Doch bereits in den ersten Sekunden stellt der Facharzt im Video klar: Er ist ein Avatar, erzeugt durch Künstliche Intelligenz (KI). Zu sehen ist dort also das digitale Abbild des echten Arztes. Der echte Mensch hat dem Avatar nicht nur sein Aussehen und seine Stimme geliehen, sondern gibt mit dessen Hilfe auch seine Expertise weiter.

Microlearning: Fortbildung in kurzen aktuellen Videoeinheiten

Hinter diesem Konzept steckt Medudy. 2022 gegründet, ist das Healthcare-Startup auf „Microlearning“ für Ärztinnen und Ärzte spezialisiert: Auf der Medudy-Plattform finden Medizinerinnen und Mediziner aktuelle und fachlich relevante Videos von wenigen Minuten Länge, in denen sie sich schnell neues Wissen aus ihrem Gebiet aneignen können. Abgedeckt werden derzeit 15 Fachbereiche, darunter Onkologie, Kardiologie, Diabetologie, Gynäkologie und Urologie. Mehr als 200 Videos gibt es heute bereits auf der Plattform, pro Monat kommen rund 20 neue dazu.

„Die digitale Aufmerksamkeitsspanne vieler Menschen ist nicht so hoch.“

Warum Medudy auf dieses Format setzt, erklärt Gründer und CEO Felix Stockmar. Ihm zufolge ist die Akzeptanz für digitale Fort- und Weiterbildungen in den vergangenen Jahren stark gestiegen, getrieben, insbesondere durch die Corona-Pandemie. „Im Gesundheitswesen allerdings hat man sich erst mal stark an Präsenzveranstaltungen orientiert und versucht, analoge Formate in die digitale Welt zu heben. Es gab zum Beispiel viele Webinare von 60 bis 90 Minuten. Doch diese Formate funktionieren didaktisch oft nicht, weil die digitale Aufmerksamkeitsspanne vieler Menschen nicht so hoch ist.“ Stattdessen setzen Stockmar und seine zwei Mitgründer auf kurze Videos, die Inhalte schnell, aktuell und verständlich auf den Punkt bringen.

KI-Avatare ermöglichen Aktualität und Vielsprachigkeit

Doch wie kam die KI ins Spiel? Seine Lernvideos produzierte Medudy zunächst mit echten Menschen vor echten Kameras. Doch damit stieß das heute 15-köpfige Team schnell an eine Herausforderung: Aktualität ist für Medudy extrem wichtig, doch die Halbwertszeit der Inhalte teilweise recht kurz. „Wir wollen eine Plattform ohne Karteileichen haben, in der die Inhalte immer den neuesten Stand der Forschung widerspiegeln“, erzählt Stockmar. „Das lässt sich mit KI-Avataren viel einfacher umsetzen als mit menschlichen Expertinnen und Experten. Faktoren wie die Terminvereinbarung oder die Dreharbeiten entfallen damit komplett. Stattdessen haben wir sogar die Möglichkeit, bestehende Videos zu aktualisieren, wenn zum Beispiel eine Studie neue Erkenntnisse bringt.“

KI-Inhalte lassen sich also einfacher und mit weniger Zeitaufwand aktuell halten. Hinzu kommt: Die Avatare können Informationen in verschiedenen Sprachen vermitteln. Bei Medudy gibt es alle Videos auf Deutsch und Englisch. Grundsätzlich ist die Produktion in 60 verschiedenen Sprachen möglich.

„Die Experten freuen sich, ihr Wissen ohne großen Zeitaufwand weitergeben zu können.“

Medudy arbeitet dafür mit echten Medizinerinnen und Medizinern zusammen, die als Themenpaten für ihr Fachgebiet bestimmte Inhalte präsentieren. Sie werden als Avatar „nachgebaut“, behalten aber die volle Hoheit über die Inhalte. Die angefragten Expertinnen und Experten stehen diesem Konzept sehr offen gegenüber, berichtet Stockmar: „Sie finden das Konzept innovativ und freuen sich, ihr Wissen ohne großen Zeitaufwand weitergeben zu können.“ Gleiches gilt für die Nutzerinnen und Nutzer: Auch bei ihnen kommt das KI-Konzept dem CEO zufolge prima an.

Screenshot Medudy
Bei Medudy präsentieren KI-Avatare von echten Ärzten die Inhalte. In diesem Fall: der Avatar von Prof. Dr. Fabian Trillsch, der die Highlights eines Kongresses vorstellt.
Medudy

Videoproduktion in wenigen Stunden bis Tagen

In der Praxis funktioniert die Videoproduktion folgendermaßen: Das Healthcare-Startup hat eine eigene medizinische Redaktion. Kommt ein neues Thema auf, legen die Medical Writer los: Sie generieren ein Skript, schicken es zur inhaltlichen Überprüfung und Freigabe an den jeweiligen Experten, integrieren dessen Feedback und setzen das Video mithilfe Künstlicher Intelligenz um. Das geht schnell: „Wir sprechen hier von Stunden oder je nach Thema von ein, zwei Tagen“, sagt der Medudy-CEO.

