TikTok: Ein aussichtsreicher Kanal fürs Pharma-Recruiting

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Maximilian-Kraft, Pates
"Die Themen auf TikTok sollten immer gut überlegt sein und eine ausgewogene Balance zwischen Humor und Ernsthaftigkeit enthalten", Maximilian Kraft, Inhaber der Münchener Personalberatung pates © pates
Maximilian Kraft ist Geschäftsführer der Personalberatung pates. Er sagt: Ein Pharmaunternehmen hat gute Argumente an der Hand, um die junge Generation von sich als Arbeitgeber zu überzeugen. Im Wettbewerb um junge Talente ist die Social-Media-Plattform TikTok ein unterschätztes Instrument.
In diesem Interview erfahren Sie:

 

Health Relations: TikTok ist für Sie ein aussichtsreicher Kanal, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Dennoch gibt es bislang so gut wie kein Pharmaunternehmen auf TikTok. Woran liegt Ihrer Meinung nach die Zurückhaltung?

Maximilian Kraft: Ich glaube, dass die meisten Pharmaunternehmen aktuell noch keine Bezugspunkte mit TikTok haben und sich deshalb nicht trauen, die Plattform als Tool in der Mitarbeitergewinnung heranzuziehen. In gewisser Hinsicht wird auch die Meinung vertreten, dass die Plattform nicht seriös genug sei, was ein weiterer Grund ist, weshalb Pharmaunternehmen hier eher zurückhaltend sind. Immer mehr Unternehmen nutzen TikTok jedoch als unverzichtbaren Kanal im Marketing, was die Plattform immer mehr zu einem seriösen Marketingtool macht. Auch Instagram galt schließlich eine Zeit lang als unseriös und ist jetzt ein beliebter Kanal für Unternehmen aus verschiedenen Branchen geworden.

„Wer jetzt noch auf den Zug aufspringt, kann sich dabei als moderner und attraktiver Arbeitgeber positionieren und sich von jenen Unternehmen abheben, die die Chance noch nicht erkannt haben.“

Health Relations: Gibt es noch andere Hürden?

Maximilian Kraft: Abgesehen davon ist auch die notwendige Häufigkeit der Postings, mindestens zweimal täglich, eine Hürde für viele Pharmaunternehmen. Trotzdem müssen Pharmaunternehmen im Kampf gegen den Fachkräftemangel auch die junge Generation ansprechen – und diese befindet sich nun einmal auf TikTok. Es führt also kein Weg daran vorbei. Wer jetzt noch auf den Zug aufspringt, kann sich dabei als moderner und attraktiver Arbeitgeber positionieren und sich von jenen Unternehmen abheben, die die Chance noch nicht erkannt haben.

Health Relations: Sie sagen, es sei sinnvoll, zwei oder mehr Clips täglich zu posten – das ist ja eine ganze Menge. Welche Art von Content könnte das sein?

Maximilian Kraft: Ja, das ist durchaus sinnvoll. Die meisten Pharmaunternehmen haben aktuell beispielsweise Schwierigkeiten damit, Laborant:innen oder Chemikant:innen zu finden. Diese müssen gezielt angesprochen und von der jeweiligen Stelle durch die richtige Kommunikation überzeugt werden. Um das zu erreichen, müssen Pharmaunternehmen auch zeigen, dass es sich dabei um einen interessanten Job handelt. Als Content-Format eignen sich daher Videos am besten. Aber auch Video-Serien eignen sich optimal, um regelmäßige Einblicke in das Unternehmen zu geben. So könnten Pharmaunternehmen beispielsweise eine Serie namens “Montags im Labor” erstellen und darin Einblicke in den Arbeitsalltag geben. So haben potenzielle Kandidat:innen auch die Möglichkeit, das Unternehmen kennenzulernen. Weitere Möglichkeiten sind spezifische Themen- oder Meme-Kanäle auf TikTok, die sich in den USA schon mehrfach bewährt haben. Alles in allem ist es wichtig, dass man immer die Interessen der Bewerber:innen berücksichtigt – schließlich hängt ein erfolgreiches Marketing stark davon ab, wie gut man die eigene Zielgruppe kennt.

„Die junge Generation braucht ein ‚Warum’– und das ist in einem Pharmaunternehmen, das zur Weltgesundheit beiträgt, in jedem Fall vorhanden. Dieses “Warum” können Corporate Influencer authentisch nach außen tragen.“

Health Relations: Sie plädieren dafür, zusätzlich zum Unternehmenskanal mit Corporate Influencer:innen zu arbeiten, also Mitarbeitenden aus dem Unternehmen. Welchen Vorteil bietet das? Haben Sie ein Beispiel, wo das gut funktioniert?

Maximilian Kraft: Wenn jemand für ein Pharmaprodukt plädiert, das auch bei der jungen Zielgruppe bekannt ist, ist das für Pharmaunternehmen natürlich ein Riesenvorteil, da der Plädierende nicht nur das Produkt vertreibt, sondern auch das Unternehmen als Marke stärkt. Corporate Influencer:innen können zudem auf TikTok davon berichten, wie es ist, in Pharma zu arbeiten. Viele junge Menschen stellen sich den Arbeitsalltag in Pharmaunternehmen nämlich sehr langweilig vor, obwohl genau das Gegenteil der Fall ist. Entscheidend ist nur, wie das nach außen kommuniziert wird: Die junge Generation braucht ein “Warum” – und das ist in Pharmaunternehmen, das zur Weltgesundheit beiträgt, in jedem Fall vorhanden. Dieses “Warum” können Corporate Influencer:innen authentisch nach außen tragen.

Health Relations: Was sind die No-Gos bei der Fachkräftesuche auf TikTok?

Maximilian Kraft: Ein großes No-Go bei der Fachkräftesuche ist, sich lächerlich zu machen. Das kann auch wirklich gefährlich für das eigene Image werden. Die Themen sollten daher immer gut überlegt sein und eine ausgewogene Balance zwischen Humor und Ernsthaftigkeit enthalten. Gerade für Pharmaunternehmen ist es schließlich wichtig, stets eine gewisse Ernsthaftigkeit in den Posts beizubehalten.

„In der Patientenkommunikation sehe ich TikTok aktuell noch nicht, da es schwierig ist, ernsthafte oder komplexe Gesundheitsthemen in einer kurzen und unterhaltsamen Form darzustellen.“

Health Relations: Abgesehen vom Employer Branding – eignet sich TikTok für Pharmaunternehmen auch in der Patientenkommunikation?

Maximilian Kraft: In der Patientenkommunikation sehe ich TikTok aktuell noch nicht, da es schwierig ist, ernsthafte oder komplexe Gesundheitsthemen in einer kurzen und unterhaltsamen Form darzustellen, die für TikTok geeignet ist. Darüber hinaus ist TikTok eine Plattform, die hauptsächlich von einer jüngeren Zielgruppe genutzt wird. Daher kann es sein, dass viele Patient:innen, die von Pharmaunternehmen angesprochen werden müssen, die Plattform nicht aktiv nutzen. Für das Employer Branding dagegen sehe ich in der Plattform allerdings ein großes Potenzial. Denn als eine der am schnellsten wachsenden Social-Media-Plattformen stellt sie mit einer großen Nutzerbasis, den vielen kreativen Möglichkeiten und dem viralen Potenzial ein wertvolles Instrument dar, um eine starke und positive Arbeitgebermarke aufzubauen.


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