Nachhaltigkeit: Wie sich Pharmaunternehmen engagieren

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Nachhaltigkeit Pharma
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Sich im Bereich Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu engagieren, gehört für Unternehmen inzwischen zum guten Ton. Wie Pharmaunternehmen sich in diesem Kontext positionieren, welche Ansätze sie verfolgen und warum das Engagement mehr sein muss als ein nettes Add-on, das haben wir einige führende Köpfe der Branche gefragt.
Stephanie Heuser ist neue Geschäftsführerin bei Pink Carrots.
Stephanie Heuser Geschäftsführerin „Pink Carrots“. © feinkorn photography.

Nachhaltigkeit und Klimaschutz, sie gehören zu den wichtigsten Themen unserer Zeit und stellen auch die Pharmabranche vor neue Aufgaben. Diese scheint die Aufgabe angenommen zu haben. Nachhaltigkeitsziele, sagt Stephanie Heuser, Geschäftsführerin PINK CARROTS, hätten sich in der Pharmaindustrie als Management-KPIs etabliert. „In der Unternehmens-PR ist das Thema allerdings weniger präsent.“ Der Grund für die Zurückhaltung: „Traditionell von der Öffentlichkeit kritisch betrachtet, agiert man mit Nachhaltigkeits-Botschaften immer nah am Greenwashing-Verdachtsfall.“ Vorauseilende Vorsicht erzeuge jedoch den Eindruck unzeitgemäßer ‚Nachhaltigkeitsignoranz‘. „Das belastet den Unternehmenswert und sollte darum überwunden werden.“

Kommunikativ ist das Thema also eine Herausforderung, und sie ist nur dann zu wuppen, wenn das, was kommuniziert wird, auch Hand und Fuß hat, also mehr ist als ein nettes Add-on.  Wir haben uns gefragt: Inwieweit stimmt es, dass Nachhaltigkeit für die pharmazeutische Industrie von strategischer Relevanz ist, wie gehen Unternehmen vor – und lohnt sich der Invest vielleicht sogar? Unsere Umfrage lesen Sie hier.

„Ist das Engagement im Bereich Nachhaltigkeit ein Zukunftstrend, der sich für Pharma- &  Healthcare-Unternehmen auch auszahlen wird?“

Katja Preugschat - Lead Corporate Communications und GWÖ-Team bei Lilly Deutschland Kopie
Katja Preugschat, Lead Corporate Communications und GWÖ-Team bei Lilly Deutschland, © Lilly

„Bei Lilly denken wir Nachhaltigkeit über den ökologischen Ansatz hinaus. Natürlich arbeiten wir auch an ambitionierten Umweltschutzzielen. Aber genauso am Herzen liegt uns, dass wir nachhaltig mit personellen Ressourcen umgehen und ökonomisch nachhaltig handeln. Deshalb engagieren wir uns in der Gemeinwohl-Ökonomie und können seit 2020 als einziges Pharmaunternehmen unseren Beitrag zum Gemeinwohl zertifiziert nachweisen. Ein Aspekt, der Lilly nicht nur als Arbeitgeber attraktiv macht.“

Prof. Dr. Hagen Pfundner, Vorstand der Roche Pharma AG
Prof. Dr. Hagen Pfundner,
Vorstand der Roche Pharma AG Deutschland, © Oliver Hochstrasser

„Auf jeden Fall. Wir, die Industrie, müssen unseren Beitrag zu einer gesunden Welt leisten. Dabei sollten
Ökonomie, Ökologie und Soziales in einen Dreiklang gebracht werden. Das gelingt uns, wenn wir diese
Werteorientierung in jede Entscheidung und jedes Projekt einbringen. Bei Roche haben wir bereits große
Anstrengungen unternommen und unseren globalen CO2-Ausstoß von 2011–2021 um 51 % reduziert; bis
2030 wollen wir unseren CO2-Ausstoß nochmals halbieren. Mitmachen lohnt sich für alle.“

Nina Warnecke, Senior Manager Global Health & Social Impact bei Pfizer Deutschland
Nina Warnecke, Senior Manager Global Health & Social Impact bei Pfizer, Deutschland, © Pfizer

„Der Klimawandel wird sich tiefgreifend auf Gesellschaft und öffentliche Gesundheit auswirken und bedarf einer gesamtgesellschaftlichen Anstrengung, was auch den Privatsektor inkludiert. Wir richten unser Handeln bereits seit zwei Jahrzehnten nachhaltig aus; die Schwerpunkte im Bereich Umwelt liegen u.a. auf einem schonenden Umgang mit Ressourcen und nachhaltigen Arzneimitteln. Handlungsfähig werden in Zukunft nur Unternehmen sein, die die sozial-ökologische Transformation ganzheitlich vorantreiben.“

Wie engagiert sich Ihr Pharma-/Healthcareunternehmen im Sektor Nachhaltigkeit?

