Morgan Selzer, Headspace: „Wer Top-Talente anziehen will, muss in Mental Health investieren“

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Morgan Selzer, Headspace
"Wenn Sie sich in Ihrem Büro, Ihrer Arbeit oder Ihrem Unternehmen unterstützt fühlen, können Sie bessere und mutigere Dinge erreichen. Es profitieren sowohl die Mitarbeitenden als auch die Unternehmen davon, sich um die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden zu kümmern", sagt Morgan Selzer. © Headspace
Morgan Selzer ist Chief Content Officer von Headspace, einem englisch-amerikanischen Unternehmen, das die gleichnamige Meditations-App u.a. in Deutschland auf den Markt gebracht hat. Sie ist überzeugt: Unternehmen müssen sich um die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden kümmern.

Health Relations: Headspace widmet sich seit vielen Jahren dem Thema psychische Gesundheit und hat eine gleichnamige Meditations-App herausgebracht. Warum sollten sich Menschen mehr mit Meditation und ihrer mentalen Gesundheit beschäftigen?

Morgan Selzer:  Es ist wissenschaftliche erwiesen, dass Meditationen Stress und Ängste reduzieren und Mitgefühl fördern. Headspace ist ein digitales Werkzeug für psychische Gesundheit, das Menschen helfen soll, achtsamer zu sein und weniger gestresst zu leben.  Die Übungen können auch das Ein- oder Durchschlafen unterstützen. Musik ist ein weiterer wichtiger Faktor, der Menschen hilft, sich zu fokussieren.

Health Relations: Sie sprechen mit der App auch die medizinischen Fachkräfte und Unternehmen an. Wie sieht Ihre Kommunikation in diesen Zielgruppen aus?

Morgan Selzer: Wir haben ein großes Direct-to-Consumer-Geschäft, aber auch Unternehmen wie HelloFresh, Disney, Tier, Starbucks und Adobe bieten die App im Rahmen ihrer betrieblichen Gesundheitsförderung an.  Und natürlich gibt es viele Therapeut:innen und Fachkräfte, die mit ihren Klient:innen über mentale Gesundheit sprechen, ob es sich um Ärzt:innen handelt, deren Klient:innen nicht genug Schlaf bekommen, oder Therapeut:innen, deren Klient:innen ein Werkzeug zur Unterstützung benötigen.  Wir haben sogar Partnerschaften mit verschiedenen medizinischen Einrichtungen geschlossen. Während der Pandemie haben wir in Großbritannien mit dem NHS und in Los Angeles mit dem LA County zusammengearbeitet, wo alle Einwohner des LA Countys kostenlos auf Headspace zugreifen konnten. Auch einige Versicherungen bieten das Programm ihren Patient:innen kostenlos an.

„Unternehmen müssen eine Arbeitsumgebung oder eine Unternehmenskultur pflegen, die sich um die Menschen kümmert. Die Fürsorge für die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden ist ein Teil davon.“

Health Relations: In Deutschland gibt es eine Reihe von digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) für mentale Gesundheit, die von Ärzt:innen verschrieben und von Krankenversicherungen erstattet werden. Planen Sie einen Ausbau der App in diese Richtung?

Morgan Selzer: Nein. Mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz hat Deutschland Pionierarbeit in Sachen Digitalisierung des Gesundheitswesens geleistet: Ärzt:innen und Therapeut:innen können digitale Anwendungen, die ein strenges Prüfverfahren durchlaufen haben, allen Versicherten in Deutschland kostenfrei auf Rezept verschreiben. Wir beobachten diese Entwicklung natürlich sehr genau, zum aktuellen Zeitpunkt gibt es jedoch keine Pläne, Headspace in Deutschland als DiGA einzureichen.

Health Relations: Halten Sie es im Allgemeinen für wichtig, dass Unternehmen in die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden investieren?

