Es braucht nur einen stillgelegten OP-Saal, ausrangierte Klinikgeräte und Instagram – und schon kann es mit dem Recruiting losgehen. So dachte es sich das fünfköpfige Team der Unternehmenskommunikation im Klinikum Dortmund. Klingt einfach – und im Grunde war es das auch, sagt Abteilungsleiter Marc Raschke.
Insgesamt steckten hinter der Aktion vielleicht drei bis vier Manntage, die Ideenfindung lief „unbürokratisch“, wie bei so vielen Social-Media-Aktivitäten, die das Klinikum auf die Beine stellt. Dieses Mal ging es darum, Corona-bedingte Barrieren im Recruiting zu überwinden. Heißt: Wenn das Krankenhaus keine Hospitationen anbieten kann, muss der Zugang zu potenziellen Nachwuchskräften auf andere Art stattfinden.
Ende Juni veranstaltete das Klinikum daher ein interaktives Live-Event auf dem hauseigenen Instagram-Kanal. Inspiration für die Recruiting-Maßnahme waren die hierzulande beliebten „Escape Rooms“. Aber anders als dort üblich sperrte das Krankenhaus nicht mehrere Personen in einen fensterlosen Raum, sondern nur eine Mitarbeiterin. Freiwillig und Corona-konform. Kollegin Lisa Müller erklärte sich bereit, vor laufender Kamera Aufgaben zu lösen und in der gestellten Szenerie ein „Unfallopfer“ zu retten. Rund 1.000 Follower halfen ihr dabei. Via Instagram waren sie live dabei und gaben die Kommandos.
Über Gamification junge Pflegekräfte gewinnen
Zielgruppe der Escape Room Mission waren vor allem Schüler, die sich in irgendeiner Form für den Pflegeberuf interessieren und, nach Meinung von Marc Raschke, auf Instagram zu finden sind. Das soziale Netzwerk verzeichnet derzeit – laut Statista – über eine Milliarde monatlich aktive User weltweit. Davon sind 274 Millionen in der Altersgruppe 18 bis 24. Das bedeutet: Instagram ist eine gute Plattform, um die Generationen Y und Z zu erreichen. Marc Raschke denkt noch einen Schritt weiter: „Dabei darf man nicht vergessen, dass die Eltern gerade bei Schulabgängern eine wichtige Kenngröße sind. Sie haben Einfluss auf ihre Kinder und sind ebenfalls auf dem Kanal präsent“, sagt er.
Mit der Maßnahme will sein Team Einblicke in Krankenhausabläufe ermöglichen, vor allem aber die Unternehmenskultur transportieren „Denn das ist es, was den Unterschied ausmacht“, davon ist der Pressesprecher überzeugt. „Man geht zu einem Arbeitgeber, weil man sich mit der Kultur identifizieren kann.“
Via Social Media die Unternehmenskultur transportieren
Mit seinen ungewöhnlichen Recruiting-Maßnahmen möchte sich das Dortmunder Haus von anderen Einrichtungen abheben. Denn damit zeige das Klinikum, dass trotz vieler stressiger Momente Humor wichtig ist. Hinzu komme die Offenheit gegenüber neuen Techniken, aber auch der interaktive Austausch, den sich das Dortmunder Krankenhaus auf die Fahnen schreiben möchte.
Ob mit jeder Maßnahme exakt die gewünschte Zielgruppe angesprochen wird, kann Marc Raschke nicht mit Gewissheit sagen. Denn dazu braucht es ein detailliertes Monitoring. Viel Arbeit und Ressourcen also, die dem Krankenhaus schlichtweg nicht zur Verfügung stehen. Aber er ist sich sicher, dass die vielen kreativen Ideen letztlich ein stimmiges Außenbild schaffen. Denn Unternehmenskultur sei ein Mosaik aus vielen Steinchen, sagt der Pressesprecher. Allein im letzten Jahr habe das Klinikum Dortmund 300 Kräfte aufgestockt, darunter Pflegekräfte und Ärzte.
Fortsetzung folgt: Escape Room erzielt Reichweite von 12.000
Was eigentlich als einmaliges Event geplant war, wird nun in Serie gehen. Grund dafür ist die rege Beteiligung. Bislang erzielte das Klinikum mit dem 20-minütigen Plot rund 8.000 Aufrufe und eine Reichweite von 12.000 Usern. Sicherlich dazu beigetragen hat die PR im Vorfeld. Viele Medien berichteten über das bevorstehende Event. Hinzu kamen positive Kommentare und Rückmeldungen während der Ausstrahlung. „Die Community war voll dabei und hat uns schon nach nächsten Episoden gefragt“, sagt Marc Raschke.
Natürlich gehen bei einem Live-Event auch mal Sachen schief. Sogar trotz der Generalprobe, die das Team am Vorabend veranstaltete. In diesem Fall war es das notdürftig geflickte Vitalmessgerät, das eine halbe Stunde vor Auftritt ausfiel. Das Team musste kurzerhand einen Techniker aus dem Feierabend zurückholen. „Der Kollege hat das Vitalgerät dann reanimiert“, sagt Marc Raschke mit einem Schmunzeln. Die Escape Room Mission begann dann erst fünf Minuten später. Improvisation, Pannen und Risiken gehören für den Pressesprecher aber ein Stück weit dazu. Und trotzdem hat Live viele Vorteile. Die Interaktionsmöglichkeit beispielsweise, die vor allem junge Menschen motiviert.
Nicht nur Recruiting, auch Inhalte platzieren
Ganz nebenbei machte das Klinikum mit seiner Escape Room Mission noch auf ein anderes Anliegen aufmerksam. Das Thema Blutspende sollte von Anfang an in der Aufgabenstellung des Adventure-Games berücksichtigt werden. Daher hieß die Aufgabe von Protagonistin Lisa Müller: ein Unfallopfer mit einer Blutkonserve versorgen und stabilisieren. Natürlich mussten auch in dem inszenierten OP-Geschehen dafür allerlei Dinge beachtet werden. Marc Raschke, der als Moderator die Kommentare der Community steuerte, war überrascht, wie viel die Zuschauer bereits wussten. „Das nächste Mal wird es eine schwierigere Aufgabe geben“, sagt der Leiter der Unternehmenskommunikation.
Das Klinikum Dortmund ist das größte Krankenhaus in Nordrhein-Westfalen. Als Haus der Maximalversorgung bietet das Klinikum Dortmund mit 1.422 Betten medizinische Spitzenleistung, die von rd. 4.155 Mitarbeitern geleistet wird. Dabei kommt fast 1/3 der jährlich mehr als 250.000 Patientinnen und Patienten (65.000 stationär, 180.000 ambulant) aus der Region und dem gesamten Bundesgebiet. Mit rund 500 Ausbildungsplätzen ist das Klinikum Dortmund der zweitgrößte Ausbildungsbetrieb in der Region.