Wie entstehen kreative Pharmakampagnen? Welche Rolle spielt KI? Und was passiert, wenn die zündende Idee nicht kommen will? Andreas Moser, Group CEO von CAKE und Jury-Mitglied beim COMPRIX, gewährt einen Blick ins Agenturlabor.

Health Relations: Herr Moser, wie definieren Sie persönlich Kreativität in Healthcare?
Andreas Moser:
Im Healthcare-Kontext bedeutet Kreativität für mich, Inhalte so aufzubereiten, dass sie Wirkung und idealerweise eine Gewohnheitsänderung mit sich ziehen. Was von Pharma-Seite aus an HCPs geht, sind erst mal trockene Daten und Fakten. Unsere kreative Leistung ist es, diese aktivierend zu verpacken. Wir veredeln die Daten mit Kreativität, sodass es im Gehirn der Adressaten Klick macht.

Health Relations: Laut Ihrer Website arbeitet Cake für 18 der 20 größten Pharmaunternehmen weltweit. Was macht die Entwicklung kreativer Kampagnen gerade für diese Branche so besonders?
Andreas Moser: In der Pharma- und Healthcare-Branche begrenzt die Regulatorik den Tanzboden, auf dem wir uns bewegen. Außerdem haben viele Unternehmen Compliance-Regeln, die noch weniger zulassen, als theoretisch ginge. Das macht die Aufgabe umso spannender und herausfordernder. Gerade in den Grauzonen, in die sich nicht alle hineintrauen, liegt viel Erfolgspotenzial.

„Der Kunde hat ganz viel Wissen, das entscheidend für den Kampagnenerfolg ist. Wir aber auch.“

Health Relations: Nehmen Sie uns mit in Ihr Agenturlabor: Wie funktionieren Ihre Kreativprozesse?
Andreas Moser: Idealerweise beginnt unsere Zusammenarbeit mit dem Kunden sehr früh im Prozess, weit vor dem eigentlichen Briefing. Gerne starten wir mit einem Workshop oder Creative Sprint von einem bis anderthalb Tagen und schauen uns das Thema von allen Seiten an. Denn: Der Kunde hat ganz viel Wissen, das entscheidend für den Kampagnenerfolg ist. Wir aber auch. Je früher wir es schaffen, beide Expertisen in Deckung zu bringen, desto erfolgreicher die Kampagne.

Health Relations: Was sind weitere Erfolgsfaktoren in der Kampagnenentwicklung?
Andreas Moser: Besonders gut wird’s, wenn der Kunde uns die Expertise zugesteht, zu verstehen, welche Mechanismen in der Kommunikation funktionieren und welche nicht. Überlegene Daten alleine genügen nicht, um ein Produkt erfolgreich zu promoten. Um es mal provokant zu sagen: Ein Pharma-Produktmanager, der mit einem Launch betraut wurde, macht das vielleicht zum dritten oder vierten Mal. Wir machen 30, 40 Produktlaunches jedes Jahr. Wir haben sehr viel ausprobieren können in den vergangenen Jahrzehnten. Alleine aus dieser Erfahrung heraus liegen viele empirische Fakten auch bei uns.

„Daten alleine genügen nicht, um ein Produkt erfolgreich zu promoten.“

Health Relations: Welche Gewerke sind bei Ihnen an der kreativen Kampagnenentwicklung beteiligt?
Andreas Moser:
Die genaue Team-Zusammensetzung hängt vom Zeitpunkt und der Thematik ab. Aber grundsätzlich ist immer eine Person dabei, die moderiert, durch die Agenda führt und den Überblick behält. Das übernehme oft ich. Dann ist in aller Regel ein Stratege im Boot, außerdem eine Person aus dem Medical-Bereich, ein Creative Director und eine Assistenz.

Health Relations: Was sind die wichtigsten Meilensteine in der Entwicklung kreativer Kampagnen?
Andreas Moser:
Idealerweise steht nach so einem Creative Sprint ein gemeinsames Verständnis der Herausforderungen und Ziele und eine grobe Roadmap für den Weg dorthin. Und dann liegt der Ball bei uns. Wir arbeiten die Kampagne bis zu einem gewissen Reifegrad aus. Damit gehen wir zum Kunden und erneut ins Gespräch. Wir hören uns den Input der Organisation an und kommen optimalerweise in ein gutes, kreatives Pingpong miteinander. Wie intensiv und wie lange das dauert, hängt ab von der Größe der Kampagne und davon, wie eng die Timeline ist. Es kommt zwar nicht so oft vor, aber in der Praxis will ein Kunde ja auch mal innerhalb von zwei Wochen Ergebnisse sehen.

Health Relations: Manchmal naht die Deadline, doch die zündende Idee lässt auf sich warten: Wie funktioniert Kreativität unter Druck?
Andreas Moser:
Diese Frage hat uns wie jede andere Agentur ewig gequält. Deshalb haben wir uns von einem großartigen, britischen Wirtschaftspsychologen Techniken beibringen lassen, um Innovation zu katalysieren.

