KI-Optimierung: Wie verändert Generative Engine Optimization das Pharmamarketing?

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Mit dem Aufkommen generativer KI wird auch die Suche im Netz neu strukturiert. Google steht nicht mehr allein im Zentrum – Plattformen wie ChatGPT, Perplexity und Gemini verändern das Suchverhalten. Was bedeutet das für das Pharmamarketing?
„Wir gehen von einer Welt, in der alles in Seiten aufgeteilt ist, hin zu Antwortmaschinen.“ Alexander Rus ist Gründer und CEO von Evergreen Media, einem internationalen Beratungsunternehmen mit Spezialisierung auf Search, Content-Marketing und digitale PR. Dieser Bereich ist ziemlich in Bewegung. Generative Engine Optimization (GEO) verändert das Marketing und die Content-Strategie pharmazeutischer Unternehmen. Und so viel vorweggenommen: Rus sieht darin eine Chance, um echte Inhalte zu positionieren.
💡 Was ist GEO?
GEO steht für Generative Engine Optimization. Anders als klassische SEO zielt GEO darauf ab, Inhalte so zu gestalten, dass sie von KI-basierten Antwortsystemen wie ChatGPT oder Google AI Overviews als zitierfähige Quelle innerhalb derer Antwortsysteme erscheinen. Die Systeme zeigen also keine klassischen Trefferlisten, sondern formulieren Antworten auf Basis vielfältiger Quellen.
Wie funktioniert KI in der Suche?
Laut Alexander Rus lassen sich generative Suchsysteme in drei Gruppen unterscheiden:
- Trainingsdatenbasiert: Diese Systeme greifen ausschließlich auf Trainingsdaten zurück, also Inhalte, die sie bis zu einem bestimmten Zeitpunkt „gelernt“ haben. Beispiele sind Claude oder LLaMA. Sie verfügen über ein großes Wissen, sind jedoch nicht in der Lage, aktuelle Informationen zu berücksichtigen.
- Suchdatenbasiert: Systeme wie Perplexity oder Google AI Overviews beziehen aktuelle Suchergebnisse mit ein und kombinieren diese mit generativen Antworten. Sie agieren stärker wie klassische Suchmaschinen, liefern aber die Inhalte in aufbereiteter Form direkt im Antwortfeld.
- Hybride Systeme: Diese kombinieren Trainingsdaten mit aktuellen Webinhalten. ChatGPT oder Google Gemini gehören zu dieser Kategorie. Sie nutzen einerseits ihren gespeicherten Wissensstand, gleichen aber zusätzlich Inhalte nach eigenem Ermessen über Suchmaschinenindizes
„Suchanfragen, die vorher gar nicht wirklich bedient werden konnten, werden in ChatGPT perfekt beantwortet“, sagt Rus. Denn generative Suchmaschinen greifen je nach Nutzerfrage auf unterschiedliche Datentöpfe zu und liefern direkte, zusammengesetzte Antworten auf Fragen, oft in einem konversationellen Ton. Heißt: Antworten könnten individueller werden. Das Marketing auch.
GEO: Was bedeutet das für das Pharmamarketing?
„Aktuell korrelieren die Domain-Autorität und Markensuchanfragen sehr gut mit den Outputs von generativen Engines“, so Rus. Generative Suchsysteme wie ChatGPT oder Google AI Overviews neigen dazu, Informationen von Domains mit hoher Autorität, auch die von Pharmaunternehmen, als vertrauenswürdige Grundlage für ihre Antworten zu verwenden. Diese Korrelation ist allerdings kein dauerhaftes Versprechen auf Sichtbarkeit. GEO stellt zusätzliche Anforderungen an Inhalt und Struktur.
