Lebensphasenorientierte Arbeitszeit als Konzept gegen den Ärztemangel

Die Work-Life-Balance ist bei allen Ärzten gefragt
Gerade die 20- bis 35-Jährigen können Kliniken weniger mit einem guten Gehalt als mit einer ausgeglichenen Work-Life-Balance locken. Die sogenannte Generation Y legt großen Wert auf eine ausgewogene Freizeit und ihr Privatleben. Geregelte Arbeitszeiten gehören dazu. Damit sprechen sie heute vielen Ärzten aus der Seele. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein Bedürfnis, das auch unter den 30- bis 50-Jährigen stark gewachsen ist. Dahinter stecken soziale und familiäre Anforderungen, denen die Ärzte gerecht werden müssen. Ein steigender Bedarf ist die Pflege von Familienmitgliedern. Immerhin werden von den 2,59 Millionen zu Hause versorgten Patienten 1,76 Millionen ausschließlich von Angehörigen betreut. Oft wissen Arbeitgeber gar nicht, wer aus der Belegschaft von dieser Doppelbelastung betroffen ist. Hinzu kommt, dass viele Mediziner auch schlicht und ergreifend ihr Stresslevel reduzieren möchten. Laut einer Umfrage der Ärztegewerkschaft Marburger Bund fühlen sich knapp 60 Prozent der Klinikärzte überlastet, rund 20 Prozent denken sogar darüber nach, den Beruf ganz aufzugeben. Vor allem die Gesundheit und das Privatleben leide. Ein pünktliches Arbeitszeitende und ein festes Dienstfrei sind also wichtige Anreize für alle Ärzte-Generationen.Mit flexiblen Beschäftigungsmodellen Ärzte gewinnen

Dr. Volker Hielscher, Geschäftsführer des Instituts für Sozialforschung und Sozialwirtschaft in Saarbrücken, richtet seinen Blick in einem Buch auf lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodelle in Kliniken. © iso
Immer mehr Kliniken setzen auf Wunscharbeitszeitmodelle
Der Bedarf nach mehr Flexibilität, was Umfang und Planbarkeit von Arbeitszeiten angeht, ist also vorhanden – und das bei Ärzten aller Generationen. Eine ganze Reihe an Kliniken ist dazu übergegangen, Ärzten und Pflegekräften, Wunscharbeitszeitmodelle anzubieten. Die Beschäftigten klären von Jahr zu Jahr – oder sogar halbjährlich – mit ihrem Arbeitgeber, in welchem Rahmen sie tätig sein möchten. Jede Vollzeitkraft hat dabei die Möglichkeit, die Arbeitszeit – meist innerhalb eines Rahmens, z. B. zwischen 50 und 80 Prozent – ohne Angabe von Gründen zu verringern. Das Bruttogehalt wird dementsprechend angepasst. Das entlastet die Mitarbeiter, sorgt für ein besseres Betriebsklima und garantiert trotzdem eine gewisse Planbarkeit für die Kliniken. Umso mehr als die gewonnene Flexibilität verspricht, dass sich Fehlzeiten aufgrund von Betreuungsengpässen oder Überlastungssymptomen verringern. Damit erreichen Krankenhäuser also zweierlei. Zum einen eine höhere Zufriedenheit und Entlastung ihrer Ärzte, zum anderen betriebswirtschaftliche Nebeneffekte durch mehr Leistungsbereitschaft und geringere Ausfallquoten. Unter dem Strich also eine Win-win-Situation für beide Seiten.Auch eine eigenverantwortliche Dienstplangestaltung oder ein Tauschmodell aus räumlicher und zeitlicher Flexibilität können eine moderne Arbeitszeitgestaltung für Kliniken sein. Erfahren Sie hierüber mehr im nächsten Teil unserer Serie zu lebensphasenorientierten Arbeitszeitmodellen in Krankenhäusern.