Data Storytelling: Daten erzählen Geschichten

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© Artur/ Adobe Stock
Storytelling und Data sind populäre Schlagwörter im Pharmamarketing. Zusammen bilden sie ein echtes Dream-Team. Data Storytelling: was es ist und wie es funktioniert.

Analytics + Storytelling = Influence. So lautet die Gleichung, die der Autor Sam Knowles in seinem Buch „Narrative by Numbers“ aufstellt. In seinem Ratgeber erklärt er, warum evidenzbasierte, sprich data driven Storys in der Kommunikation relevant sind und wie man diese umsetzt. Seine Ausführungen sind auch für die Pharmamarketing-Branche interessant. Denn diese arbeitet quasi generisch mit Daten, Zahlen, mit Studien und Erhebungen. Die Herausforderung war und ist es, diese zu übersetzen und /oder ansprechend aufzubereiten – für den Patienten und für Healthcare Professionals. Data Storytelling kann helfen, abstraktes Zahlenwerk verständlich zu machen.

Was ist Data Storytelling?

Data Storytelling oder auch Data Visualization meint die grafische Aufbereitung von Zahlen, Daten und numerischen Fakten. Der Vorteil: Informationen und  Zusammenhänge lassen sich so schneller erfassen. Dabei reicht es allerdings nicht, simple Infografiken nur um der Zahlen willen zu erstellen. Data Storytelling erzählt eine Geschichte, schafft einen Kontext und ordnet die Daten in diesen ein. Es geht also nicht um die Daten selber, diese sind der Message untergeordnet. Ähnlich arbeitet auch der Datenjournalismus. Er transformiert Daten in für den Leser oder die Leserin verständliche, visuelle Storys. Themen wie der Klimawandel oder die Corona-Krise haben ihm in den letzten Monaten eine neue Relevanz verliehen. Nicht umsonst gibt es jetzt auch die Position des Data Journalists, wie in diesem Video „Hinter den Kulissen der Zeit“  zu sehen ist.

Data Storytelling: Warum gewinnt es an Relevanz?

Thilo Kölzer, CEO bei antwerpes, für Who's Who der Healthcare Branche auf Health Relations
„Data is taking over.“ Thilo Kölzer, CEO bei antwerpes, über die Relevanz von Data Storytelling im Pharmamarketing. © antwerpes

In Zeiten von Desinformation, Contentüberfluss und zunehmender Contentermüdung sind Informationsvermittler, seien es Medien oder auch Unternehmen selber, immer mehr gefordert, ihren Content verständlich und zielgruppenorientiert zu präsentieren. Untersuchungen zur Mediennutzung wie beispielsweise die ARD/ZDF-Onlinestudie, unterstützen diese These. Demnach nutzten die Befragten 2020 durchschnittlich 17 Minuten täglich zum Konsum von digitalen Texten, 2019 waren es immerhin noch 25 Minuten. Die Bereitschaft des Konsumenten, sich Informationen in Form von langen Texten zu erarbeiten, sinkt. Dabei zeigt sich immer deutlicher, beispielsweise bei der aktuellen Diskussionen über die COVID-19 Impfung, welchen hohen Stellenwert verlässliche Daten in der Kommunikation haben können. „Data is taking over“, konstatiert Thilo Kölzer, CEO der antwerpes ag. „Ich denke, das wird uns allen im Alltag immer bewusster. Überall werden Daten gesammelt, aggregiert, analysiert und interpretiert.“

Daten sprechen eine klare Sprache. Evidenzbasierte Kommunikation schafft Vertrauen. Beim Patienten und der Patientin, beim Arzt und der Ärztin. Sie unterstützt HCPs  bei der Informationsvermittlung und im Patient:innen-Dialog. Auch Studienergebnisse lassen sich mithilfe von Data Storytelling ansprechend für den Arzt oder die Ärztin aufbereiten. „Wir denken bei Daten zunächst mal an Graphen, Balkendiagramme, X- und Y-Achsen usw.“, so Thilo Kölzer.  Eine richtige Spannung will dabei nicht aufkommen, da die puren Daten zu abstrakt sind. Wenn das Ganze aber mit starken Bildern, Menschen oder Situationen verknüpft wird, kann eine sehr ‚mächtige‘ und überzeugende Story dabei herauskommen.“

Data Storytelling: Welche Daten nutze ich?

