Digitale Gesundheitspreis, Novartis: Digitallösungen für mentale Gesundheit

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Digitale Gesundheitspreis 2022: Dr. med. Thomas Lang, Geschäftsführer Novartis Pharma Deutschland
Dr. med. Thomas Lang, Geschäftsführer Novartis Pharma Deutschland und Gastgeber des Digitalen Gesundheitspreises (DGP). © Novartis
Im Frühjahr 2022 wird der Digitale Gesundheitspreis (DGP) von Novartis fünf Jahre alt. Die Bewerbungsphase für den Wettbewerb ist bereits gestartet. Dr. med. Thomas Lang, Geschäftsführer Novartis Pharma Deutschland, ist  Gastgeber des DGP. Im Interview verrät er, was sich das Unternehmen von der Initiative verspricht.

Health Relations: Novartis möchte mit dem Digitalen Gesundheitspreis eine Plattform für den Austausch bieten. Warum wird dafür ein jährlicher Preis ausgelobt – statt eines Hubs oder einer ähnlichen Plattform?

Thomas Lang: Unsere Digital-Initiativen sind mittlerweile sehr vielfältig, denn – daran gibt es wohl keinen Zweifel mehr – Digitalisierung und Künstliche Intelligenz sind Zukunftstechnologien, die unsere Branche grundlegend verändern werden. Außerdem schließen Preis und Innovation Hub einander ja nicht aus: Wir haben gerade erst das Biome, unseren globalen Innovation Hub, nach Deutschland geholt. Mit dem Digitalen Gesundheitspreis zeichnen wir schon seit 2018 Akteure im Gesundheitswesen aus, die mit ihrer Innovationskraft digitale Technologien mit großer Relevanz für unsere Gesellschaft entwickeln. Wir wollen diese Ideen unterstützen – ganz unabhängig von ihrem Bezug zu unserem Kerngeschäft. Deshalb ist der DGP auch weit mehr als „nur“ ein Preis: Er bietet eine Plattform für den Austausch von Politik, Gesundheitswesen und der Gründerszene. Inzwischen hat der DGP ein starkes Alumni-Netzwerk hervorgebracht, das wir auch über die Preisverleihung hinaus fördern. So bieten wir etwa regelmäßige Webinare an, in denen Experten unsere Alumni konkrete praktische Tipps an die Hand geben.

DGP – Facts
Seit 2018 vergibt Novartis den Digitalen Gesundheitspreis. In den vergangenen Jahren haben sich jeweils zwischen ca. 70 und 120 digitale Teams aus Start-ups, Hochschulen und Stiftungen für den DGP beworben. Die Bewerbungsfrist für den DGP 2022 startet am 1. Oktober 2021, sie endet am 30.11.21. Die Verleihung des 5. Digitalen Gesundheitspreises findet am 24. März 2022 statt Auch diesmal ist der DGP mit einem Preisgeld in Höhe von insgesamt 60.000 Euro dotiert. Mehr Informationen finden Sie im virtuellen Story Room von Novartis.

Health Relations: Laufen BIOME Deutschland und der Digitale Gesundheitspreis denn Hand in Hand?

Thomas Lang: Biome und der DGP sind verschiedene Projekte mit unterschiedlichen Zielen. Mit dem DGP schaffen wir ein starkes Netzwerk für den Austausch der verschiedenen Stakeholder und fördern fortgeschrittene, zum Teil aber auch sehr frühe digitale Projekte. Mit dem Biome gehen wir konkret unsere geschäftlichen Herausforderungen an und wollen gemeinsam mit unseren Tech-Partnern Gesundheitslösungen auf den Markt und zu den Patient:innen bringen. Dazu gehen wir Kooperationen mit aufstrebenden und etablierten Tech-Unternehmen ein, das bedeutet, wir kombinieren deren Expertise mit unserem Know-how im Gesundheitswesen. Biome bildet also die Brücke zwischen Novartis und unseren Partnerunternehmen aus der Tech-Community und hilft uns dabei, neue digitale Gesundheitslösungen schnell zu den Patienten zu bringen. Wir legen also Wert darauf, beide Plattformen auf- und auszubauen und Synergieeffekte zu nutzen.

