Matthias Wernicke, Merck: „Innovationen verlangen Neugier und Commitment“

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Dr. Matthias Wernicke, Geschäftsführer der Merck Healthcare Germany GmbH, © Merck
Merck ist ein Familienunternehmen mit einer langen Tradition. Matthias Wernicke, Geschäftsführer der Merck Healthcare Germany GmbH, berichtet im Interview über den Innovationsstandort Deutschland, Imageprobleme der Branche und die Frage, wie Pharma besser vermitteln kann, was sie eigentlich tut.

Health Relations: Sie haben seit September 2021 die Position als Geschäftsführer der Merck Healthcare Germany GmbH inne. Bitte ziehen Sie eine kurze Bilanz.

Dr. Matthias Wernicke: Ich bin hier nicht auf Neuland gestoßen. Hier gab es schon immer ein starkes und engagiertes Team mit einem umfangreichen Produktportfolio. Deutschland ist sowohl vom Umsatz als auch als auch von der Verankerung in der Heimat einer der wichtigsten Märkte für uns. Als ich ankam, habe ich erst einmal zugehört, um zu verstehen, was für Merck Deutschland wichtig ist.

Wenn ich zum Jahresende zurückblicke, bin ich sehr stolz auf unsere Mitarbeiter:innen. Merck steht für Neugier und Pioniergeist. Dies zeigt sich auch in Zahlen. 2022 können wir alleine in Deutschland auf 20 wissenschaftliche Publikationen und rund 40 laufende medizinische Studien zurückblicken. Und nicht zuletzt: 2022 versorgten wir 1,2 Millionen Patient:innen in Deutschland mit unseren Therapien.

Health Relations: Wie würden Sie die aktuelle Position von Merck im Markt beschreiben?

Dr. Matthias Wernicke: Als sehr stark. Ein Beispiel: Anfang 2022 haben wir ein innovatives Präparat im Bereich der Onkologie gelauncht. Nach Zulassung konnten wir das Präparat in Rekordzeit in Deutschland verfügbar machen – denn jeder Tag zählt für unsere Patient:innen. Auch aus der Ärzteschaft erhielten wir sehr positive Rückmeldung, für diese Indikation nun eine spezifische präzisionsmedizinische Behandlung anbieten zu können. In diesem Jahr nahmen insgesamt mehr als 7.000 Patient:innen an unseren klinischen Studien deutschlandweit teil. Dies zeigt unser Engagement in der klinischen Forschung und in der Patientenversorgung.

Health Relations: Sie waren zuvor in Österreich und Russland für Merck tätig. Welche Unterschiede haben Sie bemerkt?

Dr. Matthias Wernicke: Merck ist ein global agierendes Unternehmen und ein DAX-Konzern. Unabhängig vom Standort habe ich die starke, gemeinsame Kultur von Merck wahrgenommen. Pinoiergeist und Innovationskraft sind seit jeher feste Bestandteile unserer Firmen-DNA. Wir legen viel Wert auf lokale Verantwortung, das ermöglicht es mir, als Geschäftsführer in eine verantwortungsvolle Rolle zu gehen. Wir sind in Deutschland Teil eines Gesamtgefüges, das aber häufig eine Pilotfunktion für das Gesamtunternehmen hat. Das liegt sicher auch daran, dass wir eine der größten Niederlassungen sind.

Unterschiede gibt es in der Ausgangslage zwischen den Ländern. Die aktuelle Regierung hat die Potentiale des Pharmastandorts Deutschland erkannt und sich zum Ziel gesetzt, Deutschland zum „international führenden Biotechnologie-Standort“ zu entwickeln. Die im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz verabschiedeten Maßnahmen schaden jedoch diesem Vorhaben. Dies ist umso schmerzlicher mit Blick auf die Anstrengungen anderer Länder wie China, Frankreich und den USA zur Förderung ihrer heimischen Arzenimittelindustrie.

Innovationen bedürfen Wertschätzung. Denn Wertschätzung der klinischen Forschung ist notwendige Voraussetzung, damit Arzenimittelhersteller ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltig agieren können.

Über Merck
Merck, ein führendes Wissenschafts- und Technologieunternehmen, ist in den Bereichen Life Science, Healthcare und Electronics tätig und hat mehr als 60.000 Mitarbeitende Von Produkten und Services zur schnelleren Entwicklung und Herstellung von Medikamenten über die Entdeckung einzigartiger Wege zur Behandlung von Krankheiten bis zur Bereitstellung von Anwendungen für intelligente Geräte – Merck ist überall. 2021 erwirtschaftete Merck in 66 Ländern einen Umsatz von 19,7 Milliarden Euro. Wissenschaftliche Forschung und verantwortungsvolles Unternehmertum sind für den technologischen und wissenschaftlichen Fortschritt von Merck entscheidend. Dieser Grundsatz gilt seit der Gründung 1668. Die Gründerfamilie ist bis heute Mehrheitseigentümer des börsennotierten Konzerns. Merck hält die globalen Rechte am Namen und der Marke Merck. Die einzigen Ausnahmen sind die USA und Kanada, wo die Unternehmensbereiche als MilliporeSigma, EMD Serono und EMD Electronics auftreten. Merck Healthcare ist in Deutschland in den Indikationen Neurologie, Onkologie, Fertilität, Endokrinologie und Allgemeinmedizin aktiv.

