Design Thinking für Pharma: Die Technik ist nicht das Problem

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Klingt einfach, ist komplex und hat in den Augen vieler Branchen-Kenner ungeheures Potential: Design Thinking für Pharma packt das Problem bei den Wurzeln und schafft Innovationen, die beim Nutzer ankommen.

Der Name trügt: Beim Design Thinking geht es in erster Linie nicht um schickes Design – auch wenn diese Entwicklungsmethode ursprünglich von Designern entworfen worden ist. Vielmehr umschreibt der Begriff einen Prozess, der Innovationen ermöglicht, die wirklich beim Nutzer ankommen. Innovationen, die dessen Needs erkennen und Probleme lösen. Genau dieser nutzerorientierte Ansatz ist es, der Design Thinking für Pharma so interessant macht.

Design Thinking: Was ist das Besondere daran?

Info: 3 Regeln für Design Thinking

1.) Design Thinking ist eine Teamarbeit. Die Teams müssen interdisplinär zusammen gesetzt sein. Je weiter diese gefasst sind, desto besser.

2.) Kenne das Problem und erarbeite dann die Lösung. Die IT wird von Beginn an in den Entwicklungsprozess eingebunden.

3.) Schaffe Raum für Experimente – und das auch im wörtlichen Sinne. Design Thinking ist ein Spielplatz für Ideen, das sollte der Raum spiegeln und provozieren.

Die Situation kennen wir alle: Wir kaufen voller Freude ein technologisches Produkt, probieren es aus – und stellen uns die Fragen: „Wie funktioniert denn das? Hat das mal jemand ausprobiert?“ Viele Innovationen fordern uns Nutzer heraus. Sie lösen Probleme, aber sie erschaffen sie auch. Muss das so sein? Nein. Das jedenfalls sagt der SAP-Gründer Hasso Plattner. „Wir denken Innovationen immer stark technisch, fokussieren uns also auf das technische Ziel.“ Plattner gehört zu den großen Befürwortern von Design Thinking, das Hasso-Plattner-Institut gilt als deutsches Zentrum dieser Bewegung. Seiner Meinung nach geht der rein technologische Ansatz zu oft am User vorbei. Wobei es ihm nicht darum geht, die Technik an sich zu verurteilen; die ist nicht das Problem. Wohl aber der Prozess dahinter. Und das gilt auch für Pharma.

Design Thinking für Pharma: Digital Health neu gedacht

Auch wenn der stetige Wandel und die Entwicklung quasi zum Geschäftsmodell von Pharma gehören, erlebt diese mit der digitalen Transformation einen Umbruch, der lang gelebte Unternehmensstrukturen in Frage stellt. Die personalisierte Medizin rückt in den Fokus und Patient Centricity erhält eine neue Gewichtung. Digitale Tools ermöglichen Pharma ganz neue Wege in der Arzt- und Patientenkommunikation. Doch bei all diesen Möglichkeiten ist es gerade der Nutzer und seine Erfahrungen, die ins Hintertreffen geraten. „Das ist in gewisser Weise der größte Feind von Digital Health. 80 Prozent der Angebote, die ich kenne, basieren auf Technologie. Darüber vergessen wir die User Experience,” sagte Gregory Miller, Vice President, Global Head Marketing and Innovation Excellence bei UCB, Mitte des Jahres auf der EYEFORPHARMA. Der belgische Pharmakonzern arbeitet bereits länger an einer auf Design Thinking basierten Unternehmenskultur. Miller verspricht sich viel von dieser Strategie.

Design Thinking für Pharma ist kein Wundermittel. In erster Linie ist es Arbeit.

Doch auch diese Methode ist kein Alleingänger. Ihr Erfolg ist abhängig von vielen Faktoren. Die Arbeit mit Teams ist sensibel. Langjährige Mitarbeiter von neuen Prozessen zu überzeugen, ist mitunter anstrengend. Und gerade für IT-Mitarbeiter ist der Design-Thinking-Ansatz neu. Umso wichtiger ist deren Einbindung und eine lückenfreie Kommunikation im Team. Auch Miller betont in seinen Ausführungen, dass es immens wichtig sei, die Bereiche Kreation, Entwicklung und Implementierung zu mischen. Alle müssen an einem Strang ziehen. „Die meisten Unternehmen haben eine eigene Innovationseinheit geschaffen, weil sie erkennen, dass es sehr schwierig ist, Innovationen voranzutreiben.“

Das aber würde zu Problemen bei der Implementierung von Ideen führen, weshalb man bei UCB auf die Mischung aller am Prozess Beteiligten setze. „Wir machen global die Innovatoren in unserem Konzern ausfindig, setzen sie in Teams zusammen und erarbeiten in Challenges Problemlösungen für unterschiedliche Themen.“ Rund 15 Challenges hätte es bis jetzt gegeben. „In Zukunft, so die Idee, wird es eine Reihe von Inhouse Innovation Champions geben, die mit Design Thinking vertraut sind und für einen Bruchteil der Kosten eines externen Coaches zur Verfügung stehen.“  Auch das ist ein Vorteil: Design Thinking kann Kosten sparen und eigenes Potential entfachen.

Design Thinking für Pharma ist mit Sicherheit nicht der leichteste Weg, um Innovationen zu entwickeln und zu implementieren. Dieser Weg hat viele Wendungen. Aber auch Serpentinen führen irgendwann nach oben zum Ziel. Am Ende sogar sicherer.

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