„Ein Großteil der DiGA, also Digitale Gesundheitslösungen , die aktuell in der Erstattung sind, betreffen Depressionen oder psychische Erkrankungen.
Das zeichnet sich übrigens auch in den Bewerbungen für den DGP sowie bei den Shortlist- und Gewinnerprojekten ab.“

Health Relations: Wie besetzen Sie die Jury des DGP? Nach welchen Kriterien?

Thomas Lang: Die Jury des DGP besteht aus unabhängigen, hochkarätigen Experten aus Patientenorganisationen, Krankenkassen, Universitäten und der Gründerszene. Und uns ist wichtig, dass die Jury divers ist und möglichst viele Bereiche des Gesundheitswesens abdeckt. Übrigens entsendet Novartis kein Mitglied in die Jury. Alle Experten arbeiten ehrenamtlich und erhalten von uns kein Honorar – das ist uns und den Jurymitgliedern wichtig. Grundlage für die Auswahl der Kandidaten bilden die drei Grundprinzipien Wirtschaftlichkeit, Attraktivität und Skalierbarkeit. Diese Bewertungskriterien wurden 2020 im Rahmen eines Kooperationsprojektes an der Hochschule Aalen entwickelt und von der Jury für den fünften Digitalen Gesundheitspreis, den wir im Frühjahr 2022 verleihen werden, aktualisiert. Ich bin überzeugt, das macht den DGP einzigartig.

Health Relations: Es gibt auch einen Publikumspreis. Warum? Und wer kann hier wie mitentscheiden?

Thomas Lang: Mit dem Publikumspreis haben wir unseren Gästen bei der Preisverleihung eine Stimme gegeben – das Publikum wurde selbst zum Jurymitglied. Alle Gäste konnten während der Preisverleihung virtuell über Handy oder PC ihre Stimme für ihren Favoriten abgeben und noch während der Veranstaltung stand fest, welches Projekt das Publikum am meisten überzeugte. Diesem Prinzip werden wir auch beim fünften DGP folgen.

Neben dem Publikumspreis gibt es übrigens auch einen Sonderpreis. Im Jahr 2022 wird dieser unter dem Motto #TeilhabedurchDigitalisierung stehen. Menschen mit Behinderungen haben oft keinen selbstverständlichen Zugang zu Technik und digitalen Möglichkeiten, da diese oft nicht barrierefrei sind. Dabei sind digitale und assistive Möglichkeiten gerade für Menschen mit Behinderungen eine große Bereicherung. Das wollen wir mit dem Sonderpreis adressieren.

Health Relations: Gibt es bestimmte Fach- und Anwendergebiete, die aus Ihrer Sicht derzeit besonders spannend sind im digitalen Bereich?

Thomas Lang: Wir beobachten bei digitalen Gesundheitslösungen einen Trend zu digitalen Lösungen für mentale Gesundheit. Ein Großteil der DiGA, also Digitale Gesundheitslösungen , die aktuell in der Erstattung sind, betreffen Depressionen oder psychische Erkrankungen. Das zeichnet sich übrigens auch in den Bewerbungen für den DGP sowie bei den Shortlist- und Gewinnerprojekten ab. Ich glaube, das liegt daran, dass die Initiatoren und Erfinder digitaler Gesundheitslösungen sehr oft Probleme lösen wollen, die das bisherige Gesundheitssystem möglicherweise noch nicht bzw. noch nicht zufriedenstellend abdeckt.

Es gibt also einen erhöhten medizinischen Bedarf bei einigen dieser Indikationsgebieten und daher auch die ersten validierten digitalen Antworten auf diese Probleme. Für uns und den Digitalen Gesundheitspreis sind jedoch alle Lösungen interessant – zum Beispiel war mit StomAware in diesem Jahr eine sehr spannende medizintechnische digitale Lösung unter den Gewinnern. Dabei handelt es sich um eine App für Menschen mit künstlichem Darmausgang, die den Füllstand des Stomabeutels in Echtzeit kontrolliert und den Träger bei einem kritischen Füllstand warnt. Im Jahr davor belegte The OPEN Project Platz 3 – ein Forschungsprojekt zum Einsatz einer künstlichen Bauchspeicheldrüse bei Patienten mit Typ-1-Diabetes, die die Insulinzufuhr fast autonom steuern soll. Der Digitale Gesundheitspreis feiert im Jahr 2022 übrigens sein 5-jähriges Jubiläum und wir sind auch dieses Mal wieder sehr gespannt auf innovative Einreichungen aus allen Indikationsbereichen. Ich weiß, ich spreche hier auch für die unabhängige Jury.

