Dr. Kati Wegner, Pfizer: „Der Kunde entscheidet mit seinem Klick“

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Kati Wegner über personalisiertes Targeting
Omnichannel Lead, Patient & Healthcare Experience Germany bei Pfizer, © Pedro Becerra - STAGEVIEW
Dr. Kati Wegner ist Omnichannel Lead, Patient & Healthcare Experience Germany bei Pfizer. Sie sagt: Die KI ist in der Branche angekommen. Jetzt geht es darum, den Inhalt zu finden, der die Unternehmen näher an den Kunden bringt. Wie kann das funktionieren?

Erfahren Sie in dem folgenden Interview mit Kati Wegner:

DigIT Pharma & Health 2023
Digit-Pharma-Konferenz[NEW]-01Die DigIT Pharma & Health 2023 findet vom 25. bis 27. September 2023 in Berlin statt. Im Fokus stehen die Themen Digitalisierung, Advanced Data und Automatisierung in Healthcare und Pharma.

Topics in 2023

  • Omnichannel Strategie – Verknüpfung aller Kanäle, Sales Force Effectiveness, bei Pharma und MedTech
  • Data Science bei Commercial Data (Marketingautomatisierung, Analytics, BI)
  • Digital Health, DiGAs, Digitalisierung in der Gesundheitsbranche (mit Kliniken, Apotheken, Pharma und Medtech)
  • Digitale Transformation, advanced Data und Automatisierung
  • Kulturwandel, Data Literacy und Mindset
  • HCP-Kommunikation verbessern
  • Nutzung der Gesundheitsdaten in Deutschland und EU-weit

Mehr über die Konferenz von IQPC Germany lesen Sie hier.

„Was ich immer sehr spannend finde, ist der Unterschied zwischen dem, was man sagt und dem, was man tut.“

Health Relations: Vom Zielgruppenmanagement und Targeting zur personalisierten Kundenansprache. Das ist der Titel der Keynote, die Sie auf der DigIT Pharma & Health halten werden. Seit wann sind Sie persönlich in diesem Themenfeld aktiv?

Kati Wegner: Ich habe viele Jahre im Außendienst gearbeitet, bereits da haben wir uns sehr intensiv mit Zielgruppen beschäftigt. Als ich dann ins Marketing wechselte und damit die Perspektive, war es sehr wichtig, die Kunden zu kennen und ihnen die passenden Informationen und Angebote zu machen. Relevanz ist das Stichwort, egal welchen Kanal man bespielt. Dazu braucht es datengetriebenes Targeting.

Health Relations:  Das ist nicht immer einfach, Stichwort Datenschutz.

Kati Wegner: Datenschutz ist uns sehr wichtig und die Grundlage unseres Arbeitens. Ich glaube, wir alle sind zurückhaltend, wenn es darum geht, Daten preiszugeben, aber wir sind sehr froh, wenn wir sowohl im beruflichen als auch im privaten Kontext genau dann die passenden Angebote finden, wenn wir sie suchen.

Health Relations: Hatten Sie bei Ihrer Arbeit so etwas wie einen persönlichen Aha-Moment?

Kati Wegner: Was ich immer sehr spannend finde, ist der Unterschied zwischen dem, was man sagt und dem, was man tut. Damit meine ich den Unterschied zwischen Marktforschungsergebnissen, in denen HCPs befragt werden, und den eigenen Kampagnenergebnissen. Was ich vorhabe zu tun, stimmt nicht immer mit dem überein, was ich letztendlich tue. Übertragen heißt das, dass das, was ich denke, was meinem Kunden gefällt, nicht immer das ist, was er dann tatsächlich wählt. Wenn wir den Außendienst fragen, was seine Top-3-Kommunikationsinhalte wären, und ihm dann zeigen, was der Arzt gewählt hat, dann stimmt das nicht immer überein. Es gibt natürlich Überschneidungen, aber auch sehr große Überraschungen. Das ist aber insofern gut, als dass wir immer wieder optimieren können und in Zusammenarbeit mit dem Außendienst, ihn faktenbasiert in die Entscheidungen mit einbeziehen können.

Health Relations: Damit sind wir beim Thema Zusammenarbeit. Wie ist die bei Ihnen strukturiert? Targeting ist ja grundsätzlich in der IT angesiedelt. Dann haben wir das Marketing, dann haben wir den Vertrieb, den Außendienst. Wie sind die bei Ihnen verzahnt?