Health Relations: Merck hat sich bewusst für den Standort Deutschland entschieden. Inwieweit spielt das eine Rolle, wenn es um die Entwicklung echter Innovationen geht?

Dr. Matthias Wernicke: Wir sind ein deutsches Unternehmen mit deutschen Traditionen. Viele Innovationen wurden hier entwickelt, aber der Trend geht dazu, dass die meisten Innovationen im Ausland entwickelt werden. Als global aufgestelltes Unternehmen sind wir mit den eigenen Standorten in einem Wettbewerb. So sehr wir uns für den deutschen Standort aussprechen, müssen wir auch immer prüfen, wo die Bedingungen so sind, dass sie Innovationen fördern. .In diesem Jahr haben wir drei Grundsteinlegungen gehabt – zwei große Healthcare-Innovationszentren und ein Ausbildungszentrum. Die Investitionen in Infrastruktur und unsere Menschen sind Teil eines größeren Investitionspakets  über 1,5 Milliarden Euro in Darmstadt und auch Zeichen unseres klaren Commitments zum Standort Deutschland. Allerdings haben wir hier immer wieder mit Hindernissen zu kämpfen. Innovationen leben davon, dass man Dinge schnell und unkompliziert umsetzen kann. Eine klinische Studie aufzusetzen, dauert in Deutschland oft sehr lang. Die Bürokratie ist enorm. Uns fällt es unter diesen Umständen schwer, die deutsche Innovationsfähigkeit zu beurteilen.

Health Relations: Was bereitet Ihnen als Pharmaindustrie Probleme?

Dr. Matthias Wernicke: Wir entwickeln immer wieder richtige Innovationen, etwa, wenn wir Medikamente, die es vorher nicht gab, für Erkrankungen auf den Markt bringen. Wir verwirklichen aber auch sogenannte Schrittinnovationen. Darunter versteht man Innovationen, die auf bereits existierenden Innovationen aufbauen. Wir sind in Deutschland nicht gut, diese Schrittinnovationen zuzulassen und zu honorieren. Das verabschiedete GKV-Finanzstabilisierungsgesetz wird dafür sorgen, dass diese Schritte nicht finanziert werden, weil sie als zu klein erachtet werden. Wir können aber nicht immer etwas komplett Neues erfinden.

Health Relations: Was würden Sie sich stattdessen wünschen?

Dr. Matthias Wernicke: Statt einem apodiktischen „so machen wir das“ der Politik würde ich mir mehr Dialog zwischen Kassen, Politik und Arzneimittelherstellern wünschen.

Health Relations:  Ärzt:innen erwarten heute von Pharmafirmen nicht nur gute Produkte und Innovationen, sondern auch, dass sie Haltung zeigen und in Übereinstimmung mit dem firmeneigenen Werten in Bezug auf soziale, ökologische oder ökonomische Themen handeln. Wie gelingt Ihnen das?

Dr. Matthias Wernicke: Unser Unternehmen ist mehr als 350 Jahre alt, wir sind ein Familienunternehmen mit einem Wertekanon, den wir immer adaptiert haben, aber stets weitergegeben haben. Wir kommunizieren ihn intern und extern. Bei allem was wir tun, stellen wir unsere Patient:innen in den Fokus. Unsere Werte Verantwortung, Transparenz, Mut, Integrität, Leistung und Respekt zielen darauf ab, dies zu erreichen.

„Ein Familienunternehmen denkt in Generationen.“

Health Relations: Haben Sie Beispiele, an denen Sie Ihre Haltung zeigen?

Dr. Matthias Wernicke: Ja, es gibt ein globales Ranking, den “Access to Medicine Index”. Er listet die 20 größten Pharmaunternehmen der Welt nach ihrer Fähigkeit auf, ihre Arzneimittel in 106 Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen verfügbarer, erschwinglicher, zugänglicher und akzeptabler zu machen. In den vergangenen Jahren waren wir immer unter den Top fünf. Das zeigt, wie sehr wir uns bemühen, mit unseren Produkten auch in Ländern mit niedrigem Einkommen verfügbar zu sein. Das ist uns sehr wichtig. Ein anderes Beispiel: Auf dem afrikanischen Kontinent sind wir sehr aktiv. Hier fördern wir etwa die Malaria-Forschung und verteilen kostenlos ein Arzneimittel gegen Parasitenbefall. Und noch ein Beispiel für unser ökologisches Engagement: Merck hat die Verpackung eines Präparats in der Fertilität bewusst verkleinert und so optimiert, dass wir hier die CO₂-Emissionen deutlich verringern konnten.