Health Relations: Sie haben an dem virtuellen Look der Plattform kräftig geschraubt und einen virtuellen Showroom entworfen.  Mit welcher Zielsetzung?

Thomas Lang: Der DGP Virtual Story Room ist das digitale Zuhause unseres Preises: Auf dieser Plattform bieten wir den Gewinnerprojekten auch abseits von der Preisverleihung und über die Jahre hinweg einen Raum, in dem sie sich, ihre Fortschritte und ihre Meilensteine präsentieren können. Besuchern bietet der DGP Virtual Story Room zwei entscheidende Vorteile. Zum einen hat diese interaktive Plattform einen Erlebnischarakter: Besucher können sich virtuell durch die Ausstellungsbereiche bewegen und sich mit Videos, Podcasts und kurzen Artikeln über den DGP und unsere Kandidaten, Alumni und die unabhängigen Jurymitglieder informieren. Zum anderen können sich Interessierte on demand umfassend informieren. Das halten wir für einen zeitgemäßen und passenden Weg.

Health Relations: Wie wird der Digitale Gesundheitspreis digital kommuniziert, über welche Kanäle und wie sehen die Zielgruppen aus?

Thomas Lang: Neben unserer virtuellen Plattform, die übrigens aktuell bis zu 2.200 Besucher im Monat nutzen, erreichen wir unsere Zielgruppen auch über den LinkedIn-Kanal Novartis Deutschland, über unserem YouTube-Kanal und über unserer Website.  Und nicht zuletzt haben wir im fünften Jahr natürlich ein starkes Alumni- und Partnernetzwerk aufgebaut, das den DGP begeistert unterstützt. Und nicht zuletzt erreichen Medienartikel wie dieser interessierte Leser. In unserer Kommunikation richten wir uns zum einen natürlich an potentielle Bewerber aus der Gründerszene, der Tech- und e-Health-Industrie oder der universitären Forschung. Gleichzeitig wollen wir Politik, aber auch Ärzt:innen, Krankenkassen und Patientenvertreter:innen ansprechen.

Health Relations: Welche der Ideen aus den letzten Jahren hat aus Ihrer Sicht am meisten für Awareness gesorgt?

Thomas Lang: Im Jahr 2021 hat sicherlich StomAware große Aufmerksamkeit bekommen. Für seine App, die Stomaträger über den Füllstand ihres Stomabeutels informiert, gewann das Team nicht nur den Sonderpreis #SelbstbestimmtImAlter unter der Schirmherrschaft der BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen, sondern konnte sich zusätzlich auch über den Publikumspreis freuen. Und das Ganze mit einer Idee für ein medizinisches Problem, mit dem viele Betroffene im Alltag stigmatisiert werden. Für StomAware ist das ein toller Erfolg und ich finde es schön, dass der Digitale Gesundheitspreis hier auch zur Aufklärung über bestimmte Krankheiten beitragen kann.
Große Erfolge konnten auch mindable, eine App zur Behandlung von Panikstörungen und Agoraphobie und Rehappy, eine Motivations- und Wissenssoftware für Schlaganfallpatienten, die dadurch aktiviert, informiert und begleitet werden sollen, erreichen. Beide Anwendungen sind bereits als Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) gelistet und können damit von Ärztinnen und Ärzten verschrieben und von den Krankenkassen erstattet werden.

Aber auch die Gewinner aus dem ersten Jahr, 2018, das Team von Hellobetter, haben seit ihrem Sieg tolle Erfolge erzielt. Das Unternehmen, das damals noch GET.ON hieß, bietet psychologische Online-Trainings mit persönlicher Begleitung bei Depressionen, Stress oder Angst. Hellobetter wird sogar vom Weltwirtschaftsforum gefördert: für die Initiative „Stark durch die Krise“, einen Onlinekurs, der dabei hilft, die psychische Gesundheit während der Pandemie zu stärken. Das Start-up ist mittlerweile einer der führenden Anbieter von Online-Gesundheitstrainings im deutschsprachigen Raum und steht kurz davor, als DiGA gelistet zu werden.


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