„Wenn ihr ein solides SEO-Fundament habt, dann investiert vielleicht 10 bis 15 % von eurem Budget in diese neuen Themen.“
Untersuchungen zeigen, dass KI-Suchantworten Inhalte weit über die Top-3-Ergebnisse von Google hinaus einbeziehen. Während Google bei gesundheitsbezogenen Suchen klassisch oft behördliche oder hochrangige Websites bevorzugt, ziehen generative Systeme häufiger aktuelle Nachrichtenartikel oder diverse Gesundheitsportale heran. Für Pharma-Marketer bedeutet das: Nur auf Top-Rankings bei Google zu setzen, reicht nicht mehr. Inhalte müssen über verschiedene vertrauenswürdige Domains verteilt sein – etwa Fachportale, News-Seiten oder Patienten-Communities – um in generativen Antworten vorzukommen. GEO setzt bei der Analyse auf Inhaltsqualität und Kontext. Eine aktuelle Studie ergab, dass veraltete Praktiken wie Keyword-Stuffing kaum Einfluss auf KI-Antworten haben, während verständliche, faktenreiche Inhalte mit Quellenangaben deutlich bessere Chancen haben, in KI-Antworten aufzutauchen. Ein Pharmaartikel über eine neue Therapie muss demzufolge nicht nur für Suchalgorithmen optimiert, sondern so geschrieben sein, dass ein KI-Modell ihn als glaubwürdige Grundlage für Antworten erkennt. Aspekte wie Statistiken, Zitate aus Studien und Quellenverweise können die Sichtbarkeit einer Quelle in generativen Antworten um über 40 % erhöhen. Die Devise lautet: wissenschaftlich fundierter Content statt reiner Marketingsprache. Inhalte müssen thematisch breit aufgestellt und zugleich in die Tiefe gehend formuliert sein.
Handlungsempfehlungen für die Pharma-Kommunikation
- Inhalte modular und spezifisch gestalten. Anstelle langer Content Pieces empfiehlt Rus kleinteiligere, präzisere Inhalte, die einzelne Aspekte gut abbilden. Mehr Content führt zu mehr Chancen, zitiert zu werden.
- Lesbarkeit und Relevanz beachten. „Generative Engines scheinen besessen zu sein von Lesbarkeit.“ Die Sprache dürfe nicht zu einfach, aber auch nicht zu komplex sein. Rus verweist auf einen mittleren Flesch-Index. Der Flesch-Reading-Ease-Index ist ein Messwert zur Einschätzung der Lesbarkeit von Texten.
- Originalität durch Daten, Studien und Perspektiven. Fallbeispiele, Use Cases oder Originaldaten werden von generativen Suchmaschinen positiv gewertet.
- Regulatorik mitdenken. Generative Systeme sind fehleranfällig. Halluzinationen sind ein Risiko, das im Gesundheitsbereich besonders schwer wiegt: Inhalte sollten daher so gestaltet sein, dass zentrale Informationen, z. B. Warnhinweise, Anwendungshinweise, nicht durch Kürzungen verloren gehen. Gerade im Rx-Segment ist besondere Vorsicht geboten.
- KI als unterstützendes Werkzeug einsetzen. Rus empfiehlt KI etwa für strukturierte Recherche, Transkription oder Evidenzsynthese, bei der ChatGPT mehrere Fachquellen systematisch auswertet, um fundierte Entscheidungen im Marketing zu unterstützen.
Erste Versuche einer GEO-Content-Strategie machen aus Sicht des Experten vor allem in der Patientenkommunikation Sinn. Die höhere Nachfrage könnte aussagekräftige Analysen durch größere Datenmengen ermöglichen.
Fazit: GEO als Weiterentwicklung etablierter Strategien
GEO ersetzt klassische SEO nicht, sondern ergänzt sie. „Viele der SEO-Regeln finden sich in GEO in anderer Form wieder“, sagt Alexander Rus. Pharma-Marketer sollten bestehende Content-Strategien überprüfen und gezielt anpassen. Erste Schritte in der Patientenkommunikation sind sinnvoll, da dort valide Erkenntnisse möglich sind. „Wenn ihr ein solides SEO-Fundament habt, dann investiert vielleicht 10 bis 15 % von eurem Budget in diese neuen Themen“, rät Rus. Die Inhalte sollten einzigartig, evidenzbasiert und gut strukturiert sein. Sichtbarkeit entsteht nicht mehr primär über Rankings, sondern über inhaltliche Relevanz innerhalb von Antwortsystemen.
Vor Fehlern schützt auch die beste Content-Qualität nicht, denn nach wie vor erfindet generative KI Quellen und erstellt fehlerhafte Inhalte. Rus glaubt an eine schnelle Entwicklung, die am Ende Pharmaunternehmen in die Hände spielen könnte. Wie immer sich das Thema GEO entwickeln wird, mit dünnen, unstrukturierten Inhalten könne man Suchmaschinen in Zukunft nicht beeinflussen. Punkten kann nur, wer wirklich etwas zu sagen hat. „Ich glaube, wir sehen eine hilfreichere Suchwelt, vor allem, wenn Halluzinationen noch einmal drastisch reduziert werden können.“