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Stefan Bohling, Leiter Pen Plattform, Sanofi Frankfurt, © priv.

„Unsere Initiative ‚Planet Mobilization‘ setzt weltweit Umweltziele und integriert Umweltaspekte in den Produktlebenszyklus mit den Schwerpunkten Klimawandel, dem verantwortungsvollen Umgang mit Wasser, Artenvielfalt, Abfallwirtschaft, Pharmazeutika in der Umwelt und Eco-Design. Als eine der Maßnahmen aus der Lebenszyklus-Analyse eines unserer Insulinpens werden wir zukünftig Recyclingmaterialien für das Carry case verwenden und dadurch negative Umwelteinflüsse minimieren.“

 

 

Dr. Kristin Sattler, Vice President People & Organisation Germany, Novo Nordisk
Dr. Kristin Sattler, Vice President People & Organisation, Novo Nordisk Germany, © Novo Nordisk

„Nachhaltigkeit ist seit vielen Jahren wesentlicher Bestandteil des Engagements pharmazeutischer Industrie. Auch wir bei Novo Nordisk übernehmen Verantwortung und haben dabei ein klares Ziel vor Augen: Null Auswirkungen auf die Umwelt. Das erfordert ein konsequentes, kreislauforientiertes Denken und Handeln – aus fester Überzeugung heraus und über das gesamte Unternehmen hinweg. Die Umstellung auf klimaneutrale Prozesse ist dabei eine zentrale Säule. Aber auch das Thema Abfallvermeidung beschäftigt uns als Arzneimittelhersteller sehr. Allein Novo Nordisk produziert jährlich über 550 Millionen Einweg-Insulinpens. Das Pen-Recycling stellt uns weltweit vor große Herausforderungen. Mit einem „Take Back Pilot-Programm“ haben wir Ende 2020 in Dänemark einen ersten wegweisenden Schritt getan: Über den Apotheken-Weg werden gebrauchte Pens von den Patientinnen und Patienten eingesammelt und in einem nächsten Schritt recycelt. Und weitere Länder folgen. Wir prüfen gerade, welche Möglichkeiten es für die Umsetzung eines solchen Programms in Deutschland gibt.“  

 Kristof Boogaerts, Geschäftsführer Johnson & Johnson MedTech Deutschland über Nachhaltigkeit auf Health Relations
Kristof Boogaerts, Geschäftsführer Johnson & Johnson MedTech Deutschland

„Wir bei Johnson & Johnson sind davon überzeugt, dass Zusammenarbeit der Schlüssel zu gesteigerter Nachhaltigkeit ist. Deshalb haben wir strategische Partnerschaften in unserer Nachhaltigkeitsstrategie fest verankert, denn nur gemeinsam können wir umweltschonende Lösungen für unser Gesundheitssystem etablieren. Bei all unseren Bemühungen haben wir die Patient:innenversorgung und die Bedürfnisse von Mitarbeitenden, Verbraucher:innen und Kund:innen fest im Blick. Wir konnten zum Beispiel verschiedene Kliniken darin unterstützen, ihre Abfallmenge zu reduzieren, indem gebrauchte medizinische Instrumente recycelt und zurück in den Ressourcenkreislauf gebracht werden. Wir schützen und stärken die Gemeinschaften, in denen wir leben und arbeiten. Denn gesunde Menschen brauchen einen gesunden Planeten.“

Nachhaltigkeit Pia Clary gsk
Pia Clary, Leiterin Unternehmenskommunikation GSK, © gsk

„Wir von GSK beschreiten seit Längerem einen anspruchsvollen und wichtigen Weg zum grünen Fußabdruck: Seit 2010 konnten wir unseren Müll- und Wasserverbrauch deutlich reduzieren, ebenso unseren CO2-Ausstoß. Bei unseren Therapien achten wir darauf, welchen Fußabdruck wir hinterlassen. Wir prüfen, wo wir Medikamente noch umweltfreundlicher weiterentwickeln können – beispielhaft sind hier unsere Atemwegs-Inhalatoren genannt. Bis zum Jahr 2030 wollen wir komplett klimaneutral wirtschaften.“

 

 

Heinrich Moisa Novartis
Heinrich Moisa, Vorsitzender der Geschäftsführung Novartis Deutschland © Novartis

„Nachhaltigkeit nimmt in der Öffentlichkeit zurecht einen zentralen Stellenwert ein. Als Unternehmen sind wir uns unserer gesellschaftlichen Rolle und unserer Verantwortung bewusst. Mit innovativer Wissenschaft und hochmodernen Technologieplattformen gehen wir die zentralen Gesundheitsprobleme der Gesellschaft an. Wir erforschen und entwickeln bahnbrechende Therapien und finden neue Wege, um sie möglichst vielen Menschen zur Verfügung zu stellen.“


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