Die Videos dauern in der Regel wenige Minuten: Eine Länge von fünf bis sechs Minuten hat sich laut Stockmar besonders bewährt. In diesem Zeitfenster ließen sich Inhalte in einem gewissen Tiefgang vermitteln. Danach gehe es mit der Aufmerksamkeitsspanne der Konsumentinnen und Konsumenten bergab. Mit seinen Inhalten erreicht Medudy nach eigenen Angaben eine Kurs-Abschlussrate von 78 Prozent: So viele Menschen schauen die Videos also bis zum Ende durch.

„Bei uns sollen sich die Ärztinnen und Ärzte über aktuelle Themen schnell auf Stand bringen können.“

Mit seinen Angeboten richtet sich das Start-up ausschließlich an Ärztinnen und Ärzte; diese müssen zur Verifizierung ihre EFN-Nummer eingeben. Ein geringer Teil der Fortbildungen auf der Plattform ist CME-zertifiziert, meist handelt es sich dabei um kleine Serien von Kurzvideos, die inhaltlich aufeinander aufbauen. Doch der Fokus von Medudy liegt woanders: „Bei uns sollen sich die Ärztinnen und Ärzte über aktuelle Themen schnell auf Stand bringen können. Wenn eine neue Leitlinie herauskommt, dann können sie entweder die 300 Seiten durcharbeiten oder sie informieren sich schnell bei uns“, so Stockmar weiter.

Kooperationen mit Pharma

218.000 Ärztinnen und Ärzte erreicht Medudy nach eigenen Angaben mit seinen Inhalten: über die Plattform selbst, über fachbereichsspezifische Newsletter oder Partnerschaften mit Fachgesellschaften, Verlagen, Laboren oder Stiftungen. Mit der Stiftung Gesundheit gemeinsam hat Medudy zum Beispiel einen Newsletter namens „Studienmonitor“, in denen regelmäßig Studien-Updates im Videoformat versandt werden.

Auch mit Pharmaunternehmen arbeitet Medudy zusammen. Die Kooperationen bestehen in der Regel aus drei Bausteinen: Erstens produziert das Healthcare-Start-up Inhalte zu den Fokusgebieten des Unternehmens, lädt diese zweitens auf seine Plattform hoch, wo die Pharma-Partner einen eigenen Videokanal erhalten, und distribuiert die Inhalte drittens in die eigenen Kanäle. „Wir arbeiten extrem datengetrieben. Dadurch können wir die Videos sehr gezielt an die passende Zielgruppe ausspielen und ihre Wirksamkeit messen“, so Stockmar. Wichtig: Alle Inhalte müssen produktneutral sein. Medudys Anspruch ist es, stets wissenschaftlich fundierte Inhalte anzubieten.

Wohin geht die Reise? Aktuell erwägt Medudy eine Ausweitung seiner Formate, erzählt Stockmar abschließend: „Im Moment prüfen wir, ob wir die Inhalte auch in Form von Podcasts zur Verfügung stellen können. Dann könnten unsere Nutzerinnen und Nutzer sich noch einfacher in der Bahn oder auf dem Weg zur Arbeit fortbilden.“

FAQ – Microlearning mit KI-Avataren

Was versteht man unter Microlearning in der ärztlichen Fortbildung?
Microlearning bezeichnet kurze, fokussierte Lerneinheiten – meist in Form von Videos von wenigen Minuten Länge. Diese vermitteln Ärztinnen und Ärzten aktuelles Fachwissen kompakt und praxisnah, um die Fortbildung effizient in den Berufsalltag zu integrieren.

Welche Vorteile bieten KI-Avatare bei der Erstellung von Fortbildungsvideos für Mediziner?
KI-Avatare ermöglichen eine schnelle und flexible Aktualisierung von Inhalten, ohne aufwendige Dreharbeiten oder Terminabstimmungen. Zudem können die Videos leicht in verschiedene Sprachen übersetzt werden, was die Verbreitung und Zugänglichkeit erhöht.

Wie werden die Inhalte für KI-gestützte Fortbildungsvideos erstellt?
Die Inhalte werden von medizinischen Redaktionen und Fachexperten erarbeitet. Nach der Erstellung eines Skripts und der Freigabe durch die Experten wird das Video mithilfe von KI-Technologie produziert. So entstehen aktuelle, wissenschaftlich fundierte Lerneinheiten in kurzer Zeit.

Für welche Fachbereiche eignet sich das Microlearning-Konzept in der Medizin?
Microlearning kann in nahezu allen medizinischen Fachbereichen eingesetzt werden, z. B. in Onkologie, Kardiologie, Diabetologie, Gynäkologie oder Urologie. Besonders geeignet ist es für Themen, bei denen schnelle Wissensaktualisierungen wichtig sind, wie neue Studien oder Leitlinien.

Wie hoch ist die Akzeptanz von KI-Avataren bei Ärztinnen und Ärzten?
Die Akzeptanz ist hoch: Viele Medizinerinnen und Mediziner schätzen die Möglichkeit, sich zeit- und ortsunabhängig fortzubilden. Die kurzen, prägnanten Formate kommen der begrenzten Aufmerksamkeitsspanne im digitalen Raum entgegen und ermöglichen eine hohe Abschlussrate der Kurse.