Kennen Sie das, wenn man im Privaten ein Problem hin- und herwälzt, aber einfach keine Lösung findet? Und dann steht man unter der Dusche und plötzlich kommt der rettende Einfall? Das ist im Prinzip die gleiche Mechanik. Man setzt die Gehirne des Kollektivs, der Gruppe mit einer Kreativfrage lange und intensiv unter Druck. Das kann ein sehr intensiver und teils emotional schmerzhafter Prozess sein. Irgendwann ist man wirklich komplett leer und dann bricht die kreative Idee plötzlich aus einem heraus.

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© COMPRIX

COMPRIX: Deutschlands Award für exzellente Kreativität in Healthcare

Am 12. Juni 2026 werden in Köln die im deutschsprachigen Raum wichtigsten Awards für hervorragende Healthcare-Kampagnen verliehen. Am 3. November 2025 beginnt die Einreichungsphase für den Award und endet im Februar 2026. Ausgezeichnet werden die Agenturen und ihre Auftraggeber für die besten und kreativsten Werbemittel und Kampagnen, Anzeigen, Radio- und TV-Spots, Online-, Multimedia- und anderen Kommunikationsmaßnahmen. Der Preis für kreative Healthcare-Kommunikation wird vom COMPRIX-Beirat ausgerichtet, dem auch der Deutsche Ärzteverlag angehört.

Hier geht’s zu den Ausschreibungsunterlagen.

Health Relations: Gibt es weitere, typische Herausforderungen im Kreativprozess? Wie gehen Sie als Team damit um?
Andreas Moser:
Einer der sensibelsten Momente ist, wenn wir dem Kunden zwei, drei unterschiedliche Kampagnen-Routen anbieten. Wir als Agentur haben in der Regel einen haushohen Favoriten, von dem wir wissen, dass er das größte Potenzial hat. Doch unsere Favoriten werden nicht immer genommen. Rein kaufmännisch könnte uns das jetzt egal sein, aber da versuchen wir sehr zu kämpfen und die Lösung durchzubekommen, von der wir überzeugt sind. Zumindest bis zu einem gewissen Punkt. Denn am Ende des Tages sind wir keine Künstlerinnen und Künstler, sondern Dienstleister.

Health Relations: Wie sieht dann der Endspurt aus, mit dem Sie die Kampagnenentwicklung zum Ziel führen?
Andreas Moser: Dazu folgende Anekdote: Unserem Kreativdirektor ist kreative Exzellenz extrem wichtig und ich habe ihn mal gefragt, was seine Geheimzutat ist. Seine Antwort: „Du hast eine geile Idee, und dann machst du sie einfach noch geiler.“ In unserer Praxis heißt das, dass wir immer noch mal ein paar Prozent drauflegen, auch wenn wir schon zufrieden sind. Dass wir bis zur Abgabe mit unserer ganzen kreativen Kraft an einer Kampagne arbeiten. Das macht oft den Unterschied.

„Man bekommt nirgendswo einen so breiten Querschnitt durch kreative Arbeiten im Healthcare-Marketing wie beim COMPRIX.“

Health Relations: Welche Rolle spielen KI-Tools heute in der Kreativentwicklung?
Andreas Moser:
Darauf gibt es zum einen die offensichtliche Antwort: Viele KI-Tools unterstützten und veredeln unsere Prozesse. Wir wenden sie an, in dem Ausmaß, wie wir es als sinnvoll erachten. Das andere, Wichtigere, ist das Maß an Automatisierung, das vor allem für unsere Kunden von Vorteil ist, weil es unglaubliche Kosteneinsparungen mit sich bringt. Auch im Targeting sehe ich riesiges Potenzial. Wir sind an vorderster Front dabei und gehen mit unseren Kompetenzen und unserem Kommunikations-Know-how dort hinein.

Health Relations: Für Ihre Kunden verfolgen Sie natürlich KPI-getriebene Kampagnenziele. Aber wann ist eine Kampagne für Sie persönlich erfolgreich?
Andreas Moser: Wenn wir auf den Bühnen der Awards stehen und den Preis bekommen. Das ist unsere Benchmark und dann haben wir ein breites Lächeln auf dem Gesicht.

Health Relations: Stichwort Awards: Als Jury-Mitglied beim COMPRIX sitzen Sie in der Jury für Health OTC und Wellness. Was ist Ihre Motivation, sich dort zu engagieren?
Andreas Moser:
Für mich ist das eine Art Ritterschlag und über die Jahre hinweg ist das für mich fast wie eine Familie geworden. Der tolle Austausch mit anderen Agentureigentümerinnen und -eigentümern ist für mich extrem wertvoll. Und man bekommt nirgendwo einen so breiten Querschnitt durch kreative Arbeiten im Healthcare-Marketing wie beim COMPRIX.