Kati Wegner: Ich sehe Targeting nicht zwingend in der IT. Die IT muss die technischen Lösungen liefern und dafür sorgen, dass wir saubere Daten haben. Die Idee, was wir damit machen, kommt selten aus der IT, sondern aus dem Zusammenspiel der Fachbereiche. Wir haben eine sehr enge Zusammenarbeit. Am Anfang steht die strategische Zielsetzung: Was will ich erreichen? Dementsprechend muss ich meine Ziele definieren und überlegen, welche Daten dafür die richtigen sind. Vor allem brauchen wir eine Kommunikation in alle Richtungen und die entsprechende Rückkopplung  was wird mit den Daten gemacht – und was haben wir erreicht.

„Man kann das Spiel sehr kleinteilig spielen. Das ist spannenderweise oft sehr erfolgreich, aber auch unglaublich aufwendig.“

Health Relations: Es ist sicher hilfreich, Transparenz zu schaffen.

Kati Wegner: Ja, und es ist wichtig, nicht nur die Daten zu haben, sondern sie auch zu übersetzen. Wir haben mehr Daten, als wir oft denken. Die Herausforderung ist, sie auch zu nutzen bzw. die Erkenntnisse, die man daraus gewinnt, auch umzusetzen. Stichwort Translate Data oder „Bringe die Insights zur Aktion“. Es ist wichtig, ein Verständnis dafür zu schaffen, dass, wenn ich ein Dashboard habe, das ein Anfang ist, aber noch lange keine Analyse.

Health Relations: Wo genau ist Ihre Position in diesen verzahnten Systemen?

Kati Wegner: Mein Team unterstützt alle Marken in der Umsetzung der Omnichannelstrategien, natürlich bereichsübergreifend. Dies ist wichtig, weil mehrere Bereiche auf den gleichen Kunden zugreifen und den interessiert nicht der Bereich, sondern das Gesamterlebnis. Die Kundenzufriedenheit steigt, wenn wir hier unser Handeln aufeinander abstimmen. Darüber hinaus liefern wir die Ansätze, finden und liefern Insights.

Health Relations: Über Kunden, Maßnahmen und Kundenpräferenzen.

Kati Wegner: Genau und dies datenschutzkonform.

Health Relations: Können wir noch einmal definieren: Was sind das genau für Daten und woher kommen sie? Gibt es eine Möglichkeit, das einzugrenzen?

Kati Wegner: Also wir beschäftigen uns hauptsächlich mit dem Thema Aktivitäten, Affinitäten und mit dem Verhalten auf unserer Plattform und leiten daraus, wenn wir die Erlaubnis vom Kunden haben, Präferenzen ab. Die gleichen wir dann mit den Anforderungen ab, die entsprechende Brands oder Kampagnen haben. Unser Ziel ist es, personalisierte Angebote zu machen. Dazu messe ich, welche Aktivitäten beim Kunden ankommen. Wie verhält er sich online? Wann öffnet er z.B. bevorzugt eine E-Mail? Gibt es bestimmte Themen, die mehr interessieren? Wie verhält er sich digital? Und diese Daten sinnvoll zusammenzuführen und dann Empfehlungen zu geben, Kampagnen oder Themen zu verändern oder Themen nur für bestimmte Zielgruppen auszuspielen, das ist die Arbeit, die wir machen.

Health Relations: Das kann bedeuten, dass eine Zielgruppe viel kleinteiliger werden kann. Wie kleinteilig kann man das spielen?

Kati Wegner: Man kann das Spiel sehr kleinteilig spielen. Das ist spannenderweise oft sehr erfolgreich, aber auch unglaublich aufwendig. Daher ist es wichtig, die richtige Balance zu finden. Wir sind weit entfernt von dem, was eCommerce ausmacht, und das ist auch gar nicht notwendig. Es sind oft Kleinigkeiten, die helfen und den Kund:innen  das Gefühl geben, dass sie persönlich angesprochen werden. Ein einfaches Beispiel: Wenn wir ein Thema kommunizieren, das für viele verschiedene Zielgruppen relevant ist, nehmen wir den Grundinhalt und wir versehen diesen für jede Zielgruppe mit einer eigenen Einleitung. Wir sprechen sie somit persönlich an. Dann werden aus einer E-Mail eventuelle acht, aber der Erfolg rechtfertigt das. Es ist mehr Aufwand und deshalb muss es auch von den Teams mitgetragen werden. Denn diese müssen, bleiben wir bei diesem Beispiel, mehrere Mails auf einmal erstellen, die Inhalte anpassen und freigeben.

„Es bleibt dabei nicht aus, die eigenen internen Prozesse und Arbeitsweisen auf den Prüfstand zu stellen.“

Health Relations: Sie stellen die Frage der Kosteneffizienz, des Mehraufwandes in Relation zu den Ergebnissen. Ich kann mir vorstellen, dass es da schwierig ist, die richtige Messung zu finden. Welche KPIs sind dabei wichtig?

