Elektronische Patientenakte: Was bringt die ePA für Pharma?

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elektronische Patientenakte
© guukaa / Adobe Stock
Die elektronische Patientenakte ist da. Was bringt sie und  welchen Nutzen könnte die Pharmaindustrie daraus ziehen? Wir haben geschaut, worauf sich die Branche einstellen kann.

Seit Anfang des Jahres ist die elektronische Patientenakte– oder kurz ePA – eingeführt. Dahinter versteckt sich ein Meilenstein in Sachen Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens. Zum erstem Mal soll damit nämlich die individuelle Krankengeschichte eines Versicherten dokumentiert werden. Sie enthält Patientendaten wie Diagnosen, Therapieempfehlungen, unverträgliche Medikamente etc. in elektronischer Form. Ziel ist, Patienten die Möglichkeit zu geben, Behandler mit den wichtigsten Gesundheitsinformationen zu versorgen. Die Hoheit über die Daten verbleibt dabei beim Patienten. Welchen Nutzen birgt die ePA für Pharma?

Was kann die ePA?
Die elektronische Akte soll u.a. dabei helfen, Informationen über Sektoren und interdisziplinär-fachübergreifende Grenzen hinweg besser zu verbreiten. Die ePA kann Dokumente wie Arztbriefe, Befunde, den elektronischen Medikationsplan, Laborwerte, Ultraschall- oder Röntgenbilder enthalten. Ab 2022 soll darin auch der Impfausweis, der Mutterpass, das gelbe U-Heft für Kinder oder das Zahn-Bonusheft abgelegt werden. Mit der elektronischen Gesundheitskarte kann der Versicherte kontrollieren, welche Informationen gespeichert sind und gemeinsam mit dem Arzt entscheiden, welche Daten in der Akte gespeichert werden und wer diese sehen darf. Seit dem 1. Januar 2021 haben gesetzlich Versicherte ein Anrecht auf die Nutzung einer ePA. Die Akte wird den Krankenkassen kostenfrei zur Verfügung gestellt. Nutzer können darauf über auf mobile Endgeräten, wie zum Beispiel ein Smartphone oder ein Tablet, zugreifen.

Elektronische Patientenakte: Daten für die Forschung

Zusammen mit dem Patientendatenschutzgesetz (PDSG) sollen digitale Angebote wie das E-Rezept oder die elektronische Patientenakte nutzbar gemacht werden. Denn damit können Versicherte mittels sicherer App E-Rezepte künftig in einer Apotheke ihrer Wahl einlösen. Darüber hinaus lassen sich Facharzt-Überweisungen digital versenden. Und schließlich erhalten Patienten mit dem PDSG ein Recht darauf, dass der Arzt ihre elektronische Patientenakte (ePA) befüllt. Gleichzeitig sieht das Gesetz vor, den Weg für eine Nutzung der Daten aus der ePA für die Forschung freizumachen.

Bereits vor der Corona-Pandemie hatte sich die Bundesregierung vor dem Hintergrund des Digitalen Versorgungsgesetzes (DVG) als ein wichtiges eHealth-Projekt die Etablierung von elektronischen Patientenakten vorgenommen, die auch der Forschung dienen können. Die Akten sollen als Basis dienen, um Gesundheitsdaten aus Krankenhäusern und Arztpraxen für die medizinische Forschung verfügbar zu machen.

Doch wie könnte so etwas in der Praxis aussehen?  Welchen Vorgaben muss Rechnung getragen werden, damit die Persönlichkeitsrechte der Patienten nicht angetastet werden? Eine Studie der Bundesdruckerei aus dem letzten Jahr hat sich mit diesen Fragen beschäftigt und macht konkrete Vorschläge.

Bürger würden Daten spenden

Die Untersuchung zeigte zunächst, dass die Bürger solchen Szenarien grundsätzlich positiv gegenüberstehen: So ist laut der Untersuchung jeder zweite Deutsche bereit, seine Gesundheitsdaten für die Forschung zur Verfügung zu stellen. Als Voraussetzung nennt die Mehrheit jedoch die Garantie, dass die Datenhoheit weiter beim Patienten liegt. Zwei Drittel der Befragten sprach sich außerdem für eine „Opt-in-Regelung“ aus. Diese Regelung sieht die vor, dass Patienten der Datenübermittlung an die Forschung ausdrücklich zustimmen.

Um Datenmissbrauch vorzubeugen, sollen künftig unterschiedlicher Organisationen eingeschaltet werden. So brachten die Studienmacher das Einsetzen eines Datentreuhänders ins Spiel, der als eine unabhängige Vertrauensinstanz fungiert. Der Datentreuhänder vermittelt die Daten zwischen Datengeber und Datennutzer sicher und gesetzeskonform. Ihm fiele auch die Aufgabe zu, die Daten zu pseudonymisieren.

Pharma von Antrag bei Datenzentrum ausgeschlossen

Sind erst einmal genügend Daten zusammengekommen, können diese, so der Wille der Bundesregierung, über einen Antrag von dem geplanten Forschungsdatenzentrum für Forschungszwecke beantragt werden. Man könnte meinen, dass das die forschende Pharmaindustrie freuen dürfte. Das würde es auch, wären sie nicht von der Antragstellung ausgeschlossen. Bisher sieht die gesetzliche Regelung das nicht vor. Entsprechend enttäuscht reagierten Pharmavertreter bei der Vorstellung des PDsG. In einem gemeinsamen Papier kritisierten die acht Verbände der eHealth-Allianz, dass „die leistungsfähigsten Akteure der forschenden Gesundheitswirtschaft vom Antragsrecht zum geplanten Forschungsdatenzentrum ausgeschlossen werden sollen“ und forderte Nachbesserung. Vor allem für die Erforschung und Therapie seltener Erkrankungen könnte die Analyse von Patientendaten große Fortschritte bringen, hieß es in dem Papier weiter.

Wie wichtig die Forschung für die Gesellschaft ist, haben die letzten Monate gezeigt. In dieser Zeit hat sie eine zentrale gesellschaftliche und politische Rolle eingenommen. Mit Hochdruck wurde an Arzneimitteln und einem Impfstoff gegen das Coronavirus gearbeitet – doch ohne Daten ist das undenkbar. In Anbetracht der Erkenntnisse der letzten Wochen  und Monate ist durchaus realistisch anzunehmen, dass die Bundesregierung den Forderungen der Pharmaindustrievertreter nachkommen wird. Wenn das passiert, steht den Pharmafirmen in Zukunft ein riesiger Datenschatz zur Verfügung.


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