Genderspezifische Anreize für Ärztinnen und Krankenpflegerinnen

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© chagin / Adobe Stock
Deutsche Kliniken brauchen dringend Fachkräfte. Eine Idee ist es,  genderspezifische Anreize zu schaffen. Im Pflegebereich arbeiten viele vorwiegend weiblichen Fachkräfte, die unzufrieden mit ihrer Arbeitssituation sind. Auch Ärztinnen haben spezielle Bedürfnisse. Was können Kliniken tun, um gerade Mitarbeiterinnen zu halten und zu gewinnen?
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PD Dr. Barbara Puhahn-Schmeiser ist Fachärztin für Neurochirurgie an der Uniklinik Freiburg.

Ärztinnen und Pflegerinnen fordern bessere Rahmenbedingungen für ihre Arbeit. „Wir wünschen uns gleiche Karrierechancen„, sagt PD Dr. Barbara Puhahn-Schmeiser, Vizepräsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes. „Und flexible Arbeitszeitmodelle, um auch dann im Beruf tätig sein zu können, wenn beispielsweise die Familiengründung hinzukommt.“ Für Chirurginnen etwa sei es im Falle einer Schwangerschaft schwierig, weiterzuarbeiten, weil Arbeitgeber und beaufsichtigende Behörden das Mutterschutzgesetz dahingehend interpretieren, dass Operieren häufig nicht mehr  gestattet ist. Setzt eine Medizinerin länger bei der Arbeit aus, beispielsweise um Elternzeit zu nehmen, erweise sich das immer noch als ein Hindernis bei den Karrierechancen, kritisiert sie.

Warum sollte ein Klinikum Wert darauf legen, speziell die Ärztinnen und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen? Ihrer Meinung nach können es sich Krankenhäuser mittlerweile nicht mehr leisten, keine besseren Rahmenbedingungen zu schaffen, die Frauen das Weiterarbeiten in der Schwangerschaft oder den Wiedereinstieg in ihren Beruf erleichtern. „Das ist ungenutztes Potenzial, das brachliegt. Außerdem müssen Kollegen Ausfälle kompensieren, was nicht gerade zur Stimmung im Team beiträgt.“

„Wer gute Arbeitsbedingungen für Frauen schafft, schafft eben auch gute Arbeitsbedingungen für alle anderen Mitarbeiter“

Jungen Medizinerinnen wird außerdem eine ausgeglichene Work-Life-Balance immer wichtiger. Das gelte jedoch nicht nur für Frauen, der Großteil der männlichen Kollegen wolle ebenfalls Beruf und Familie besser miteinander vereinbaren, betont die Vizepräsidentin. „Wer gute Arbeitsbedingungen für Frauen schafft, schafft eben auch gute Arbeitsbedingungen für alle anderen Mitarbeiter.“ Dr. Barbara Puhahn-Schmeiser sieht neben den schwierigen Rahmenbedingungen auch den Wunsch nach mehr Freizeit als mögliche Gründe dafür, dass viele Oberarzt- und Chefarztstellen unbesetzt bleiben. Für Kliniken resultieren daraus unterschiedliche Nachteile, vor allem jedoch eines:  „Die Benachteiligung von Frauen verursacht Krankenhäusern Kosten.“

Mehr Wertschätzung für Pflegekräfte
Was wollen Ärztinnen und Krankenpfegerinnen von ihren Arbeitgebern?
Sabrina Roßius ist Leiterin der Intensivstation am Alexianer St. Hedwig Kliniken Berlin GmbH © Sylvia Thomas-Mundt/Alexianer St. Hedwig Kliniken Berlin GmbH

Forderungen nach besseren Rahmenbedingungen haben auch die Pflegekräfte, berichtet Sabrina Roßius, Leiterin der Intensivstation im Alexianer Krankenhaus Hedwigshöhe in Berlin. Viele ihrer Kollegen fühlen sich nicht ausreichend mit ihren Bedürfnissen wahrgenommen. „Dabei kann es um die Möglichkeit der Kinderbetreuung gehen, aber auch Weiterbildung und Teamintegration sind bedeutende Maßgaben“, so Sabrina Roßius.

Außerdem wünschten sich ihre Kollegen von den Vorgesetzten mehr Wertschätzung und Aufmerksamkeit, wenn sie etwa Kritik oder Sorgen äußerten. „Mitarbeiterinnen, die sich gesehen fühlen, integrieren sich in der Regel besser und nachhaltiger. Auch zeigen sie eine höhere Flexibilität, wenn sie sich mit Prozessen und Abläufen identifizieren“, gibt Sabrina Roßius zu Bedenken.

Medizinische Fachkräfte werden heute dringend gesucht. Sie können selbstbewusst Forderungen stellen und ihren Arbeitgeber jederzeit wechseln. Krankenhäuser, die nicht auf die Bedürfnisse und Wünsche ihrer Mitarbeiterinnen hören, werden langfristig bei der Personalbeschaffung das Nachsehen haben.


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