Damit Daten eine Geschichte erzählen können, muss zu Beginn aber erst einmal feststehen, welche Geschichte es denn sein und vor allem, wen diese interessieren soll.  „Data Analytics geben Informationen, aber Informationen sind per se keine Insights“, sagte Fenna Gloggner, Director Global Customer Insights at Idorsia Pharmaceuticals, in einem Interview. Informationen werden erst dann wertvoll, wenn ich weiß, wozu sie dienen – und vor allem: wem. Im Fokus steht die Zielgruppe. „Man sollte sich zunächst überlegen, auf welcher Datenbasis man eine Story entwickeln möchte“, erläutert Thilo Kölzer. „Bei einem Produktlaunch bieten sich Daten von realen Kasuistiken an, die inszeniert werden und möglichst greifbar machen. Wo eine Medikation ansetzt, in welchen Fällen sie angewandt werden kann und welche Therapieerfolge zu erwarten sind.“ Wichtig hierbei sei, dass die Daten zwar anonym, aber real seien, also von echten Menschen stammen würden. „So könnten Patienten im Virtual Reality-Raum vor dem Betrachter stehen. Angereichert mit 3D-Objekten lernt man die PatientInnen mit all ihren für den Fall relevanten Eigenschaften kennen – im virtuellen Raum fast noch besser als in der Realität, weil man die Lupe draufhalten oder sogar in den Körper schauen kann.“

Was zählt: Inhalt oder Verpackung?

Bei der grafischen Gestaltung des Contents sind keine Grenzen gesetzt. Eine Regel aber ist: Je simpler eine Geschichte erzählt werden kann, umso besser kann der Rezipient sie verstehen und sich an sie erinnern. Es geht nicht darum, sich zu verkünsteln. Stattdessen gilt es, Strukturen zu schaffen, die Daten und deren Zusammenhänge aufschlüsseln. Es geht um den Inhalt, nicht um die Verpackung. Dennoch sollte man die Wirkung einer Verpackung  nicht unterschätzen, sagt Thilo Kölzer.  „Gerade in der heutigen Zeit, in der wir alle täglich mit zahlreichen Content-Pieces konfrontiert werden, sorgt eine passende und gut gemachte Verpackung für Wiedererkennbarkeit, Wiederauffindbarkeit und auch für eine gewisse Stopping Power. Letztere sieht man den reinen Daten nicht an, für die muss durch die Art der Aufbereitung gesorgt werden.“

Datenauswahl: Keep it simple!

Was für die Verpackung  gilt, gilt auch für den Inhalt.  Thilo Kölzer bringt es so auf den Punkt: „Die Inszenierung sollte nicht überhandnehmen und die eigentlichen Daten verschleiern.“ Was zählt, ist die Message. Je  konzentrierter Daten eingesetzt werden, umso wirkungsvoller und zielgerichteter ist die Geschichte selber. Aus der Datenmenge sollten also jene identifiziert werden, die für die Story wirklich relevant sind.

Menschen mögen menschliche Geschichten

Nein, das ist nicht neu, und trotzdem soll es an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Menschen interessieren sich für Menschen. Das ist der Kern des Ganzen.  Die Kunst im Data Storytelling ist, wie auch in Storytelling generell, dem Content die menschliche Note zu verleihen. „Man sollte darauf achten, dass die Datenlage nicht konstruiert wird, sondern auf echten Daten von echten Menschen basiert“, bestätigt Kölzer. „Es ist zudem wichtig, wer die Story erzählt. Wir bei antwerpes haben das Format `begehbare Studie‘ entwickelt, in dem ein Meinungsbildner in die Daten ‚hereingeht‘ – ähnlich der Wetterkarte in den Nachrichten – und sich Datenpunkte herauspickt und sie den interessierten Kolleginnen und Kollegen erläutert.“ Daten würden so deutlich emotionaler als ohne menschliche Komponente rübergebracht werden.

Fazit: Zahlen und Fakten bleiben abstrakt, solange ihre Auswirkungen auf den humanen Faktor nur eine vage Vorstellung bleibt. Die Relevanz des Storytellings sollte nicht unterschätzt, die Über-Inszenierung aber vermieden werden. Digitale Techniken wie VR oder AR können auch im Data Storytelling nützen – sie können dazu beitragen, Daten fassbar zu machen.


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