Verschreibungspflichtige Medikamente im Onlinehandel

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Das Gesundheitsministerium hat Vorschläge für den Umgang mit ausländischen Versandapotheken, die verschreibungspflichtige Medikamente nach Deutschland liefern, gemacht. Das wird auch Auswirkungen auf die Pharmaindustrie haben.

Die jüngsten Entwicklungen im Onlineversand von Medikamenten gehen weiter: Erst kürzlich berichteten wir über den Einstieg des Versandriesen Amazon in den Versandhandel mit nicht-verschreibungspflichtigen Medikamenten. Kürzlich machte dann Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) einen Vorschlag zum Versand rezeptpflichtiger Arzneien.

Verbot nein, Beschränkungen ja

Die Vorgeschichte: Der Europäische Gerichtshof 2016 hatte erklärt, dass die Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente im grenzüberschreitenden Versandhandel gegen EU-Recht verstößt. Im Klartext: Ausländische Versandapotheken dürfen deutschen Patienten Boni zahlen und so deren Zuzahlung zu Medikamenten verringern. Ende letzten Jahres hatten sich daraufhin deutsche Apothekenverbände an die Koalition in Berlin gewandt, weil sie den Onlineversand mit rezeptpflichtigen Medikamenten am liebsten ganz verbieten würden.

Mitte Dezember reagierte Spahn mit einem Vorschlag: Der Versand rezeptpflichtiger Medikamente durch ausländische Versandapotheken solle nicht verboten werden, allerdings sollten deren Rabatte bis höchstens 2,50 Euro je Packung gedeckelt werden. Darüber hinaus solle der Marktanteil ausländischer Versandapotheken auf fünf Prozent beschränkt werden. Werde diese Marke überschritten, sollen weitere Rabattbeschränkungen greifen, so der Bundesgesundheitsminister. Aus Apothekerkreisen hörte man dazu viel Kritik. doch wie beurteilen das die Pharmaunternehmen, und welche Auswirkungen hätte eine solche Entwicklung für die Pharmaindustrie?

Pharmafirmen reagieren abwartend

Auf die Anfrage von Health Relations zeigten Pharmafirmen nur zögerlich Bereitschaft, sich dazu zu äußern. Sie verwiesen lieber auf den vfa (Verband forschender Arzneimittelhersteller). Dieser äußerte sich so: „Deutschland hat sich zum Thema Versandhandelsverbot noch nicht positioniert. Diese wichtige Weichenstellung für die Zukunft ist jetzt Sache der Politik. Ein inhaltliches Kriterium für die Entscheidung ist aber klar: Alle Menschen in Deutschland müssen zu jeder Zeit und unabhängig vom Ort sicher mit Medikamenten versorgt werden“, so Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des vfa. Alicia Leuchs, Manager Communication & Public Affairs bei Janssen-Cilag GmbH schließt sich Fischers Statement an: „Dem haben wir derzeit nichts hinzuzufügen und beobachten gespannt die politische Entwicklung.“

Das Thema ist für die Pharmaindustrie heikel. Denn die Unternehmen sind in der Zwickmühle: An sich sind sie zunächst nicht so unmittelbar betroffen wie Apotheker. Sie können ihre Produkte auch über ausländische Versandapotheken an den Patienten bringen. Dennoch sind und bleiben deutsche Apotheken zumindest auf unbestimmte Zeit weiterhin die wichtigsten Partner für den Absatz ihrer Arzneien. Hinzu kommt, dass auch sie langfristig kein Interesse daran haben können, dass Großkonzerne wie Amazon den Versandhandel mit Medikamenten übernehmen und ihnen damit Preise aufzwingen können.

Zu erwartende Umbrüche im Versandhandel

Dass die derzeitigen Entwicklungen noch zu starken Umbrüchen in Versandhandel führen können, ist allen Beteiligten klar. Es scheint, als sei Amazon bereits in den Startlöchern, um für sich die Vorherrschaft für den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten in Anspruch zu nehmen. So hat der Konzern Mitte 2018 mit dem Erwerb der Versandapotheke PillPack in den USA die Möglichkeit gesichert, verschreibungspflichtige Arzneien zu verkaufen.

PillPack hat sich auf die dosengenaue Packung von Medikamenten spezialisiert. Diese Art der Belieferung ist besonders für chronisch Kranke vorteilhaft. Das wissen Patienten nicht nur in den USA, sondern auch in Europa zu schätzen. Für die Versandapotheke bedeutet das Kundentreue und regelmäßige Bestellungen. Mit dem Kauf von PillPack hat Amazon auch deren Apothekenlizenzen erworben, die das Unternehmen zum Versand der Arzneien benötigt.

Wollte die Firma in den europäischen Markt einsteigen, müsste sie mit einer europäischen Präsenzapotheke kooperieren. Das Beispiel von PillPack zeigt jedoch, dass Amazon bereits weiß, wie es geht – und hat die Firma in Europa erst einmal Fuß gefasst, wird sich zeigen müssen, ob Spahns Vorschläge für Quotenregelungen ausreichen.

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