AstraZeneca: Digitales Marketing als Ergänzung zum Gesamtkonzept
Jana Sonntag, VP Innovation & Business Excellence und Mitglied der Geschäftsführung von AstraZeneca, berichtet, warum das Unternehmen nicht auf Print verzichten will und wie digitales Marketing das Kommunikationskonzept ergänzt.
Jana Sonntag:Seit dem 1.1.2020 gilt das Digitale Versorgungsgesetz (DVG). Durch das Gesetz haben wir komplett neue Voraussetzungen im deutschen Gesundheitssystem erhalten. Darum habe ich immer zwei Dinge im Kopf, wenn Sie mich nach der Digitalisierung fragen: Das ist auf der einen Seite die digitale Kommunikation und sind auf der anderen die digitalen Gesundheitsanwendungen. Wir befassen uns intensiv mit beiden Seiten und haben das als strategische Schwerpunkte im Konzern gesetzt.
Health Relations: Betrachten wir das digitale Marketing. Wie entwickelt sich das gerade in Ihrem Konzern?Jana Sonntag:Für uns spielt die digitale Kommunikation und Interaktion sowohl mit den Ärzten als auch in den gesetzlich zulässigen Bereichen mit den Patienten eine sehr große Rolle. Durch die Digitalisierung können wir nämlich individualisierte Informationen zur Verfügung stellen, die die Ärzte in genau jenen Themenfeldern ansprechen, die für sie auch wirklich interessant sind.
Health Relations: Haben Sie ein Beispiel?Jana Sonntag:AstraZeneca ist in Fachbereichen wie Onkologie, Diabetologie und bei der Behandlung von Atemwegserkrankungen tätig. Natürlich ist es wichtig, für diese unterschiedlichen Indikationen unterschiedliche inhaltliche Schwerpunkte zu wählen. Zusätzlich muss man beachten, dass Ärzte auch unterschiedliche Informationsbedürfnisse haben können. Es gibt Ärzte, die sich eher als Wissenschaftler verstehen und sehr genau über wissenschaftliche Studien und neue Behandlungsmöglichkeiten informiert sein wollen. Diese wollen nicht unbedingt lesen, dass durch das DVG der Gesetzgeber vorschreibt, dass sie beispielsweise 15 Medizinkonsultationen pro Quartal durchführen sollen. Also erreicht man diese Ärzte besser, indem man mit ihnen über klinische Studien spricht.
Health Relations: Und die anderen Ärzte? Wie wollen diese angesprochen werden?Jana Sonntag:Allgemeinmediziner, die sehr auf ihr Budget achten müssen, interessiert es schon, dass neuerdings mit dem DVG digitale Gesundheitsanwendungen budgetrelevant verordnet werden sollen oder dass sie Strafe zahlen müssen, wenn sie sich nicht rechtzeitig an die Telematikinfrastruktur anschließen. Hier herrscht also ein anderes Informationsbedürfnis. Diesen Bedürfnissen möchten wir personalisiert gerecht werden und daran arbeiten wir gerade.
Health Relations: Welche anderen Bereiche wollen Sie außerdem weiter vorantreiben?Jana Sonntag: Das ist der Bereich Omnichannel-Kommunikation. Die Theorie sagt, dass ein Mensch, der aus sieben Quellen eine Information erhält, diese intuitiv glaubt. Das ist der Hintergrund für den Omnichannel-Gedanken. Daher stellen wir die Frage: Wie bringe ich auf unterschiedlichen Kanälen die richtige Information zum richtigen Zeitpunkt an die richtige Zielgruppe? Auf diese Weise gibt es kein Bombardement mit unangenehmer Werbung. Der Nutzer nimmt das vielmehr als hilfreiche Unterstützung wahr.
Health Relations: Wie wirkt sich die Digitalisierung auf AstraZeneca aus? "Es geht darum, digitale Kanäle mit ihren Möglichkeiten der personalisierten Ansprache sinnvoll in ein ganzheitliches Informationskonzept einzubetten."Health Relations: Sie erwähnten auch die digitalen Gesundheitsanwendungen. Was passiert hier bei AstraZeneca?Jana Sonntag:Wir beobachten sehr genau, welche neuen Spieler sich hier etablieren oder neu aufstellen. Durch das DVG ist Deutschland zum ersten Mal führend, weil das Gesetz erlaubt, dass digitale Gesundheitsanwendungen tatsächlich ein eigenständiges Geschäftsmodell werden. Gesundheits-Apps werden in die Regelerstattung aufgenommen und sind damit zunächst einmal unabhängig. Allerdings wird sich zeigen müssen, in welcher Form sie in den neuen Katalog abrechenbarer Leistungen kommen und wie genau sie verordnet werden können. Gerade schauen wir, wer als geeigneter Partner für Kooperationen oder eine Zusammenarbeit infrage kommt. Health Relations: Digitale Anwendungen und digitale Kanäle werden immer wichtiger. Heißt das im Umkehrschluss, dass Print passé ist? Jana Sonntag: Das sehe ich nicht so. Denn unsere Kunden, die Ärzte, informieren sich dort, wo sie sich am besten aufgehoben fühlen. Zudem hat jedes Medium hat seine Vor- und Nachteile: Manche Information möchte man lieber in Ruhe lesen und sich Notizen machen, andere Informationen lassen sich leichter über einen Podcast oder Video erfassen und wieder andere Informationen möchte man sich in einem persönlichen Gespräch erklären lassen. Darum würde ich nicht stur alles auf digital umstellen. Es geht eher darum, digitale Kanäle mit ihren Möglichkeiten der personalisierten Ansprache sinnvoll in ein ganzheitliches Informationskonzept einzubetten. Health Relations: Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf AstraZeneca als Unternehmen?Jana Sonntag:Digitalisierung findet auf unterschiedlichen Ebenen statt – angefangen bei Vereinfachungen von internen Prozessen über neue Formen der Kommunikation mit Ärzten und Patienten bis hin zu Apps als Medizin. Personalisierung ist dabei das Kernelement und dafür sind Daten der Schlüssel. Verschiedene Informationen aus unterschiedlichsten Quellen können heute dazu miteinander datenschutzkonform verknüpft werden. In der Kommunikation mit Ärzten setzen wir weiter zuerst auf unsere Außendienstmitarbeiter. Denn durch den persönlichen Kontakt verstehen wir, was unsere Kunden wirklich interessiert. Die Digitale Transformation ist eine Reise für uns alle – Ärzte, Patienten und uns. Prozesse und Abläufe im Unternehmen werden anders gestaltet, Berufsbilder ändern sich und andere Abstimmungswege werden implementiert. In dieser Transformation befinden wir uns gerade.