Sanofi: Auf dem Weg zum agilen Arbeiten im Pharma-Außendienst

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Jonas Cosendai, Commercial Head der Geschäftseinheit General Medicines in der Schweiz. Das Schweizer Modell ist Vorbild für ein Pilotprojekt in Deutschland. Denn: Dort arbeitet der Pharma-Vertrieb bereits seit einiger Zeit agil. © Sanofi
Jonas Cosendai, Commercial Head der Geschäftseinheit General Medicines in der Schweiz. Das Schweizer Modell ist Vorbild für ein Pilotprojekt in Deutschland. Denn: Dort arbeitet der Pharma-Vertrieb bereits seit einiger Zeit agil. © Sanofi

Sanofi will agiles Arbeiten vorantreiben. In der deutschen Geschäftseinheit General Medicines startete vor einigen Monaten ein Pilotprojekt im Pharma-Außendienst. Vorbild dabei ist die Schweiz. Dort arbeitet der Vertrieb bereits seit längerem mit der neuen Arbeitsmethode. „Die Art, wie wir Kontakt zu Ärztinnen und Ärzten aufbauen, hat sich enorm verändert“, sagt der Transformationsverantwortliche Jonas Cosendai.

In diesem Artikel lesen Sie:
• Über erste Schritte von New Work im Pharma-Marketing bei Sanofi
• Wie Agilität im Pharma-Außendienst aussehen kann
• Welche Hebel zu einer gesteigerten Mitarbeiterzufriedenheit in agilen Prozessen beitragen können
• Wie die Resonanz von Ärztinnen und Ärzten auf die Veränderungsprozesse ist


Agilität gilt heute in vielen Unternehmen als allheilender Problemlöser. Auch in der Healthcare-Branche strukturieren immer mehr Organisationen um. Unter dem Aushängeschild New Work werden Arbeitsweisen verändert und Büros in Begegnungsstätten verwandelt.

Der Weg zum neuen Arbeiten ist allerdings nicht immer einfach. Überstürzt eingeführt, können agile Modelle in der Praxis schnell scheitern. Damit das nicht passiert, geht Sanofi schrittweise vor und will nicht auf vorgefertigte Mustermodelle aufspringen. „Jede Organisation ist unterschiedlich, es gibt keinen generalistischen Ansatz“, betont Jonas Cosendai. Der gebürtige Schweizer ist seit sechs Jahren bei Sanofi und verantwortet den Veränderungsprozess in der Schweizer Geschäftseinheit General Medicines.

Das große Ziel hinter den Veränderungen lautet: Alle Aktivitäten noch mehr auf die Kundenzufriedenheit zu fokussieren. Dazu gehört es, schnell auf neue Situationen und aktuelle Bedürfnisse zu reagieren. Und das gelingt mit agilem Arbeiten eben meist besser als mit schwerfälligen Prozessen.

Erste Schritte hin zur Agilität im Pharma-Marketing

Startpunkt für erste Veränderungen war zunächst das Marketing. Auch hier ging die Schweiz voran, Deutschland folgte kurze Zeit später nach. Kampagnen werden seither von funktionalen Teams in agilen Sprints erarbeitet (Health Relations berichtete darüber, wie Sanofi die digitale Transformation angeht).

Erfolge gibt es bereits – mehr Geschwindigkeit ist bekanntlich ein Vorteil der populären Methode. Innerhalb von zwei Monaten entwickelte das deutsche Marketing-Team gemeinsam mit Ärzten und Ärztinnen sowie dem Vertrieb einen digitalen Therapiebegleiter für Patient:innen.

Im Frühjahr 2022 weitete die deutsche Geschäftseinheit den New Work Ansatz dann auf eine Region des Vertriebs aus. Ebenfalls nach Schweizer Vorbild, wo bereits sämtliche Vertriebsteams seit längerer Zeit agil arbeiten.

Agilität im Pharma-Außendienst am Beispiel Sanofi Schweiz

Agilität heißt hier nicht automatisch, dass jeden Tag Sprints oder Stand-up-Meetings stattfinden. Das kann bei einigen Projekten sinnvoll sein, aber eben nicht immer. Das weiß auch die Geschäftsführung. Wie Ziele umgesetzt werden, obliegt daher den Mitarbeitenden. Einzig die Richtung ist vorgegeben. Und die wird bereits in dem neuen Namen der Vertriebsmannschaft deutlich. Denn heute sind es nicht mehr die Außendienstmitarbeitenden, sondern die Customer Experience Manager, die sich in der Schweiz dem Ziel verschreiben, die Kundenzufriedenheit zu steigern.