Morgan Selzer:  Zunächst einmal denke ich, dass es wichtig und eine Frage des Anstands ist, dass Unternehmen Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, sich um ihre psychische Gesundheit zu kümmern. Darüber hinaus gibt es Studien, die zeigen, je weniger gestresst und ängstlich man ist, desto produktiver ist man bei der Arbeit und desto weniger Krankheitstage nimmt man. Es gibt also eine direkte Beziehung zwischen psychischer Gesundheit und Produktivität.

Health Relations: Wenn es zu viel Stress bei der Arbeit gibt, sollte die erste Idee sein, den Stress zu reduzieren – und nicht eine Meditations-App zur Verfügung zu stellen. Das könnte natürlich eine zusätzliche Maßnahme sein. Wie sehen Sie das?

Morgan Selzer: Ich denke, es ist eine Kombination aus allem. Manchmal geht es nicht nur um die Arbeitsbelastung. Wenn man sich zum Beispiel die Zeit während der Pandemie ansieht, war das eine Zeit extremer akuter Belastung, mit der die Menschen umgehen mussten. Angehörige wurden krank, ihre Zeitpläne wurden durcheinandergebracht, in den USA konnten die Kinder nicht zur Schule gehen, Kinder und Erwachsene fühlten sich allein. Wer einen geliebten Menschen verloren hat, muss mit Trauer umgehen. Das hat nichts mit der Arbeitsbelastung zu tun. Es gibt viele Dinge jenseits der Arbeitsbelastung, die die psychische Gesundheit und den Stress am Arbeitsplatz beeinflussen.

„Es profitieren sowohl die Mitarbeitenden als auch die Unternehmen davon, sich um die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden Zu kümmern.“

Health Relations: Sollten sich Unternehmen dafür verantwortlich fühlen, Mitarbeitenden bei der Reduzierung von Stress zu helfen, der nicht auf ihre Arbeit zurückzuführen ist?

Morgan Selzer: Ich weiß nicht, ob sie sich dafür verantwortlich fühlen sollten, aber ich denke, wenn Unternehmen Top-Talente anziehen und Menschen gewinnen wollen, dann müssen sie zeigen, dass sie eine Arbeitsumgebung oder eine Unternehmenskultur pflegen, die sich um die Menschen kümmert. Die Fürsorge für die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden ist ein Teil davon. Letztendlich suchen Unternehmen nach Wegen, um die brillantesten Köpfe anzuziehen. Wenn Sie ein brillanter Kopf sind, möchten Sie an einem Ort sein, an dem Sie Unterstützung erfahren.

Health Relations: Bei Unternehmen aus dem Gesundheitswesen liegt dieser Gedanke besonders nahe. 

Morgan Selzer: Wenn ein Pharmaunternehmen Medikamente herstellt, sollte es auch die allgemeine Verantwortung übernehmen, sein Bestes für die Gesundheit der Menschen – und die Gesundheit seiner Mitarbeitenden – zu tun. Mein Team beispielsweise ist ein sehr kreatives Team. Und die Arbeit, die wir geleistet haben, die Erfolge, die wir erzielt haben, sind so großartig, weil wir an einem Ort sind, an dem wir uns wirklich in unseren Vorhaben unterstützt fühlen. Wenn Sie sich in Ihrem Büro, Ihrer Arbeit oder Ihrem Unternehmen unterstützt fühlen, können Sie bessere und mutigere Dinge erreichen. Es profitieren sowohl die Mitarbeitenden als auch die Unternehmen davon, sich um die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden zu kümmern.

Was ist Headspace?
Das 2010  gegründete englisch-amerikanische Unternehmen Headspace hat sich auf die Themen Meditation und Achtsamkeit spezialisiert. Die Meditations-App Headspace ist in fünf Sprachen verfügbar, Englisch, Französisch, Deutsch, Spanisch und Portugiesisch, und verzeichnet mehr als 100 Millionen Nutzer:innen weltweit. Sie bietet Meditationen, Atemübungen, Musik, geführte Läufe, Yoga und Entspannungsübungen an.

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