„HorseVetMed“: Telemedizin für Tiere

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In den letzten Jahren hat sich die Telemedizin einen festen Platz in der Humanmedizin erarbeitet. Und was für Menschen funktioniert, kann auch Nutzen für Tiere haben. Das dachten sich Forscher der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig und initiierten das Projekt „HorseVetMed“. Darin wird in Zusammenarbeit mit zwei medizintechnischen Firmen eine weltweit bisher einzigartiges Sensorsystem zur Untersuchung von Tieren entwickelt.

Die erste Anwendung innerhalb des beantragten Projekts ist die Implementierung einer Plattform, die als Verarbeitungs- und Auswertungssystem für digitale Daten zur Diagnostik und Therapie von Tieren dienen wird.

Test an Pferden – später sollen andere Tiere folgen

Dazu sollen Gesundheitsdaten des untersuchten Tieres in Echtzeit erfasst und verarbeitet werden. Die Informationen werden über das Smartphone des behandelnden Tierarztes oder des Tierhalters übermittelt. Aktuell wird das System an Pferden getestet, später sollen es auch zur Untersuchung anderer Großtiere – zum Beispiel bei Schweinen und Rindern – genutzt werden. Denkbar ist auch die Erweiterung um Applikationen für Kleintiere.

Die Technologieplattform ist ein wesentlicher Bestandteil des Projekts, weil diese als Verarbeitungsbasis für die innerhalb des Projektes zu entwickelnden Algorithmen dient. „Wesentlich für die Qualität der Algorithmik ist die extensive Datenerfassung und exakte Datenbewertung in der Anlernphase. Je nach Vitalkomplex des Pferdes werden so “Quasi“-Modelle definiert, die im späteren Einsatz genutzt werden“, heißt es auf der Webseite von HorseVetMed. Die Wissenschaftler erhoffen sich durch die neue Technik ähnlich positive Effekte, wie sie solche Systeme in der Humanmedizin haben: eine Verbesserung der Effektivität von Diagnostik und Therapie, mehr Mobilität und eine Qualitätsverbesserung in der Versorgung. Außerdem könnten damit Therapiefortschritte besser festgehalten werden.

Sensoren messen gleichzeitig sechs Parameter

Wie das System am Tier funktioniert, stellten die Projektbeteiligten auf dem 9. Leipziger Tierärztekongress erstmals einem Fachpublikum vor. Sensoren, die am Fell des Pferdes angebracht werden, können mindestens sechs Parameter gleichzeitig messen. Dazu gehören beispielsweise Herz-EKG-Daten, Informationen über die Temperatur, das Bewegungstempo, die Muskelaktivität oder die Druckkräfte unter dem Huf. Darüber hinaus überwachen die Sensoren die Lage des Tieres. „Diese Werte wurden bisher immer einzeln gemessen“, sagt Projektleiter Michael Geiger von der Universität Leipzig.

Übertragen werden die gewonnenen Informationen über ein Gateway. „Das ist ein zentraler Verarbeitungspunkt für die Daten, von wo aus diese dann an einen externen Rechner geschickt und innerhalb von Sekunden ausgewertet werden“, erklärt Geiger. Die Gesundheitsinformationen werden über einen Server direkt an den behandelnden Tierarzt übermittelt. Dieser hat die Möglichkeit, wiederum Informationen an den Halter zurückzusenden. Die Forscher legen Wert darauf, die Plattform erweiterbar zu gestalten, sodass weitere Anwendungen hinzugefügt werden können. „Die technische Plattform kann auch neue Sensoren aufnehmen, etwa zur Feuchtigkeitsmessung. Das gibt es bisher noch nicht“, so der Projektleiter.

Ziel: Standardisierung von Untersuchungsergebnissen

Langfristig soll die Technik zu einer stärkeren Standardisierung von Untersuchungsergebnissen führen. Das könnte gerade in solchen Krankheitsfällen, in denen eine Diagnose auf einer oft subjektiven Einschätzung des Veterinärs beruht, wie es z.B. häufig bei der Beurteilung von Lahmheit bei Pferden vorkommt, hilfreich sein.

Aktuell wird die Lösung an der Veterinärmedizinischen Fakultät an Pferden getestet. Das Projekt läuft noch bis Juni 2018 und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Das Team um Geiger will sich jedoch um eine Verlängerung der Laufzeit bemühen, um das Produkt zur Marktreife zu bringen.

Beitragsbild: © Leipziger Messe GmbH / Frank Schütze
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Freie Journalistin im Medizin- und Gesundheitsjournalismus. Für Health Relations berichtet sie über digitale Entwicklungen, Marketing und die neuesten Trends in der Pharmabranche.

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