Social Listening bei Patienten

250
Janik Jaskolski ist Mitbegründer und CEO von Semalytix © Semalytix
Das in Bielefeld ansässige Start-up Semalytix bietet  verschiedenen Pharmaunternehmen ein auf KI gestütztes Datentool zum besseren Verständnis der von realen Patientenerfahrungen.

Das Ohr an den Patienten und Patientinnen zu haben ist heute wichtiger denn je.  Wenn sich diese in Foren, sozialen Netzwerken oder auf Plattformen austauschen, kann der geneigte Pharmahörer viel lernen: Was bewegt die Betroffenen? Gibt es Kritik an Arzneimitteln oder bisher unbekannte Nebenwirkungen? Welches Image hat ein bestimmter Pharmakonzern? Die gewonnenen Erkenntnisse können die Unternehmen nutzen, um sie in die Weiter- und Neuentwicklung von Medikamenten oder für die Anpassung von Kommunikationsstrategien zu nutzen.

Allerdings braucht es dazu ausgefeilte Technik. Inzwischen können mithilfe von Künstlicher Intelligenz große Datenmengen ausgewertet werden. Janik Jaskolski ist Mitbegründer und CEO von Semalytix.  Er hat Health Relations Rede und Antwort gestanden.

Health Relations: Was war das Ziel Ihrer Start-up-Gründung?

Janik Jaskolski: Das KI-Startup wurde 2015 von den kognitiven Informatikern Janik Jaskolski, Prof. Dr. Philipp Cimiano und Dr. Matthias Hartung gegründet. Semalytix wurde als Spin-off der Arbeitsgruppe Semantic Computing des universitären Exzellenzclusters CITEC in Bielefeld gegründet und nahm danach am Accelerator der Founders Foundation teil. Die Firma entwickelt KI-basierte Verfahren, um unbekannte und unadressierte Patientenbedürfnisse aufzudecken. Das Ziel ist, ein möglichst tiefes Verständnis darüber zu gewinnen, wie Menschen eigentlich an Krankheiten leiden. Patienten sollen so noch mehr in den Fokus moderner Medikamentenentwicklung rücken.

„Wir wollen ein möglichst tiefes Verständnis darüber gewinnen, wie Menschen eigentlich an Krankheiten leiden.“

Health Relations: Davon würde die Pharmabranche zweifelsohne profitieren.

Janik Jaskolski: Ja, die von Semalytix selbst entwickelte Plattform „Pharos“ durchsucht automatisiert Foren und andere Online-Quellen auf Patientenaussagen. Aus der Masse an Aussagen werden wiederkehrende Symptome, unadressierte Probleme und die von Patienten erlebten Effekte von Medikamenten erkannt. Für Pharmafimren ist das interessant, weil  sie in Echtzeit Erkenntnisse über Patienten, Medikationen und auch Krankheitsbilder erhalten.

Health Relations: Wie genau setzen Sie das technisch um?

Janik Jaskolski: Aufgrund der Internet-Anonymität offenbaren die betroffenen Menschen meist ihre persönlichen Befindlichkeiten und tatsächlichen Nöte freier als sie es persönlich könnten.  Der Semalytix-Algorithmus kann in den Posts der Foren Krankheiten erkennen, an denen die Autoren leiden, hört den Patienten quasi zu und bringt Ordnung in den Wust aus anonymisierten Einzelschicksalen, indem er sie aggregiert und auswertet. So ist der Schutz der Privatsphäre garantiert und es entsteht ein klares Bild davon, was die Erkrankten tatsächlich brauchen.

Health Relations: Wollen Sie ihr Angebot auf andere Erkrankungen ausbauen?

Janik Jaskolski: Wir wollen viele weitere und auch seltene Krankheiten erfassen und unsere KI für weitere Herausforderungen einsetzen. Unsere Vision ist, Patienten, deren Probleme heute nicht berücksichtigt oder vollständig erfasst werden können, in den Fokus moderner Medikamentenentwicklung zu rücken, indem wir es viel leichter machen, sie zu verstehen.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein