Who’s who | Prof. Dr. Dr. Dr. Robert Sader: Der Vordenker

"Es sollte allen Mitarbeitern möglichst gut gehen. Perfekt ist es aber nie. Aber das ist im Leben generell so."

Prof. Dr. Dr. Dr. Robert Sader, Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie am Universitätsklinikum Frankfurt am Main. ©Universitätsklinikum Frankfurt
Unser Sixpack: 6 Fragen, 6 Antworten
Zahnbürste: Elektrisch oder manuell? Ich wechsele ab. Kaffee oder Tee? Kaffee Sicherheit oder Risiko? Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Jede OP ist ein Risiko . Schreibtisch: Aufgeräumt oder Chaosstrategie? Aufgeräumt. Lesen: Fachliteratur oder Roman? Zum Lesen komme ich nur im Urlaub. Dann Roman und gesammelte Bücher. Urlaub: Daheim oder raus in die Welt? Raus in die Welt. Ich bin niemand, der lange am Strand liegt. Ich möchte etwas sehen, gerne was Neues. Unsere Welt ist so schön, so prickelnd. Nur in diesem Jahr werden wir (seine Frau und drei Kinder, Anm. der Redaktion) daheim blieben. Als Kontrapunkt zu all dem, was jetzt passiert ist, tut das sicherlich gut."Zur Medizin ist die Schönheitschirurgie hinzugekommen"Robert Sader blieb dem Bereich treu. Heute ist er einer der Key Opinion Leader in der Zahnmedizin und -chirurgie. Unter anderem agiert er als Vorstand in der Oral Reconstruction Foundation und ist Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ästhetische Zahnmedizin e.V. (DGÄZ). Er gestaltet den Wandel in der Zahnmedizin aktiv mit. Denn, dass diese sich wandelt, ist unumstritten. "Früher ging es nur darum, Krankheiten zu heilen. Aber in unserer Gesellschaft kommt immer mehr auch der Wellnessgedanke zum Tragen. Es geht um das Wohlgefühl des Patienten, und das hat auch etwas mit Ästhetik zu tun. Zur Medizin ist die Schönheitschirurgie hinzugekommen. Die Zahnmedizin kommt immer mit Zeitverzögerung hinter dem großen Bruder hinterher. Hier sehen wir dieselbe Entwicklung." Diese Entwicklung sei spannend und gefährlich zugleich. "Die DGÄZ und ich als Präsident stehen dazu, dass Ästhetik und Funktion eng zusammenhängen. Beispiel: Dysgnathien werden operativ behandelt, weil das auch eine Verbesserung der Funktion von Ober- und Unterkiefer zur Folge hat. Damit verändere ich aber auch das Erscheinungsbild des Patienten. Kurz: Heilmedizin wird durch einen kundenorientierten Bereich ergänzt, manchmal aber überschneiden sich diese Bereiche auch automatisch." Auch der digitale Wandel beschäftigt die Branche. Corona hat hier kräftig aufs Gaspedal getreten. "Es ist gut, dass wir gelernt haben, digitale Möglichkeiten in der Kommunikation aktiv zu nutzen. Aber wir erfahren auch ihre Grenzen. Kreative Prozesse oder problemlösende Diskussionen digital abzubilden, ist schwierig. Gleiches gilt für die Lehre. Die Intensität eines engagierten Lehrers kommt digital schwer rüber. Ich erwarte schon, dass der Anteil von digitaler Lehre und Kommunikation in der Zahnmedizin steigen wird, aber er wird sich bei maximal 30 Prozent einpendeln."
"Ich habe inzwischen gelernt, dass die Welt so funktioniert. Man ist ein Rädchen im großen Getriebe."Als KOL ist man Katalysator, Vordenker. Robert Sader denkt gerne quer. Manchmal zu quer für seine Zeit. Schon Anfang der 90er Jahre experimentierte er zusammen mit Kollegen mit einem 3D-Drucker und stellte die ersten individuellen Schädelmodelle und Implantate her. Damals hätten noch alle gelacht, heute arbeiten Start-ups erfolgreich mit dieser Idee. "Am Anfang hat mich das geärgert. Ich habe aber inzwischen gelernt, dass die Welt so funktioniert. Man ist ein Rädchen im großen Getriebe." Seine Gelassenheit hat vielleicht auch etwas mit der Tatsache zu tun, dass er sich schon seit seinen Studienzeiten ehrenamtlich engagiert. Seit Beginn seiner klinischen Tätigkeit operierte er zunächst in Rumänen Kinder mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten. Seit rund 15 Jahren macht er selbiges für den Verein Nicaplast. Einmal im Jahr fliegt er für zwei Wochen nach Nicaragua, um dort Babys und Kids umsonst zu operieren und die Kollegen vor Ort auszubilden. "Das erdet einen", sagt er. "Ich kann jedem nur empfehlen, sich in seinem Fachbereich ehrenamtlich zu engagieren. Oder viel zu reisen und über den Tellerrand zu schauen." Bescheidenheit und der Anspruch der persönlichen Perfektion sind seine persönliche Leitlinie. Das gibt Robert Sader auch seinen Schülern mit auf den Weg. Perfektion heißt dabei auch, die eigene Fehlbarkeit anzuerkennen. "Alle machen Fehler. Das Fehlermanagement ist wichtig. Alle geben ihr Bestes und haben dieselbe Wertschätzung verdient."