Dazu strukturierte Jonas Cosendai sein Vertriebsteam komplett neu. Waren seine Außendienstler früher allein für eine Kundengruppe zuständig, so ist es heute ein gemeinsames Team, das die Verantwortung für eine Region trägt. „Wir wollen die beste Teamleistung für unsere Kundenzufriedenheit zur Verfügung stellen“, so der Transformationsverantwortliche. Das gelingt – in seinen Augen – vor allem durch eine stärkenorientierte Aufteilung der Verantwortlichkeiten. „Das Team kann parallel an verschiedenen Themen arbeiten und das schneller und synergetischer.“

So sieht das Schweizer Modell in der Umsetzung aus

In der Praxis heißt das: Mehrere Außendienstmitarbeitende – oder Customer Experience Manager – unterstützen einander. Beispielsweise hilft eine Kollegin anderen dabei, Daten besser zu verstehen, während ein wissenschaftlich versierter Mitarbeiter inhaltlich unterstützt. Gemeinsam erarbeiten sie Maßnahmen, um ein besseres Kundenerlebnis zu schaffen. Im Team entscheiden sie über Kontaktpunkte, Zeitpunkt und Inhalt.

Der Tagesablauf der Ärzte und Ärztinnen steht dabei im Mittelpunkt. Seine Vertriebsmitarbeitenden machen sich – Jonas Cosendai zufolge – heute wesentlich mehr Gedanken dazu: Was passiert genau in den Praxen? Was sind Stolpersteine oder Bedürfnisse?

Eine Regionalleitung gibt es in der Schweizer Struktur nicht mehr. Die Teams managen sich selbst. Jonas Cosendai fungiert als Sparringspartner. Hinzu kommt ein agiler Coach, der den Teamgeist fördert.

„Das One-Face-to-Customer behalten wir allerdings bei“, so der Schweizer. „Denn einen Ansprechpartner bzw. Ansprechpartnerin zu haben, ist für die Ärzte und Ärztinnen extrem wichtig. Wer aber was im Hintergrund regelt, spielt hingegen keine Rolle.“

Mitarbeiterzufriedenheit durch agiles Arbeiten gewachsen

Lena Ott leitet das regionale Pilotprojekt bei Sanofi General Medicines in Deutschland. © Sanofi
Lena Ott leitet das regionale Pilotprojekt bei Sanofi General Medicines in Deutschland. © Sanofi

Kollegiale Beratung ist so viel wert für die Entwicklung am Kunden“, meint auch Lena Ott, die das regionale Pilotprojekt bei Sanofi General Medicines in Deutschland leitet. „Man muss nicht mehr allein auf seiner Fahrbahn zum Kunden unterwegs sein. Man kann auf mehrere Spuren erweitern und diese für den Erfolg nutzen.“

Das Konzept scheint aufzugehen. Unternehmenseigenen Befragungen zufolge sei die Mitarbeiterzufriedenheit in den vergangenen zwölf Monaten enorm gestiegen.

Dem Pharma-Marketing und -Vertrieb scheint die neu gewonnene Verantwortung und Freiheit also zu gefallen. Was sind die Gründe dafür?

3 Hebel für mehr Mitarbeitermotivation in agilen Prozessen

Wenn eine Transformation gelingen soll, müssen die Mitarbeitenden in der Lage sein, sich selbst zu motivieren. Für Jonas Cosendai liegt hier der Grund für Erfolg oder Misserfolg im agilen Arbeiten.
Als Unternehmen könne man diese Eigenmotivation durch drei Hebel verstärken:

  • Das „Warum“ vermitteln und transparent kommunizieren. Denn: Sehen Menschen das ganze Bild und können dieses aktiv mitgestalten, sind sie motivierter.
  • Die Übertragung von Verantwortung in Kombination mit psychologischer Sicherheit. Heißt: Mitarbeitende tatsächlich machen zu lassen und dabei Fehler zuzugestehen.
  • Externes Feedback: Ein zufriedener Kunde bzw. Kundin meldet sich immer mal wieder zurück und fragt nach weiterer Unterstützung. Das spornt an.

Ärzte und Ärztinnen honorieren die neue Arbeitsweise

Tatsächlich habe sich die Beziehung zu Ärzten und Ärztinnen qualitativ verbessert. Es gibt – laut Jonas Cosendai – viel positives Feedback, das zurückgespielt wird. Auch anonyme Kundenbefragungen würden eine enorme Verbesserung der Kundenzufriedenheit spiegeln. „Früher ging es mehr um Abdeckung und Frequenz. Heute sind es die gemeinsamen Projekte mit den Ärztinnen und Ärzten, die im Fokus stehen“, so der Commercial Head der Geschäftseinheit General Medicines in der Schweiz.

Am Ziel angelangt ist Sanofi allerdings noch nicht. Experimentieren, Erkenntnisse mitnehmen und weiterentwickeln – das ist die fortwährende Maxime. „Transformation ist keine Reise von Punkt A zu Punkt B, sondern ein Mindset“, betont Jonas Cosendai. Und die Voraussetzungen für dieses Mindset habe das Unternehmen in den vergangenen zwei Jahren geschaffen.

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