Kati Wegner: Das sind zwei Themen. Das eine ist das Thema Ressourcen, das andere ist das Thema KPI. Ich kann fast alles messen und habe eine Menge Metriken und damit Daten. Deshalb ist es immens wichtig, dass ich mir am Anfang einer Kampagne wirklich die Frage stelle: Was soll das Ergebnis sein? Was wollen wir herausfinden? Darauf aufbauend definiert man die KPIs, die den Erfolg messen können. Diese können von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Wesentlich dafür ist, dass ich mich auf die Daten verlassen kann. Das Thema Data Engineering, die sinnvolle Datenstruktur im Unternehmen, ist eine unabdingbare Voraussetzung, wenn wir erfolgreich sein wollen. Und zum Thema Kosteneffizienz: Was nützt es mir, wenn ich spare? Der Kunde entscheidet mit seinem Klick. Wenn der Inhalt nicht passt, dann wählt er opt out und wir können ihn nicht mehr erreichen. Deshalb lohnt sich der Aufwand. Es bleibt dabei nicht aus, die eigenen internen Prozesse und Arbeitsweisen auf den Prüfstand zu stellen und anzuschauen: Wo kann ich optimieren? Wo passen entsprechende Prozesse und Arbeitsweisen aus der Vergangenheit noch zu unseren heutigen Anforderungen? Wo nicht? Dazu habe ich ein schönes Beispiel. Als ich das erste Mal mit einem Team über Personas diskutiert habe, haben mich die Kolleg:innen ganz erschrocken angeschaut und gefragt: Sollen wir etwa vier Landingpages bauen? Das schaffen wir nicht. Dann wirklich Lösungen zu finden, in diesem Fall über modularen Content, ist Teil dieses Prozesses.

Health Relations: Das heißt, es gab und gibt viele neue Prozesse, die gefunden werden mussten und müssen. Wie viele Personen sind von der Zielgruppenansprache über das Zielgruppenmanagement bis hin zur Ausspielung einer Kampagne involviert?

Kati Wegner: Das ist im Einzelnen schwer zu sagen und abhängig von den Brandteams und den jeweiligen Inhalten. In Zukunft werden wir noch mehr an der Automatisierung der Prozesse arbeiten, da müssen wir besser werden. KI spielt in diesem Zusammenhang bereits eine große Rolle.

Health Relations: Die Kampagne wird sicherlich auch während der Ausspielung optimiert. Hier kann KI helfen.

Kati Wegner: Ja. Das ist ganz wichtig. Nicht zu warten, bis man nach einer Kampagne eine Auswertung hat, sondern wirklich in der Kampagne zu arbeiten, A/B-Tests zu machen, sich die Ergebnisse anzuschauen, perspektivisch auch mit KI.

Health Relations: Dazu gehört auch ein bisschen Mut, oder?

Kati Wegner: Es braucht auch Mut, Ideen und Daten.

Health Relations: Arzt/Ärztin ist nicht gleich Arzt/Ärztin, Fachgruppen haben sicherlich spezifische Ausprägungen, aber innerhalb der Gruppe sind nicht alle gleich getaktet. Gibt es trotzdem so etwas wie eine Präferenz in der Kommunikation, die alle verbindet?

Kati Wegner: Deutschland ist nicht unbedingt ein digitales Land. Die digitale Infrastruktur in Deutschland ist verbesserungswürdig. Das Gesundheitswesen ist nicht unbedingt die treibende Kraft bei der Digitalisierung. Dennoch war die Pandemie ein großer Katalysator für die Nutzung digitaler Kanäle. Man hat gemerkt, dass Kommunikation auf Distanz auch im Gesundheitsbereich sehr gut funktioniert. Man kann sehr viele Inhalte auch virtuell aufnehmen oder virtuell an Kongressen oder Veranstaltungen teilnehmen. Digitale Fortbildung ist ein Thema, das bei den Ärzten sehr gut angenommen wird.

Health Relations: Stichwort KI. KI sinnvoll in Prozesse zu integrieren. Das ist eine Herausforderung, oder? Ich habe das Gefühl, dass auch in meinem Bereich täglich neue Tools kommen.

Kati Wegner: Das Zusammenspiel von Technik und Mensch kann eine Herausforderung sein. Die generative KI hat uns im letzten Jahr sehr überrascht. Auch die exponentielle Entwicklung, wie schnell die Maschine besser wird. Mittlerweile ist das Thema angekommen, jetzt geht es darum, wie wir wirklich die Aktivität oder den Inhalt finden, der uns näher an den Kunden bringt.

Health Relations: Da gibt es noch viel zu lernen.

Kati Wegner: Definitiv. Ich finde es immer wichtig, den Bezug zum eigenen Leben zu sehen und was mir die Personalisierung bringt, deshalb macht es mir auch Spaß. Ich möchte meine Teams stärken, dass sie dies an die Kunden weitergeben.

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