Kreativität benötigt Raum, Zeit und Kooperation. Pitches hingegen bremsen den gemeinsamen Prozess. Für Karsten Rzepka, Gründer und Geschäftsführer der Healthcare-Agentur PEIX und Mitglied des COMPRIX-Beirats, lebt der Ideenprozess vom persönlichen Miteinander – im Team, mit Ärzten, Patienten und dem Kunden. So entstehen Kampagnen, die medizinische Themen greifbar machen und aus der Masse herausragen.

Kreativität ist eine Teamleistung

Kreative Inspiration findet Karsten Rzepka überall. Er schaut Filme, stöbert auf Websites internationaler Design-Agenturen und erfreut sich beim Streifzug durch Berlins Straßen an pointiert getexteten Plakaten. Gemeinsam mit seinem Team besucht er lokale Kreativfestivals. Denn Kreativität ist für ihn keine Einzelleistung. Sie entsteht in der Zusammenarbeit, im Austausch. Und sie ist kein Monopol „Das ist ein weit verbreiteter Irrtum.“


Ein Logo für den Pandemie-Hub der WHO

Ein Beispiel für diese kreative Dynamik ist ein Projekt, das seine Agentur vor einigen Jahren für die Weltgesundheitsorganisation betreute. Die WHO plante die Gründung eines Pandemie-Hubs in Berlin, ein Frühwarnsystem für globale Gesundheitskrisen. Ursprünglich sollte PEIX ein Erscheinungsbild samt Logo entwickeln. „Das war eine ganz und gar komplizierte Aufgabe“, erinnert sich Rzepka. Die zündende Idee kam durch einen spontanen Austausch im Team. „Ein Kollege hatte ein System aus beweglichen Punkten entwickelt, die immer wieder neue Formen bildeten. Ein anderer, mit naturwissenschaftlichem Hintergrund, sah das und sagte: „Das erinnert mich an Schwarmintelligenz.“ So entstand ein dynamisches Design, das den Kunden überzeugte. „Und ihm auch ein einfaches, emotionales Sinnbild für das Prinzip des Hubs gab“, ergänzt Rzepka. Ohne das persönliche Zusammenkommen von zwei Menschen, wäre diese kreative Idee nicht entstanden, davon ist er überzeugt. „Menschen müssen sich persönlich begegnen, deswegen bin ich ein leidenschaftlicher Verfechter von Präsenz im Büro.“


Lieber Workshop als Pitch

Kreative Prozesse brauchen aus seiner Sicht Zeit für Gespräche abseits des Projektplans und Freiheit für spielerisches Denken. Gute Ideen entstehen selten auf Knopfdruck, wenn eine Deadline drängt. Genauso wichtig ist die Zeit zur Reflexion. Dazu gehört auch, Pitches nachzubesprechen, um zu sehen, was gut lief oder was beim nächsten Mal verbessert werden kann. Fehler machen zu dürfen, ist ein wesentlicher Teil des freien kreativen Arbeitens.

So sehr er kreative Freiheit schätzt, so wenig hält Rzepka von Pitches. Sie sind für ihn häufig eine große Verschwendung von Zeit und Kreativität – und das auf Agentur und Kundenseite. „Es gibt das Briefing, danach ein Rebriefing und vielleicht noch einen Schulterblick. Danach und dazwischen findet der Prozess ohne Austausch mit den Kunden statt. Und ja, das gelingt zum Glück dennoch recht oft. Viel effizienter wäre es aber, in einem Workshop mit dem Kunden zu starten, gemeinsam erste Schritte zur Lösung der Aufgabe zu erarbeiten.“ Kreativität funktioniert für ihn am besten als gemeinsamer Prozess in enger Zusammenarbeit zwischen Kunde und Agentur. Kollaboration statt Top-Down-Briefing.

Echte Begegnungen mit Ärzten und Patienten

Wie kann dieser Prozess aussehen? Idealerweise hat die Agentur ausreichend Begegnungen mit Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzten oder auch dem Außendienst des Unternehmens. Es genügt nicht, wenn die Agentur ausschließlich über den Produktmanager erfährt, welche Bedürfnisse die Zielgruppe hat, sie muss sie selbst herausarbeiten. Denn nur so lässt sich vermeiden, was in der Werberealität allzu oft passiert: Kampagnen mit austauschbaren, surreal anmutenden Bilderwelten, die nicht überzeugen. Rzepka möchte Inhalte zeigen, die mit der Wirklichkeit zu tun haben. So entstand in seiner Agentur zum Beispiel die Kampagne „_remixed by MS“, bei der eine an Multipler Sklerose erkrankte Musikerin für andere Patienten Songs komponierte – ein glaubwürdiger, emotionaler Zugang, der nicht aus einem klassischen Briefing heraus hätte entstehen können.