Health Relations: Kommen wir noch einmal darauf zurück, dass Merck ein Familienunternehmen ist. Wie zeichnet das ihre Firma aus?

Dr. Matthias Wernicke: Wir sind auf der einen Seite ein global operierender DAX-Konzern.  Damals wurde von der Familie Merck bewusst entschieden, sich der öffentlichen Überprüfbarkeit, die mit der Aufnahme in den DAX verbunden ist, zu stellen. Auf der anderen Seite haben wir ein sehr starkes Rückgrat durch die Familieneignerschaft. Die Familie ist selbst nicht mehr im Geschäft tätig, sondern arbeitet auf Aufsichtratseben. Aber, so eine Familie denkt in Generationen. Ihr Hauptziel ist, den Konzern intakt zu halten und in einer besseren Form an die nächste Generation weiterzugeben. Das schlägt sich auch im Alltag nieder, indem Prioritäten an Führungskräfte wie Mitarbeiter:innen weitergegeben werden. Dieses nachhaltige Unternehmertum wird aktiv gelebt. Nicht zuletzt führt das auch zu einer hohen Flexibilität. Denn die Familie weiß auch, dass sie sich anpassen muss, wenn sie etwas weitergeben will.

Ich war vorher lange in einer Unternehmensberatung. Meine Entscheidung für Merck zu arbeiten, lag auch an diesem unternehmerischen Grundgedanken. Auch die Möglichkeit, Dinge schnell ausprobieren und voranbringen zu können, hat mich gereizt. In acht Jahren habe ich nun meine vierte Stelle bei Merck. Für mich unterstreicht dies die Chancen für Mitarbeiter:innen bei Merck – Internationalität, neue Impulse und Herausforderungen in anderen Rollen. Wachstum durch Neugier und Veränderung.

Health Relations: Wie Ihr Unternehmen von außen wahrgenommen wird, spielte ja auch während der Corona-Pandemie eine Rolle. Umfragen haben gezeigt, dass die Branche ihr Image verbessern konnte. Was kann die Pharmaindustrie tun, damit dieser Trend weitergeht?

Dr. Matthias Wernicke: Ich frage mich oft, wo das oft negative Image der Pharmabranche herkommt, denn eigentlich bemühen wir uns doch mit den schlausten Köpfen des Landes darum, Patient:innen zu heilen. Unser Motto ist: „Leben schaffen, Leben verbessern, Leben verlängern.“ Ich glaube, es ist wichtig, eine Transparenz darüber herzustellen, was wir machen und wofür unsere Produkte eigentlich gut sind. zum Beispiel ist jedes sechste Paar in Deutschland ungewollt kinderlos. Mithilfe von Merck-Produkten wurden weltweit fünf Millionen Babys geboren. Das ist doch eine tolle Zahl und die Menschen, die dank unserer Medikamente Eltern werden konnten, sind unendlich dankbar. Ich glaube, wir müssen viel daran arbeiten, dass der Wertbeitrag, den alle Pharmaunternehmen zu unserer Gesellschaft einbringen, transparent dargestellt wird. Nur so stellen wir sicher, dass unsere Arbeit verstanden und auch ihr Wert geschätzt wird.

Health Relations: Wo liegt Ihrer Meinung nach das größte Problem?

Dr. Matthias Wernicke: Ich glaube, wir als Pharmaindustrie müssen in Sachen Kommunikation besser werden. Wir kommunizieren zu verkopft. Wenn die Menschen nicht verstehen, was wir beabsichtigen, können wir keine Transparenz und Glaubwürdigkeit erzeugen. Das führt dazu, dass wir uns manchmal  für die Außenwelt in einer Black Box befinden.

Health Relations: Ist das ein Ziel von Ihnen, die Kommunikation an dieser Stelle zu verbessern?

Dr. Matthias Wernicke: Unbedingt. Merck hat da auch eine günstige Position. Wir werden mit unserem Markennamen positiv wahrgenommen. Außerdem sind wir eine gute Anlaufstelle für junge Menschen, die sich für wissenschaftliche Berufe interessieren. Diese günstigen Voraussetzungen und das uns entgegengebrachte Vertrauen wollen wir einsetzen, um Mensch für den Forschungsstandort Deutschland zu begeistern und bestmögliche Therapie für unsere Patient:innen anbieten zu können.

Dieses Interview führte Miriam Mirza / Health Relations.

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