Um Informationen „aus erster Hand“ zu erhalten, ist ein gutes Netzwerk hilfreich. Junge und erfahrene Agenturmitarbeitende bringen Kontakte in die Zielgruppen mit. Manche Beziehungen bestehen schon seit vielen Jahren und sind nützlich, wenn es darum geht, Ärzte oder Patienten in den Kreativprozess mit einzubinden. Schließlich steht und fällt damit die Glaubwürdigkeit einer Kampagne.

Comprix Logo für Kasten
© COMPRIX

COMPRIX: Deutschlands Award für exzellente Kreativität in Healthcare

Am 12. Juni 2026 werden in Köln die im deutschsprachigen Raum wichtigsten Awards für hervorragende Healthcare-Kampagnen verliehen. Am 3. November 2025 beginnt die Einreichungsphase für den Award und endet im Februar 2026. Ausgezeichnet werden die Agenturen und ihre Auftraggeber für die besten und kreativsten Werbemittel und Kampagnen, Anzeigen, Radio- und TV-Spots, Online-, Multimedia- und anderen Kommunikationsmaßnahmen. Der Preis für kreative Healthcare-Kommunikation wird vom COMPRIX-Beirat ausgerichtet, dem auch der Deutsche Ärzteverlag angehört.


Glaubwürdigkeit als Fundament

Glaubwürdigkeit ist für ihn das Fundament in der Kommunikation. Im Healthcare-Marketing geht es nie nur um Marken, es geht immer auch um Menschen. Um Krankheiten, Ängste, Wissen und Aufklärung. Zugleich macht genau das den Job für ihn interessant. Eine Kampagne für einen Softdrink oder ein neues Automodell zu entwickeln, würde ihn persönlich nicht reizen. „Healthcare-Kommunikation verlangt glaubwürdige Geschichten, emotionale Tiefe und Verantwortung. Es ist in jedem Fall anspruchsvoll, das genau das macht auch den Reiz aus an dem, was wir machen. Ich persönlich finde das sehr befriedigend.“

Eine einzelne Kampagne zahlt im besten Fall auf eine übergeordnete Markengeschichte ein, ist klar erkennbar und konsistent erzählt. Im Consumer-Bereich gelingt das beispielsweise Marken wie Sixt oder Fritz-Kola, die über Jahre hinweg eine wiedererkennbare Markengeschichte aufgebaut haben. Dieses Prinzip funktioniert im Healthcare-Marketing, wenn Unternehmen bereit sind, eine Haltung einzunehmen. Wer weiß, wofür er steht, und sich als forschendes Pharmaunternehmen bewusst positioniert, kommuniziert automatisch glaubwürdiger.

Ärztinnen und Ärzte erwarten fachlich fundierte Informationen. „Je herausfordernder das Problem, desto mehr stechen die Fakten.“ Gerade bei kritischen Themen, etwa in der Onkologie, stehen Fakten an erster Stelle, die fachliche Evidenz ist unverzichtbar. Doch auch hier gilt: Wie die Botschaft vermittelt wird, entscheidet über ihre Wirkung. „Es gibt Kampagnen, die so peinlich sind, dass ich mich als Arzt in meinem Intellekt beleidigt fühlen würde“, sagt der Agenturgründer. Eine emotionale Ansprache ist in der Healthcare-Kommunikation erlaubt, aber sie muss auf einem echten Verständnis basieren und darf nicht banal wirken.

Kampagnenideen nicht zu Tode testen

Karsten Rzepka wünscht sich mehr Mut von Kunden. „Erzählt eure Geschichte und testet sie nicht zu Tode – es sei denn, ihr seid sicher, dass das Echo so vernichtend wird, dass es euch um die Ohren fliegt. Aber wenn sie einfach nur manchen nicht gefällt, ist das nicht schlimm.“ Vorausgesetzt, zuvor wurden die Bedürfnisse der Zielgruppe durch genaues Hinhören verstanden. Eine gute Kreation setzt eine gute Strategie voraus. Und die beginnt damit, die Zielgruppe wirklich zu kennen. „Wer versucht, jede mögliche Reaktion vorab auszutesten, riskiert, am Ende eine glattgebügelte Botschaft zu senden, die niemandem mehr weh tut – aber auch niemanden mehr erreicht.“